Leberkäsweckle
Britta nicht. Seine Frau hatte ein Näschen für so etwas. Die bissige Frage, wer denn bezahlt habe, die würde kommen, da war er sicher. Dann musste ihm was einfallen, denn als Spesen kriegte er das beim besten Willen nicht unter. Sein Handy klingelte. Klar, wenn man vom Teufel spricht, dachte Thomas Knöpfle.
»Hallo, Schatz, na, was gibt’s?«, fragte er äußerst freundlich. »Die Zeitung gelesen, nein, heute nicht, warum? – Eine Geschichte über uns hier in Pfenningen? Das kann doch nicht sein. – Über mich und den Willi? – Und du hast gelacht? Warum denn? – Ach so, ja, schon, durchaus, war schon so ähnlich, könnte so gewesen sein … Schatz, ich leg jetzt auf, das muss ich erst einmal selbst lesen.« Er drückte das Gespräch weg und dachte nach. Eine Geschichte über sie hier in Pfenningen, über den Willi und ihn und die Vorfälle des vergangenen Tages. Ja, gab es denn so was?, fragte er sich. Jetzt passierte in diesem Pfenningen einmal was, und schon kam so ein Schreiberling auf die Idee, das gleich brühwarm in die Zeitung zu setzen. Thomas Knöpfle wunderte sich.
Nicht wundern musste sich Hans Bremer. Denn das dieser »Atlas-Grill« erst um siebzehn Uhr seine Türen öffnete, das hätte er sich eigentlich denken können. Also lenkte er seine Schritte wieder in Richtung Rathaus. Es war erst halb drei, und es lag noch einiges auf seinem Schreibtisch.
Als er über den Marktplatz ging, natürlich nach allen Seiten grüßend, denn es stand bald seine hoffentliche Wiederwahl an, fiel ihm der Zettel von Luise ein. Den hatte sie ihm schon am Morgen mitgegeben mit den Worten, es sei Markttag, und der Markt finde schließlich sozusagen vor seiner Amtszimmertür statt, da könne er ruhig mal was einkaufen gehen.
Sicher, er hatte schon mal was eingekauft, früher. In den letzten Jahren hatte allerdings Luise das meiste übernommen, und er musste nur noch ran, wenn es um Dinge wie Rasenmäher oder Fahrräder ging. Nun standen auf seinem Zettel aber Sachen, von denen er, zugegeben, keine Ahnung hatte. Etwa Kopfsalat, in Klammern Radicchio, davon hatte er noch nie gehört. Des Weiteren Kartoffeln, in Klammer dahinter Salat, was auch immer das bedeuten mochte. Dann Stangensellerie und noch ein Gemüse, das ihm seit seiner Kindheit richtiggehend verhasst war, Kohlrabi. Dieses Gemüse trieb ihm einen Schauer über den Rücken, vor allem in der Zubereitung seiner Mutter, die den Kohlrabi geputzt und in Scheiben geschnitten gut schwäbisch in einer Mehlsoße serviert hatte. Er hatte es Luise zu Beginn ihrer Ehe als Schwur abgenommen, dass dieses kropfunnötige Gemüse auf ihrem Familientisch keinen Platz finden sollte. Anscheinend war es mit dem Familientisch nicht mehr weit her.
Als er sich, den Zettel fest in der Hand, aber dann auf dem Marktplatz umschaute, stellte er fest, dass der Markt wohl längst vorbei war. Nur am Ludwig’schen Gemüsestand waren noch ein paar Leute und räumten die Gemüsekisten in ihren Transporter. Vielleicht konnte ihn Gärtner Ludwig aus seiner verzweifelten Situation retten.
Das hätte sich Pfarrer Leonhard auch gewünscht, einen Retter in höchster Not. Innerlich schickte er Stoßgebete gen Himmel, aber die Situation wollte sich nicht ändern, geschweige denn bessern oder gar lösen. Kaum zehn Minuten blieben ihm, bis die Trauernden der zweiten Beerdigung erscheinen würden. Er hatte den Totengräbern gesagt, sie sollen den Sarg zumachen, und zwar richtig. Nur so konnte er einer Katastrophe entgehen. Er wollte sich dann auch gerne mit den Angehörigen und von ihm aus auch mit dem Bestattungsinstitut herumschlagen. Das war alles nichts gegen den zu erwartenden Eklat, wenn dieser Sarg offen blieb. Gerade kam Ignaz in die Sakristei und meldete mit einem »Isch zua« Vollzug. Also gut, dachte Pfarrer Leonhard, nun mit Gott voran.
So konnte Gott das leiden, wenn in auswegloser Situation er dann angerufen wurde! Na ja, kein Wunder, betrachtete man sich die Entwicklung auf der Welt da unten genauer. Am liebsten hätte er ihn manchmal doch gespielt, diesen Gott, den sie von ihm erwarteten. So wie in diesen Bildern, die sie früher von ihm gezeichnet hatten. Die Hand Gottes, die aus dem Himmel herabfuhr und eingriff in dieses traurige Menschenleben. Aber was würde er dann tun? Mit riesiger Hand Nahrung von hier nach dort verfrachten? Reichtum gleichmäßig verteilen? Vielen den Kopf geraderichten, dass sie nichts Besseres waren und nicht auf andere herunterschauen sollten?
Das war
Weitere Kostenlose Bücher