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Leberkäsweckle

Leberkäsweckle

Titel: Leberkäsweckle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Weiler
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ankündigten, wäre es mit seiner Contenance wohl völlig vorbei gewesen.
    Im Moment besaß er diese Fassung noch durchaus. Er stand gesprächsbereit vor dem Eingang der Aussegnungshalle. Wie erwartet, kamen die Angehörigen etwas früher. Eine stattliche Familie, dachte Pfarrer Leonhard noch. Allen voran ging die Witwe, gestützt von ihrem Bruder, einem bulligen Kerl mit verbissenem Gesichtsausdruck. Pfarrer Leonhard ahnte nichts Gutes. Dahinter kamen dann die Geschwister des Verblichenen mit Kindern und ein paar Enkelkindern.
    Pfarrer Leonhard begrüßte die Witwe und lenkte den restlichen Tross in die Aussegnungshalle. Er wollte mit der Frau noch ein paar Sätze reden. Der unsympathische Bruder wich keinen Schritt von ihrer Seite.
    »Frau Kowalski, willkommen. Ich habe alles, wie wir es besprochen haben, vorbereitet«, begann Pfarrer Leonhard.
    »Kann man ihn noch mal sehen?«, fragte der Bruder der Witwe, und Pfarrer Leonhard zitterten die Beine. Ausgerechnet ein solcher Bruder!
    »Auch was den Wunsch Ihres verstorbenen Mannes betrifft, dass ein Chor die ›Internationale‹ singt, habe ich alles arrangiert«, fuhr Pfarrer Leonhard fort.
    »Das wird ihn freuen«, sagte die Witwe.
    »Kann man ihn noch mal ansehen?«, fragte der Bruder erneut.
    Reden war für einen Pfarrer ein wichtiger Teil seines Berufs, wenn nicht eine der Grundlagen. Nun musste Pfarrer Leonhard alles, was er an diesen Grundlagen besaß, mobilisieren. Nur so, das wusste er genau, konnte er vielleicht sein Ziel erreichen, nämlich dass dieser Sarg auf keinen Fall noch mal geöffnet wurde.
    »Ich denke, ich habe in Ihrem Sinne gehandelt und die Strophen auf drei begrenzt. Damit wäre das Wichtigste in Sachen ›Internationale‹ gesungen, und wir könnten dann, genau wie wir es besprochen haben, zum Segen übergehen und anschließend gemeinsam zum Grab schreiten. Übrigens, haben Sie der Trauergemeinde die Reihenfolge des Aufstehens mitgeteilt? Das ist wirklich sehr wichtig, sonst stehen nachher die entfernten Verwandten und die Bekannten vorne am Grab, und Sie, als die wichtigste Trauernde am heutigen Tage, müssen sich mit Ihren Angehörigen durch die Menge drängeln«, betonte er.
    »Bekommt man den Toten noch mal zu Gesicht?«, fragte noch einmal der Bruder.
    »Ich hab’s vergessen«, sagte die Witwe Kowalski zum Pfarrer.
    »Aber das macht doch nichts, ich habe hier den Ausgangsplan, und vielleicht können wir Ihren Bruder bitten, der Trauergemeinde die Reihenfolge noch vor dem Gottesdienst, also jetzt gleich, mitzuteilen. Wäre das möglich?«, fragte Pfarrer Leonhard die Witwe mit sanfter, sehr sanfter Stimme. Er wusste, jetzt ging es um alles.
    »Kann man den Toten denn noch mal sehen?«, fragte der Bruder noch einmal. Jetzt schon ein wenig erzürnt, dachte Pfarrer Leonhard.
    »Edwin, würdest du das bitte für mich machen?«, fragte ihn nun die Witwe.
    An einem solchen Tag, wenn der Schwester der Mann stirbt, dann kannst du ja schlecht sagen: Nein, ich will deinen toten Mann erst noch einmal sehen. Das kommt dann halt gar nicht gut. Also ging der Bruder los und flüsterte sich durch die Bankreihen.
    Pfarrer Leonhard stand währenddessen wie auf Kohlen. Er führte die Witwe ein wenig auf dem Friedhof herum, brabbelte unverständliches theologisches Zeugs, und die Witwe weinte vor sich hin. Immer wieder schaute er zum Ausgang der Aussegnungshalle und hoffte und betete inständig, der Bruder möge noch eine Weile brauchen. Als dieser nach einigen Minuten wieder am Ausgang erschien, hatte Pfarrer Leonhard die Witwe geistesgegenwärtig in eine Grabreihe hinter einer dichten Hecke geschoben. Und er hatte einen Einfall.
    Danke dir, sagte er innerlich mit dem Blick nach oben.
    Droben nickte Gott wohlwollend. Nur ganz manchmal erlaubte er sich solche Eingriffe in menschliches Leben. War ja auch verzweifelt gewesen, der Pfarrer Leonhard. Da litt man als Gott halt mit.
    Allerdings: Wenn das jemand hier oben erfahren würde, dass er hin und wieder ein wenig Gott spielte – also den eingreifenden Gott –, dann wäre das Geschrei groß. Er hörte sie schon alle schimpfen: Warum hast du denn bei mir nicht? Und: Wenn du damals eingegriffen hättest! Das behielt er sich vor, das blieb sein kleines, privates, geheimes Hobby. Ein bisschen Schicksal spielen, so ab und zu. Das war doch aber auch zu witzig mit diesem Leonhard. Der stolperte von einem Fettnäpfchen ins nächste. Aber er rappelte sich immer wieder hoch, und das fand Gott so toll an diesem

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