Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 1 - Eine Frage der Ehre V2

neigte sein Haupt; das Licht schimmerte auf seinem weißen Haar, seine Züge wirkten ernst und verschlossen. »Es soll geschehen, was die Erste Sprecherin befiehlt.«
    Mr. dea’Gauss legte das Blatt beiseite. »Zum Zwecke des Ausgleichs möge Priscilla Delacroix y Mendoza die Funktion einer Thodelm einnehmen. Und da sie den Entschluss gefasst hat, sich vom Hause Mendoza auf Sintia zu lösen, fungiert sie gleichzeitig als Delm Mendoza in der Außenwelt …«
    »Außenwelt?«, brüllte Sav Rid dazwischen. »Sie ist wohl eher eine Ausgestoßene!«
    »Savi Rid!« Plemia machte keinen Hehl aus seiner Verärgerung. »Ich ermahne dich noch einmal, Anstand und Form zu wahren! Du wirst jeder, aber auch jeder der hier anwesenden Personen den gebührenden Respekt zollen!«
    In Sav Rids Augen flackerte ein fiebriges Licht. »Was macht es schon für einen Unterschied«, brauste der junge Mann auf, »ob dieses Luder sich mit Thodelm betiteln lässt oder nicht? Wir streiten uns mit dem Korval-Clan, der so töricht ist, sich von diesem Idioten vertreten zu lassen …«
    »Halten Sie den Mund!«
    Eine Woge des Zorns flutete Taam entgegen, zog sich jedoch zurück, noch ehe er sich vergegenwärtigte, dass die Worte in der Hochsprache gesprochen wurden, als würde eine Autoritätsperson einen erbärmlichen Wicht abkanzeln. Und dieser Ausruf war von Thodelm Mendoza gekommen.
    Sav Rid klappte den Mund auf und zu. In seiner Kehle arbeitete es, aber kein Laut drang über seine Lippen.
    »Ihr Delm«, fuhr die Frau in einwandfreiem Liaden fort, »wird für Sie sprechen. Sollte Ihre Meinung gefragt sein, wird man Ihnen das Reden gestatten.«
    »Äußerst korrekt«, murmelte Mr. dea’Gauss.
    Taam blickte sich in der Runde um. Shan yos’Galan zeigte eine unergründliche Miene; die Hafenmeisterin machte einen leicht befremdeten, aber ungerührten Eindruck. Gordon Arbuthnots braune Augen waren weit aufgerissen. Lady Faaldom starrte die schwarzhaarige Frau mit eine Mischung aus Ehrfurcht und Verwirrung an.
    »Korval«, begann Lord yos’Galan ruhig, wobei er Trade sprach, »ist damit einverstanden, in diesen Verhandlungen eine untergeordnete Stellung einzunehmen. Lady Mendoza wurde der größte Schaden zugefügt, und entsprechend hoch ist die Summe, die man ihr schuldet. Wir unterstützen ihre Forderungen und akzeptieren ihre Führung.«
    »So sei es.« Plemia neigte den Kopf und versuchte, sich sein Erstaunen nicht anmerken zu lassen. Was er gerade gehört hatte, erschien ihm ungeheuerlich. Stumm und zitternd saß Sav Rid neben ihm.
    »Thodelm Mendoza, Mr. dea’Gauss versorgte mich mit Informationen, aus denen ersichtlich ist, was Sie Plemia vorwerfen. Außerdem zog mein Verwandter mich ins Vertrauen und bestätigte die Rechtmäßigkeit Ihrer Anschuldigungen. Ohne Zweifel steht Plemia in Ihrer Schuld. Die Höhe der Summe muss noch festgesetzt werden. Und nun würde ich gern von Ihnen hören, wie Sie über die Angelegenheit denken.«
    Sie betrachtete ihn ruhig aus ihren schwarzen Augen. »Sav Rid Olanek muss unverzüglich sein Amt als Händler auf der Daxflan niederlegen.«
    Taam erstarrte. »Diese Entscheidung trifft der Clan, Thodelm.«
    »Dann verlange ich von dem Clan, in dieser Art und Weise mit Sav Rid Olanek zu verfahren«, erwiderte sie gelassen. »Sav Rid Olanek ist unfähig. Wenn die Händlergilde ihn morgen überprüfen würde, Sir, würde man zu demselben Schluss gelangen und ihm seine Lizenz entziehen. Und nicht nur das.« Sie hob eine Hand und erstickte seinen Protest im Keim. »Lassen Sie sich von mir sagen, Sir, dass Ihr Anverwandter die Ehre der Schiffsbesatzung mit Füßen tritt, egal ob es sich um Liaden oder um Terraner handelt. Seine Fracht enthielt illegale Pharmazeutika: Bellaquesa. Das kann ich beschwören. Vermutlich transportierte er noch andere verbotene Drogen, hier bewege ich mich allerdings im Bereich der Spekulation. Sav Rid Olanek setzt die Ehre Ihres Clans aufs Spiel, die Ehre Ihres Schiffs … von seiner eigenen Ehre ganz zu schweigen.« Sie blickte auf den Mann, der zu ihrer Rechten saß. »Ist es gestattet, dass ich Lady Faaldom bitte zu sprechen – in ihrer Eigenschaft als Heilerin?«
    »Wenn Plemia damit einverstanden ist …«
    Taam neigte sein Haupt. »Plemia ist einverstanden.«
    »Heilerin Faaldom.«
    »Lady Mendoza?«
    »Ich kann fühlen, dass Sav Rid Olaneks Geist krank ist. Wären Sie imstande, sich ein eigenes Urteil zu bilden? Und falls ja, würden Sie uns Ihre Ansichten mitteilen?«
    Die Heilerin