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Leberkäsweckle

Leberkäsweckle

Titel: Leberkäsweckle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Weiler
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lediglich seinen Kaffee getrunken und zugehört. Hin und wieder hatte er genickt, damit Ludwig nicht wieder einen seiner Tobsuchtsanfälle bekam, der die Leute auf dem Marktplatz zusammenlaufen ließ. Er als Bürgermeister konnte sich doch nicht auf die Seite des Großgärtners stellen. Das ging auf keinen Fall. Also hatte er laviert, mal hier genickt und Verständnis gezeigt, dann die Stirn in Falten gelegt oder einfach mal so ganz leicht mit dem Kopf geschüttelt. Das konnte der Gärtner Ludwig dann verstehen, wie er es wollte. Jedenfalls konnte man hinterher nicht sagen, er hätte so oder so gesagt, dachte der Bürgermeister, als er sich von Ludwig verabschiedete und der ihm einen Guten Tag wünschte.
    Einen guten Tag, den hätte sich auch Pfarrer Leonhard gewünscht. Allerdings blieb das für ihn ein frommer Wunsch. Der Bruder der Witwe hatte ihn erreicht, sein Gesicht war ernst, sehr ernst, eher noch ernster. Darin stand auch Zorn, deutlich, und Pfarrer Leonhard sah noch die Hand, die sich zur Faust ballte, und er dachte an Gerda Schickle, die diesen Selbstverteidigungskurs gemacht hatte und zu ihm gekommen war mit der Frage der Wange. Was hatte er noch zu ihr gesagt? Zahn um Zahn, das sei doch Altes Testament und das mit diesem Die-andere-Wange-auch-noch-Hinhalten ebenfalls …
    Jetzt stellte der Bruder der Witwe seine Frage noch einmal, und das sehr laut: »Kann man den Toten noch mal sehen?«
    »Nein«, antwortete Pfarrer Leonhard und wusste, das würde eine theologisch schwierige Situation werden.
    »Und warum nicht?«, kam die Frage zurück.
    »Weil man sich den nicht mehr anschauen sollte«, antwortete er und dachte, er hätte damit vielleicht rein sprachlich einen schmalen Ausweg konstruiert.
    »Nicht anschauen?«
    »Sieht furchtbar aus«, sagte Pfarrer Leonhard und wusste, der schmale Ausweg war verbaut. Die Witwe heulte auf. Dem Bruder stieg die Zornesröte ins Gesicht. Er kam noch einen Schritt auf den Pfarrer zu und visierte ihn an.
    Im Visier, genau, er hatte den Schreiberling im Visier. Kommissar Knöpfle dachte sich gerade in Rage. Der Nachmittag ging seinem Ende zu, und er wollte für sich Klarheit. Das musste genau durchdacht werden, diese Suche würde nicht einfach sein. Da schrieb einer über ihn, über sie, über seine Stadt und die Menschen darin. Und er schrieb, als ob er nicht nur in ihren Köpfen säße, sondern gleichzeitig auch hoch droben auf dem Kirchturm und ihnen zuschaute. Das war die eine Sache. Die andere Sache war, dass der Schreiber sich einen Heidenspaß daraus machte, sie auf den Arm zu nehmen, sie lächerlich zu machen in ihren Bemühungen, ihren Alltag zu leben und ihre Arbeit zu erledigen. Er brauchte ein Profil: Wer tat so etwas, warum und vor allem, wo.
    So viele, die schrieben, gab es in Pfenningen nicht. Da war natürlich Hans Bremer, der Haus- und Hofdichter: kaum vorstellbar, dass der sich selbst so auf die Schippe nahm. Dann gab es noch zwei, drei Schreiberlinge vom örtlichen Käseblatt, dem Pfenninger Journal. Die hielt er einfach nicht für fähig, so weit zu gehen. Die Journalisten vom Beutlinger Generalanzeiger schloss er ebenfalls aus, auch den Frieder, obwohl dem manchmal schon der Schalk im Nacken saß. Und dann war da noch dieser Zyrill von Ebhausen. Der dichtete zwar nur, aber wer weiß, wozu diese Intellektuellen in heimlichen stillen Stunden fähig waren. Der reagierte sich womöglich ab, ging hinaus auf die Straße, sah einen und schrieb ihn dann später rein. Der ging auf den Marktplatz, belauschte Gespräche, hörte mal hier-, mal dorthin, schaute in die Gesichter, und am nächsten Morgen waren die dann schon in der Zeitung. Der stand ganz oben auf seiner Liste, aber sicher sein, das konnte er nicht.
    So hätte es Pfarrer Leonhard auch gesehen, wenn er denn noch etwas gesehen hätte. Viel war es nicht mehr. Sein linkes Auge war zu, da war Feierabend, und sein rechtes zeigte auch nur noch einen schmalen Streifen Welt, und den ziemlich undeutlich. Er hatte es ja verdient, dachte er christlich. Er hatte das zu verantworten, die vertauschten Leichen und dann diesen Versuch, das alles zum Besten zu wenden. Er hatte doch gewusst, aus welcher Familie die Witwe stammte. Aber da war man dann ja groß, war Pfarrer und stand über den Dingen. Jetzt nicht mehr. Er fragte sich nur, wie er die Beerdigung nun noch einigermaßen über die Bühne bringen sollte.
    Das fragte sich auch Gott droben im Himmel. Dieser Pfarrersmensch brachte es doch wirklich immer wieder

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