lebt gefaehrlich
hier ankommen und glauben, der Tee sei längst beendet, und feststellen, daß er eben erst beginnt. Ach, hier ist es ja!« rief er aus und zog einen Zettel hervor. »Ich gebe Ihnen auf jeden Fall den Namen eines Mannes in Istanbul, dem Sie sich anvertrauen können, falls Sie Hilfe brauchen. Er lebt seit mehreren Jahren in Istanbul und wird Ihnen bestimmt mit Rat und Tat zur Seite stehen. Aber wenden Sie sich nur an ihn, wenn es gar nicht anders geht. Er ist eine prominente Persönlichkeit, also seien Sie um Gottes willen diskret, wenn Sie zu ihm gehen.«
»Ein Agent?« erkundigte sich Mrs. Pollifax erfreut.
Carstairs machte ein gequältes Gesicht. »Meine liebe Mrs. Pollifax, es wäre mir lieb. Sie würden nicht zu derart dramatischen Schlußfolgerungen gela ngen. Er ist ein bekannter Kriminologe, bereits im Ruhestand. Sein Name ist Dr. Guilleaume Belleaux. Sie finden den Namen der Universität, an der er noch Vorlesungen hält, auf diesem Zettel, ebenso seine Privatadresse. Den Zettel mit dieser Anschrift brauc hen Sie weder zu verbergen, noch zu vernichten, da Dr. Belleaux sowohl bei der türkischen als auch bei unserer Regierung höchstes Ansehen genießt. Es ist also durchaus nicht verwunderlich, wenn eine Touristin seinen Namen bei sich trägt. So.« Er lächelte. »Alles begriffen?«
Mrs. Pollifax stopfte die Briefumschläge in ihre Handtasche. Das Buch schob sie unter den Arm. »Ich steige im Hotel Itep ab und setze mich jeden Abend um acht in die Halle, bis sich die FerenciSabo hoffentlich gezeigt hat. Dann übergebe ich ihr den Paß und das Geld. Weiter habe ich mir den Namen Dr. Belleaux einzuprägen und der FerenciSabo zu helfen, so gut ich kann.«
»Richtig - worauf Sie wieder schleunigst abreisen.« Carstairs warf einen Blick auf seine Uhr. »Haben Sie noch irgendwelche Fragen?«
»Ja.« Langsam sagte sie: »Sie haben angedeutet, daß irgendwo ein Verräter sitzen könnte, Mr. Carstairs. Außerdem haben Sie auf geheimnisvolle Weise eine Zusammenkunft mit einer Frau vorbereitet, die eine berüchtigte Agentin ist.« Sie zögerte. »Trotzdem hat niemand sie gesehen, und Ihr Agent in Istanbul wurde beim Versuch, sie zu sprechen, ermordet.« Sie sah ihm offen ins Gesicht. »Vermuten Sie denn keine Falle? Können Sie dieser Frau wirklich trauen?«
Carstairs lächelte. »Ganz richtig, Mrs. Pollifax. Deshalb habe ich auch darauf bestanden. Sie persönlich zu instruieren.« Er zog einen gelben Zettel aus seiner Diplomatenmappe und gab ihn ihr. »So wurden wir von dem Rendezvous im Hotel Itep verständigt.«
Mrs. Pollifax nahm ihm den Zettel ab und las:
ISTANBUL. UM SECHS UHR ANGEKOMMEN STOP ACHT ANGENEHME STUNDEN IM HOTEL ITEP VERBRACHT STOP WÄRE NETT WENN DU KÄMST STOP SCHICK DOCH VOR FREITAG ROTE KÖNIGIN ODER SCHWARZEN JACK HER STOP HERZLICHST ALICE DEXTER WHITE.
»Bin ich verpflichtet, das zu verstehen?« fragte Mrs. Pollifax.
Carstairs lachte. »Im Gegenteil. Unsere Dechiffrierabteilung mußte erst längere Zeit im Archiv nachstöbem, ehe sie es entziffern konnte.
Ohne die Namen Rote Königin und Schwarzer Jack wäre ihr das vermutlich bis jetzt noch nicht gelungen. Diese beiden Namen waren ein Code, ein sehr einfacher, der für die Vereinbarung von Zusammenkünften ausgeknobelt worden war. Er wurde während des Zweiten Weltkriegs von einer kleinen Gruppe von Widerstandskämpfern im besetzten Frankreich benützt.«
»Im Zweiten Weltkrieg«, wiederholte Mrs. Pollifax verständnislos. »Aber der Text klingt ganz antiquiert.«
»Genau. Code 6 - und um den geht es hier, wenn Sie die Ankunftszeit beachten - bedeutete immer eine Zusammenkunft in einer Hotelhalle. War eine Identifizierung nötig, so wurde ein Exemplar von ›Vom Winde verweht‹ mitgebracht. Code 5 bedeutete eine Haltestelle der Metro - dort wurde, glaube ich, eine Bibel benützt - und 7, falls ich mich recht erinnere, bedeutete eine Kirche, und zwar jeweils die siebente Bankreihe links. Und so fort.
Insgesamt gab es acht Codes. Die Rote Königin war eine Agentin namens Agatha Simms, die leider vor mehreren Jahren in Hongkong ums Leben kam, und Schwarzer Jack war der Deckname eines anderen Agenten der Gruppe.«
»Und Alice Dexter White?«
Carstairs sah sie an. Dann blickte er auf die Zigarette, die er zwischen den Fingern hielt, ohne sie angezündet zu haben. »War eine besonders gute Freundin von mir. Nur deshalb habe ich überhaupt etwas mit dieser Sache zu tun«, sagte er le ise. »Sie war eine bewundernswerte Frau. Wir haben damals
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