Leberkäsweckle
er wusste nicht um die Nähe seiner Frau zum Pfarrer. Er fühlte sich ein wenig alleingelassen.
Das empfand Hans Bremer im Augenblick ganz ähnlich. Er wusste nicht mehr, welche Tageszeit war. Licht fiel nur spärlich in seinen Keller. Zwar war die Versorgung besser geworden, aber das machte ihm den Aufenthalt hier drin auch nicht wirklich leichter. Da hörte er, wie das Türschloss geöffnet wurde. Der Litauer trat ein.
»Sache ischt erledigt«, sagte er bloß.
»Wie, was erledigt?«, fragte Bremer.
»Frau tot, ganz«, sagte der Litauer.
»Meine Frau?«, fragte Bremer.
»Jo«, antwortete der Litauer. »Du bringen morgen fünf groß und nächste Woche noch einmal fünf groß.«
»Du meinst fünftausend?«, fragte Bremer.
»Jo«, sagte der Litauer.
»Kann ich machen. Das heißt, ich kann jetzt gehen?«, fragte der Bürgermeister.
»Wenn du versprechen, kein Wort, zu niemand, sonst!« Der Litauer fuhr sich mit dem Zeigefinger quer über den Hals. Hans Bremer hatte verstanden, aber ganz genau hatte er verstanden.
»Geht klar, ich habe nichts gesehen«, sagte er laut und deutlich, nahm seine Jacke vom Boden auf und ging am Litauer vorbei nach draußen. Die Sonne blendete ihn. Er hatte es vermutet. Das waren doch die alten Fabrikanlagen mitten in Beutlingen, da gab es natürlich Kellerräume noch und nöcher. Er klopfte sich die staubige Kleidung ab und durchsuchte seine Taschen. Seine Geldbörse hatten sie ihm wiedergegeben. So konnte er wenigstens ein Taxi nach Hause nehmen. Das war angenehm.
Das sahen die Kommissare Knöpfle und Schirmer nun gar nicht so. Frieder war mit einem breiten Lächeln im Gesicht gegangen und hatte den Kommissaren noch einen schönen Tag gewünscht.
Die beiden Kommissare lasen sich die eine oder andere Stelle laut vor. Ihre Mienen wurden grimmiger. Schirmer wurde es immer mulmiger. Als sie zur Szene mit dem Mord an Elfriede kamen, wollten sie ihren Augen nicht trauen. Da war haargenau beschrieben, wie die Sache abgelaufen war. Das mit den Fingerabdrücken und auch ihre Bemühungen, die Sache zu vertuschen.
»Ist doch bloß eine Geschichte«, wollte Knöpfle die Sache runterspielen.
»Des lesat alle, kasch wetta!«, rief Schirmer.
»Hat doch eigentlich mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Das hat der sich alles ausgedacht«, sagte Knöpfle. Auch wenn ihm nach wie vor schleierhaft war, woher dieser Kerl das alles wusste.
»Aber mir send halt dren«, gab Schirmer zu bedenken.
»Schon, aber wie es wirklich war, das wissen doch nur die Beteiligten. Und die werden nichts rauslassen. Die Bremer-Sache ist wasserdicht. Die beiden werden sich doch nicht noch nachträglich in Mordverdacht bringen wollen. Und die beiden Beutlinger Kollegen werden den Mund halten, dafür sorge ich schon«, rief Knöpfle mit Überzeugung in der Stimme.
»Ond des am Georgaberg?«, fragte Schirmer kleinlaut.
Knöpfle zuckte mit den Schultern. Das war halt die Grenze der Fiktion. Hier konnte es Auswirkungen auf ihre Gegenwart geben. Aber diese Suppe konnte Schirmer nun wirklich selbst auslöffeln. Die Idee war von ihm, die Ausführung auch, was sollte er sich damit herumschlagen?
So hätte Alfred seine Situation auch gerne weggeschoben. Aber er saß weiterhin mittendrin.
Er war froh gewesen, dass seine Frau nach einem längeren Gespräch mit dem Pfarrer auch ihn noch kurz begrüßt hatte. Aber wirklich kurz. Knallte ihm die Sachen hin, die sie mitgebracht hatte, und erkundigte sich lediglich, wann wieder mit ihm zu rechnen sei.
»So in vier bis fünf Wochen bin ich wieder auf dem Damm, also rollstuhltauglich«, sagte Alfred mit ehelicher Hoffnung in der Stimme.
»Und ich schieb dich dann rum, oder was?«, sagte Klara im Hinausgehen.
Das war das mit der Ehe, dachte Alfred, jedes Scheißgerät kannst du innerhalb der Garantiezeit zurückgeben. Aber diese Klara eben nicht, da war die Garantie längst abgelaufen. Die blieb ihm. Vielleicht konnte er den Pfarrer bitten, ein gutes Wort für ihn einzulegen.
Er würde mit dem Pfarrer wegen der Beerdigung ein paar Worte reden müssen, dachte Hans Bremer in seinem Taxi auf der Fahrt Richtung Pfenningen. Luise sollte ein schlichtes, aber schönes Grab bekommen. Eigentlich könnte er unterwegs beim Wiest noch haltmachen und gleich einen Stein aussuchen. Dann hatte er das schon mal erledigt. Er bat den Taxifahrer, vor dem Steinmetzbetrieb zu halten und auf ihn zu warten. Allzu lange sollte das nicht dauern. Er betrat den Verkaufsraum, und schon kam ihm Wiest senior
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