Lee, Julianne
in ihm auf. Sein Herz begann zu hämmern, weil er nicht wusste, ob es ihr ebenso erging.
Er schüttelte den Kopf, um wieder klar denken zu können, als sie am Stoff unter seinem Gürtel zupfte und fragte: »Besteht das alles aus einem Stück?«
Geschickt brachte er seinen Kilt wieder in Ordnung. »Aye. Ich halte den Stoff mit einem Gürtel zusammen und drapiere dann das Plaid so, wie es mir gefällt.« Ihm wurde klar, wie idiotisch das klang, und er sah sie wieder an. Sie betrachtete sein Gesicht, nicht seinen Kilt, und wirkte, als würde sie auf etwas warten. Worauf genau, das konnte er nur hoffen.
Als er sich vorsichtig zu ihr hinüberbeugte, wich sie nicht zurück. Ein Lächeln spielte um seine Lippen, und er lehnte sich noch weiter zu ihr. Noch immer zuckte sie nicht zurück. Sie neigte ihm sogar ihr Gesicht ein Stück zu.
Endlich zog er sie an sich und küsste sie. Ihre Lippen berührten sich zögernd; beiden war bewusst, welche Kluft sie trennte. Trotzdem kostete er es aus, endlich dem Verlangen nachzugeben, das er wochenlang verleugnet hatte. Dann flüsterte er, die Lippen immer noch ganz dicht an den ihren, in seiner Muttersprache: »Nig-hean chaomh.«
Sie lehnte sich ein wenig zurück, gerade weit genug, um ihm in die Augen sehen zu können. Eine unausgesprochene Frage war in ihrem Gesicht zu lesen, und er beantwortete sie. »Süßes Mädchen.« Wieder küsste er sie, öffnete leicht die Lippen und verstärkte den Druck; hoffte, sie würde seinen Kuss erwidern.
Und das tat sie. Sie legte eine Hand gegen seine Wange, und ihre Lippen öffneten sich gleichfalls.
Sein Herz hämmerte jetzt fast schmerzhaft gegen seine Rippen. Er wollte mehr.
Doch dann machte sie sich von ihm los, und er verstand augenblicklich, warum. Sie war außer Atem und erhitzt und wich seinem Blick aus. Sie wirkte beschämt, ihre Wangen glühten.
Heiße Wut, vermischt mit Scham, stieg in ihm auf. Sein Gesicht brannte. Wo er eben noch wilde Freude empfunden hatte, war jetzt nur noch Verachtung für die Sassunaich.
»Och, es muss schon eine schwere Sünde sein, einen katholischen Highlander zu küssen.« Jetzt sah sie ihn an. Ein zorniger Funke glomm in ihren Augen. »Hör auf damit!«
Er stützte einen Ellbogen auf sein Knie. »Aye. Ich hätte erst gar nicht damit anfangen dürfen. Und jetzt geh. Lauf zu deinem Vater und erzähl ihm, dass ich dich beinahe vergewaltigt hätte.« Der Schmerz in seinen Lenden verstärkte den in seinem Herzen noch. »Geh, habe ich gesagt!« Wie eine lästige Fliege scheuchte er sie weg.
Aschfahl vor Scham rappelte Leah sich hoch, raffte ihre Röcke und flüchtete aus dem Turm.
Ciaran blieb, die Ellbogen auf die Knie gestützt und das Gesicht in den Händen verborgen, sitzen, wartete darauf, dass der Schmerz nachließ und wünschte, er wäre nicht so ein verdammter Narr gewesen.
Zutiefst gedemütigt floh Leah zur Burg - zum Tigh - zurück und verkroch sich in ihrer Kammer. Sie zitterte am ganzen Leib, ihre Finger waren schweißnass, auf ihren Wangen leuchteten hektische rote Flecken. Ida äußerte sich besorgt über ihre Gesundheit, konnte aber mit der Begründung, sie sei nur zu schnell die Treppe hinaufgelaufen, abgespeist werden. Die Zofe ging, um ihr einen Becher Ale zu holen.
Leah warf sich mit dem Gesicht zuerst auf das Bärenfell und wünschte inständig, sie wäre nicht so ein Feigling. Sie wünschte, sie hätte den Mut, zu ihren Gefühlen für Ciaran zu stehen und ihm das auch zu sagen, ohne etwas auf die Meinung ihres Vaters zu geben. Sie wünschte, sie hätte den Mut, Ciaran zu sagen, dass er sich irrte. Aber er hatte Recht.
Und genau deswegen hätte sie ihm gern das Gegenteil bewiesen. Alles an ihm - sein Äußeres, seine körperliche Ausstrahlung -ließ ihr Herz schneller schlagen und trieb ihr das Blut in die Wangen. Seine Fremdartigkeit faszinierte sie; seine Kultur, seine Religion, alles, was sie an ihm nicht verstand. Es war so sehr ein Teil von ihm. Sie wollte mehr über ihn wissen, wusste aber nicht, wie sie es in Erfahrung bringen sollte.
Verzweifelt rollte sie sich auf den Rücken und presste die Fingerspitzen gegen die Lippen. Sein Kuss war zugleich eine Warnung gewesen. Sie wusste, sie konnte sich in ihm verlieren, wenn sie nicht auf der Hut war.
Aber wenn sie absichtlich alle Vorsicht außer Acht ließ, erlebte sie vielleicht etwas, was sie sich nie hätte träumen lassen. Ihr Herz begann schneller zu schlagen. Sie schloss die Augen und sah sein ernstes, dunkles Gesicht
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