Lebensversicherung (German Edition)
besser!
Allerdings half uns Kohl, unwissentlich. Er kaufte
Ostdeutschland, gewissermaßen, und erreichte, dass sich Europa um den Euro
schart.
Sie, Herr Präsident, glaubten, Deutschland würde zu mächtig
werden.
Na, mit dem Euro haben die sich aller Chancen beraubt. Sogar
die Franzosen machen mit. Waren doch sonst immer intuitiv gegen jede Vernunft! Konterkarierten sogar
letztendlich ihre Revolution. Wir glaubten nicht, dass sie sich Europa so zu Eigen
machen würden.
Tatsächlich waren auch wir besorgt über ein vereintes
Deutschland. Wir hielten Kohl so lange wie möglich. Sechzehn Jahre. Mit der
Sozialdemokratischen Partei kamen wir nie zurecht. Da war Brandt. Dem schoben
wir Guillaume unter und weg war er. Schmidt war wirtschaftlich auf unserer
Linie. Dann Kohl. Aber das Volk konnte ihn nicht mehr sehen. Den Lafontaine
haben wir lange verhindert. Dann wurde er Finanzminister und ließ den neuen
Bundeskanzler an seinen Fäden tanzen. Legte sich mit den Finanzmärkten an! Er
trat Gott sei Dank rechtzeitig zurück. Freiwillig? Ich weiß es nicht. Wir hatten,
denke ich, nichts damit zu tun.
Roesen lachte verschmitzt. Clayton schwieg. Roesen sollte nur
weiterreden.
- Allerdings empfing ihn niemand mehr. England hatte ihn zum
gefährlichsten Mann Europas erhoben. Dann schrieb der Kerl ein Buch: Das Herz schlägt
links! Quatsch, das Herz schlägt dort, wo wir es wollen –
Bleiben Sie ruhig, Herr Präsident.
Clayton hatte den Mund aufgemacht, seinen tiefen Atemzug aber
abgebrochen.
- Genug davon! In Bezug auf das Internet sind wir ja auf
einer Linie. Wir müssen die Werbung verstärken und Kritiker mundtot machen.
Globalisierung ist heute das Zauberwort unserer Macht, Herr Präsident, und wir
erwarten von Ihnen, dass Sie ausreichende Mittel bereitstellen.
In jedes Haus gehört ein PC mit Verbindung zum World Wide Web.
Die Kleinsten werden wir mit Lernprogrammen hinführen. Psychologen arbeiten
weltweit für uns. Die Medien im Audio- und Videobereich erfüllen bereits unsere
Forderung. Bereits heute wird das Mittelmaß nur selten überschritten. Die
Schriftmedien sind kaum noch zu unterbieten, der intellektuelle Anspruch der
Masse ist sehr gering.
Es gab da einen Grillparzer. Kluger Kerl. Er sagte, der
Ungebildete sieht nur das Einzelne, der Halbgebildete die Regel, und der
Gebildete die Ausnahme. Das war vor 200 Jahren. Wir lassen das Volk nicht über
die Regel hinaus, setzen das Einzelne aber zum Maßstab.
Die Ausnahme bestimmen wir. Wir sind weltweit auf dem besten
Wege, und das muss so bleiben. Fast ausschließlich wird heute auf
computergestützte Informationen zurückgegriffen, deren Gehalt wir festlegen.
Lassen Sie es mich mit meinen Worten sagen: Wir halten die
Welt auf unbedenklichem, intellektuell niedrigem Niveau.
Manipulation wird damit so einfach wie nie.
Herr Präsident, das gibt uns die Macht, Regierungen am Leben
zu erhalten. Wir manipulieren die Demokratie, indem wir die Masse manipulieren.
Sie wählt für uns. Auch für Sie!
Glauben Sie nicht, dass heutzutage Persönlichkeit und
Charisma überzeugen können. Das war eigentlich nie so, mit Ausnahmen. Ohne das
Umfeld, die öffentliche Meinung, erringt und erhält man keine Macht.
Roesen setzte sich in den Stuhl dem Bett gegenüber. Er nahm
den Kopf hoch und schob den Unterkiefer vor. Er nickte.
- Herr Präsident, Sie wissen das und ich bin sicher, Sie
werden in unserem Sinne entscheiden.
Roesen hatte sich vorgenommen, dem Präsidenten einen Einblick
in das ubiquitäre Wirken ihrer Organisation zu geben. Er war vom Hundertsten
ins Tausendste gekommen, aber war das nicht das Geheimnis jeder Beeinflussung?
Sag´ viel und diskutiere nichts! Roesen war sich seiner Wirkung sicher.
Clayton nickte langsam, fast mechanisch. Er sah Roesen an und
ließ sich Zeit.
- Warum erzählen sie mir das jetzt? Warum nehmen Sie mir die
Illusion? Meinen Glauben?
- Warum Ihnen? Warum jetzt? Sie sind am Ende Ihrer Amtszeit,
Herr Präsident, und uns nun zu Dank verpflichtet. Wir hatten Ihr Leben in der
Hand, nicht wahr?
Clayton holte tief Atem. Er spürte sein Herz.
- Ihre Illusion? Bisher hatten Sie eine Illusion von Macht,
Clayton. Ab heute wird die Realität Ihr Handeln bestimmen.
Und Roesen zählte ihre Forderungen auf.
11.
Jeff Bridges saß wieder vor
seiner Zeitung, als Carl herein kam. Unwillig sah er auf. Carl machte die Tür
mit seinem Hintern zu und versuchte, die Kaffeebecher auf dem Tisch unterzubringen.
Er hatte
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