Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 1 - Eine Frage der Ehre V2
dringenden Angelegenheit auf die Dutiful Passage …«
»Unmöglich!«, schnitt der Wachposten ihr ungerührt das Wort ab. »Befehl von Richter Bearmert.«
Das Gesicht der bezopften Dame nahm eine seltsame violette Färbung an, die zu den silbernen Linien, mit denen sie ihre Augen umrahmt hatte, einen gar nicht mal unschönen Kontrast bildete. Nun wandte sich das zweite Individuum an den Wachposten.
»Ich bin Chon Lyle, Sektor-Agent von Trellen’s World. Es ist von höchster Wichtigkeit, dass ich auf das Schiff gelange. Der Korval-Clan repräsentiert Trellen’s World in sämtlichen Belangen des Außenhandels. Eine Anzeige wegen illegaler Praktiken betrifft auch meine Welt; Beschuldigungen dieser Art nehmen wir sehr ernst und gehen jedem Hinweis nach.«
Mr. dea’Gauss’ Miene erhellte sich. Hier hatte eindeutig Korvals Erste Sprecherin die Hand im Spiel. Er trat vor und begrüßte den Wachposten mit einem knappen Kopfnicken, wie es sich ziemte, wenn eine Person von Rang einen einfachen Angestellten zur Kenntnis nahm.
Die Frau maß ihn mit einem gelangweilten Blick. »Sagen Sie bloß, dass Sie auch zur Dutiful Passage hinaufmüssen.«
»Sie haben es erfasst«, erwiderte er in würdevollem Ton. Er griff in seinen Ärmel und hielt der Wachfrau ein dreimal gefaltetes, orangerotes Stück Pergament unter die Nase. »Das ist ein Schriftstück, unterzeichnet von Richter Bearmert, welches mir das Privileg gewährt, mich an Bord der Dutiful Passage zu begeben. Außerdem steht es in meinem Ermessen, mich von beliebig vielen Personen begleiten zu lassen.« Mit einem lässigen Wedeln der Hand deutete er auf die Botschafterin und den Sektor-Agenten. »Diese Herrschaften nehme ich mit. Bitte überprüfen Sie das Dokument, ich bin sehr in Eile.«
Die Frau seufzte und klappte das Pergament auf. Sie überflog die wenigen Zeilen, die daraufstanden, dann studierte sie eingehend den Briefkopf und die Unterschrift. Ohne den Blick von dem Schreiben zu nehmen, löste sie ihr Kommunikationsgerät vom Gürtel, drückte auf einen Knopf und lauschte. Nach einer Weile nickte sie.
»Okay, kleiner Mann«, näselte sie in flapsigem Ton und gab Mr. dea’Gauss das Dokument zurück; der faltete es akkurat wieder an den Knickstellen zusammen und steckte es in den Ärmel seines Gewands zurück. »Sie sind echt.« Dann drehte sie sich um und rief in Richtung der Einstiegsluke: »Heh, Seth! Kundschaft!« Mit selbstgefälliger Miene stellte sie sich wieder in Positur, die Arme unter dem Busen verschränkt, die Beine gespreizt.
Ein hoch gewachsener Terraner mit der Physiognomie einer Ratte tauchte oben an der Rampe auf und warf einen Blick auf die drei Passagiere; erst nach einer ausgiebigen Musterung bequemte er sich, sich vor dem Liaden zu verbeugen. »Ja, Sir?«
Der ältere Liaden entbot ihm den Hauch eines Lächelns und eine Verbeugung – wenn auch nur eine angedeutete. Korval stellte nur Leute von Format ein. Wie es sich gehörte.
»Ich bin Mr. dea’Gauss, kaufmännischer Berater des Korval-Clans. Lord yos’Galan erwartet mich.« Er deutete auf die beiden anderen Personen. »Das sind Botschafterin Grittle von Skansion und Agent Chon Lyle, der die Interessen von Trellen’s World vertritt. Seine Lordschaft wird erfreut sein, sie zu sehn.«
Seth nickte und trat einen Schritt zur Seite. »Willkommen an Bord, Gentlemen, Ma’am. Wir fliegen ab, sobald der Tower den Start freigibt.«
Schiffsjahr 65, Reisetag 147, Dritte Schicht, 15.00 Uhr
D ie Fracht ist versiegelt!« Der größere der beiden Inspektoren drehte sich um und blickte mit einem Seufzer auf den Frachtmeister hinab, ehe er zum neunten Mal wiederholte, dass es ihre Pflicht sei …
»Die Laderäume, die Fracht und die Ausrüstung der Dutiful Passage, registriert in Solcintra, Liad, unter dem Kommando von Captain Shan yos’Galan, Meisterhändler, zu prüfen«, leierte Ken Rik und hob in einer gereizten Geste die Hände. »Ich weiß. Aber ich weiß auch, das die Fracht versiegelt ist. Begreifen Sie denn nicht, was das heißt?« Er legte eine theatralische Pause ein. »Erstens heißt das, dass die zu befördernden Güter von der Agentur an Bord gebracht wurden, welche den Laderaum gemietet hat. Selbige Agentur hat sich davon überzeugt, dass die Unterbringung der Waren zufrieden stellend ist, und danach die Ladeluken versiegelt.
Nun zu Punkt zwei. Die Agentur erwartet laut Vertrag, dass die Fracht immer noch versiegelt ist, wenn sie ihren Bestimmungsort
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