Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 2 - Der Agent und die Söldnerin
waren klein. Ihre hohen Stimmen quietschten, als würden Nägel über eine Schiefertafel gezogen. Es tat in den Ohren weh. Immerzu flitzten sie hierhin und dorthin, nahmen sich weder Zeit für angenehme Dinge noch für das Protokoll. Kein Wunder, dachte Watcher, dass sie so kurz nach ihrer Geburt starben. Sie brachten dem Universum keinen Nutzen, und Watcher betrachtete sie – das Individuum sowie die ganze Spezies – mit einer Mischung aus Faszination und Schaudern, wie jemand, der an einer Spinnenphobie leidet.
Der T’carais hatte ihm noch weitere Instruktionen gegeben, die Watcher jedoch erst dann in die Tat umsetzen konnte, wenn diese Menschen an Bord gekommen waren. Er sollte ihnen den Schiffsantrieb und die Steuerung erklären, und ihnen dabei helfen, den gewünschten Kurs zu setzen. Außerdem sollte er ihnen zeigen, wie sie den Autopilot einstellen mussten, damit das Schiff später wieder zur Lufkit-Prime-Station und Watcher zurückfinden konnte.
Schön und gut. Es würde ihm nicht leichtfallen, sich in der Nähe der Menschen aufzuhalten, wenn er ihnen die Handhabung der Kontrollen beibrachte, aber er war zuversichtlich, dass er es schaffen würde. Darüber hinaus hatte Edger bestimmt -und darin bestand sein größtes Problem –, dass er diese Menschen begleiten sollte, falls sie seine Anwesenheit wünschten.
Watcher sollte mit ihnen fliegen – egal, zu welchem Ziel – und ihnen dienen, wie er gelobt hatte, dem Bruder der Schwester seiner Mutter zu dienen, dem T’carais.
Die Vorstellung, eine gewisse Zeit, vielleicht gar Monate, in menschlicher Gesellschaft zu verbringen, machte Watcher regelrecht krank. Er fühlte sich so elend, dass er ernsthaft mit dem Gedanken spielte, die Luke einfach nicht zu öffnen, als das Signal ihm anzeigte, dass die Passagiere tatsächlich eingetroffen waren. Einzig das Wissen um die Bestrafung, die ihn erwartete, wenn er sich den Wünschen des T’carais widersetzte, hinderte ihn daran, offen zu rebellieren.
Also riss er sich zusammen, schluckte seinen Abscheu hinunter und machte die Luke auf.
Schweigend liefen sie Seite an Seite durch den langen Korridor auf Ebene E.
Als sie den Abwärtstunnel erreichten, stieg Miri als Erste hinein, schwebte hinunter und rollte sich mit einem Salto hinaus. Eine halbe Sekunde später landete Val Con neben ihr; er benutzte den Haltegriff und schien keine Eile zu haben. Als er auf dem federnden Boden aufsetzte, taumelte er, und es dauerte ein Weilchen, bis er die Balance wiederfand.
Miri runzelte die Stirn und schielte ihn aus dem Augenwinkel an, als sie ihren Weg fortsetzten.
Sie fand, er sah schlecht aus. Die goldfarbene Haut spannte sich über seinen Wangenknochen, und die Augen lagen tief eingesunken in den Höhlen. Um die Mundwinkel hatten sich kleine Falten eingekerbt, und er ließ die Schultern ein wenig hängen.
»Geht es dir nicht gut?« Sie sprach zum ersten Mal, seit sie die Söldnertruppe verlassen hatten.
Er bedachte sie mit einem durchdringenden Blick. »Ich bin müde, das ist alles.«
Ich bin sehr müde, korrigierte er sich in Gedanken und strengte sich an, mit ihr Schritt zu halten. Nun, sie hatten nicht mehr weit zu gehen, und dann musste er sich nur noch kurz mit Watcher, dem Hüter des Raumschiffs, unterhalten, ehe er sich ausruhen konnte – ausruhen musste. Es war sehr wichtig, dass er seine alte Spannkraft wiedergewann … Er zwang sich dazu, seine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken, um das bisschen Energie, das ihm geblieben war, nicht durch müßige Grübeleien aufzubrauchen.
Plötzlich hob er eine Hand und deutete in eine bestimmte Richtung.
»Da ist es.«
»Los!« Gemeinsam glitten sie in den Eingangstunnel. »Wie heißt der Bursche, der Bordwache schiebt?«
»Watcher, nannte Edger ihn. Er ist der Hüter des Raumschiffs.«
»Und er ist die ganze Zeit allein dort?«, wunderte sie sich.
Val Con zuckte die Achseln. »Offenbar genügt das. Im Übrigen bin ich ihm noch nie begegnet.«
»Oh.«
Dann standen sie vor der Luke, und der Signalmechanismus saß direkt in der Mitte. Val Con streckte den Arm nach oben und drückte darauf; er konnte sich kaum noch auf den Beinen halten und kämpfte gegen den Wunsch an, sich gegen das dunkle Kristall der Lukenwand zu lehnen.
Die Zeit verstrich. Miri langte an ihm vorbei und schlug mit der Hand noch einmal auf den Melder. »Vielleicht schläft er«, mutmaßte sie.
Dann hob sich langsam die Luke.
Als die Öffnung breit genug für sie war, schlüpften sie
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