Lee, Julianne
du?«
»Hier sind Soldaten!« Es klang wie eine Anklage; gleichfalls auf Gälisch. Der Fremde war außer sich vor Angst.
Ciaran zwinkerte ihm zu. »Aye. Du hast gute Augen. Jetzt erzähl mir, wer du bist und was dich hierher führt.«
»Mein Name ist William. Bist du der Laird von Ciorram?«
»Ja.«
Der Mann stieß einen erleichterten Seufzer aus. »Ich habe einen Brief von Prinz Teàrlach für dich.«
Ciarans Herz begann schneller zu schlagen. Beinahe wäre ihm ein Freudenjauchzer entschlüpft. Charles Stuart war gelandet! Der Kronprinz von Schottland war eingetroffen! »Komm mit mir«, befahl er. »Aber sag kein Wort.«
Als William in sein Hemd greifen wollte, packte Ciaran ihn bei der Hand und zog ihn hoch: »Aye, William«, er wechselte wieder ins Englische, »ich zeige dir mit dem größten Vergnügen meine Schafe. Es ist eine besondere Rasse, eine Kreuzung aus Cheviot-und Highlandschafen.« Er führte William auf den Burghof hinaus und redete dabei auf ihn ein, bis sie sich von der Burg entfernt hatten und über die Zugbrücke gingen.
William wollte wieder nach dem Brief greifen, doch Ciaran hielt ihn davon ab. »Warte.«
Sie näherten sich dem Schafpferch auf der anderen Seite der Brücke, einer von niedrigen Mauern umgebenen Einfriedung in der Nähe des Dorfplatzes. Hier kehrten sie der Burg den Rücken zu. Vor ihnen erhoben sich die steilen Granitberge. Ciaran sprach wieder Gälisch. »Ich zeige dir jetzt meine Schafe. Wir werden eine Weile hier stehen bleiben. Wenn du zufällig etwas in der Hand hast und es auf der Mauer ablegst, würde ich es gar nicht bemerken. Und auch sonst niemand.«
William zog den Brief aus seinem Hemd und legte ihn auf die Steine. Ciaran bedeckte ihn mit einer Hand. »Du hast Rotröcke bei dir in der Burg«, wiederholte William dann vorwurfsvoll.
»Ihr Kommandant hat sich hier einquartiert und hat eine Eskorte bei sich. Der Rest der Truppe ist in der Garnison am anderen Ende des Tales stationiert. Es handelt sich um eine Dragonerkompanie unter dem Kommando von Captain Roger Hadley. Sie sind gelangweilt und schlecht ausgebildet. Es könnte nicht schaden, wenn diese Information irgendwie zum Prinzen gelangen würde.«
William nickte, und Ciaran setzte ihm in allen Einzelheiten auseinander, was Sinann und er in den letzten Monaten bei ihrer Bespitzelung des Captains durch den Gobelin erfahren hatten. Er erwähnte die Anzahl der Pferde, die Bewaffnung und die Routen der Patrouillen in der Umgebung. »Hast du dir das alles genau eingeprägt?«, fragte er dann.
Wieder nickte William.
»Gut.« Ciaran ließ den Brief in sein eigenes Hemd gleiten. »Jetzt haben wir die Schafe lange genug angeschaut. Wir wollen in die große Halle zurückgehen, dort bekommst du etwas zu essen und wirst dann in meiner besten Gästekammer untergebracht.« Zwar gab es in der ganzen Burg ohnehin nur eine leer stehende Kammer, aber es war trotzdem vermutlich die beste Unterkunft, die im Umkreis von zwanzig Meilen zu haben war. »Morgen früh kannst du dann Weiterreisen.«
William nickte. Er war offensichtlich froh, den belastenden Brief los zu sein.
Sowie William in der Halle vor einer Schale mit Hammeleintopf und einem großen Bannock saß, eilte Ciaran in seine Kammer, um den Brief zu lesen. Auf dem Weg murmelte er: »Sinann, bist du da?«
»Immer.« Sie materialisierte sich aus dem Nichts und schwirrte hinter ihm her, als er den Gang zu den Dienstbotenunterkünften entlang auf den Westturm zuging.
»Ich möchte ...« Er stutzte und blickte sich zu ihr um. »Immer? Heißt das, du hast das im broch gesehen ... mit Leah?«
»Och, dein Privatleben interessiert mich nicht. Ich habe Besseres zu tun als dich beim Liebesspiel zu beobachten.«
Ciaran schnaubte unwillig. »Wenn es nur dazu gekommen wäre.« Dann wechselte er hastig das Thema. »Nein, ich möchte, dass du den jungen William mit einem Schutzzauber belegst. Er soll den Prinzen sicher erreichen.« Sie waren am Ende des Ganges angelangt, und er öffnete die schwere Holztür.
»Ich kann ihn vor einem Unfalltod bewahren, aber nicht vor Verletzungen oder davor, dass ein anderer Mann ihn tötet.« Die
Fee folgte ihm durch die Tür, und Ciaran schloss sie hinter ihr ehe er die Treppe hinaufstürmte. »Ihn vor jeder erdenklichen Gefahr zu schützen erfordert eine Macht, über die ich nicht mehr verfüge. Wenn ich mehr als einen Menschen zur gleichen Zeit verzaubern könnte, würde ich einen Schutzbann über jeden Jakobiten von hier bis Rom
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