Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 2 - Der Agent und die Söldnerin
Er verbeugte sich. »Wenn ich das Ende des Tunnels erreichte habe, gebe ich Ihnen ein Signal. Dann drücken Sie auf die blaue Scheibe, wie ich es Ihnen gezeigt habe, und die Reise beginnt.«
Val Con nickte; er übersah Miris hilfreich dargebotene Hand, weil er sich nicht auf sie stützen wollte. »Ich bitte dich sehr, dich so schnell wie möglich ans Ende des Tunnels zu begeben. Denn in spätestens fünf Standardminuten müssen wir starten.«
Abermals flammte in Watcher Empörung auf, doch dieses Gefühl war schwächer als die Erleichterung, die er empfand. Sie hatten in der Tat nicht gefragt, ob er mit ihnen kommen würde. Also brauchte er diesen Kreaturen doch nicht zu dienen! Er musste nur in dem dämmrigen, ruhigen Korridor ausharren, mit gelegentlichen Ausflügen, um sich Proviant zu verschaffen, und darauf warten, dass das Schiff zu ihm zurückkehrte. Angesichts dieser Gnade, die das Schicksal ihm gewährte, konnte er das rüde Auftreten dieser Weichlinge ertragen.
»Ich werde tun, was Sie von mir verlangen.« Ohne weitere Formalitäten drehte er sich um und verließ den Kontrollraum.
Eine Minute später hörte Miri, wie die Einstiegsluke zuerst hochglitt und dann wieder zuklappte. Sie sah Val Con an, der leicht taumelnd vor der Konsole stand und auf die blaue Scheibe starrte.
»Sag mal, Boss, bist du von allen guten Geistern verlassen? Ich brauche Edgers Protektion nicht. Du hast doch ausgerechnet, dass die Überlebenschancen für uns beide gleich hoch sind, oder erinnerst du dich nicht mehr?«
»Miri …« Seine Stimme erstarb; er blickte sie nicht an.
Sie ging zur nächsten Bank und setzte sich. »Halt den Mund!«, sprach sie für ihn den Satz zu Ende. »Jawohl, Sir!«
Eine Sektion der Konsole leuchtete auf; Val Con hob eine Hand, legte sie auf die blaue Scheibe und drückte fest zu.
Die Sterne in dem Navigationstank verschwanden.
»So schnell?«, wunderte sich Miri. »Vielleicht meinte er nicht drei Wochen, sondern drei Stunden!«
Costello rollte sich aus dem Abwärtstunnel und eilte durch die Ebene F; er rannte nicht, aber er schlug ein flottes Tempo an.
Turtles, um Panths willen! Als wäre es nicht schon genug, dass er sich mit einem Haufen Söldner hatte herumschlagen müssen, jetzt sollte er auch noch mit Turtles verhandeln. In beiden Fällen waren Diskussionen so gut wie zwecklos. Nun ja, er wurde stundenweise bezahlt, und heute Nacht würde er bestimmt jede Menge Überstunden herausschinden. Vielleicht konnte er sogar Gefahrenzulage einfordern.
Eine ziemlich große, grüne Gestalt kam gerade durch den Ausgang von Tunnel Nummer 327. Costello legte einen Zahn zu. Das grüne Wesen fingerte an den Türkontrollen herum und drückte auf einen Schalter. Costello fing an zu rennen.
»Hey, du da!«
Der Turtle drehte sich nicht um. Stattdessen legte er seinen Kopf gegen die Tunneltür und stand reglos da, wie jemand, der nach längerer Zeit in Gefangenschaft endlich wieder die Freiheit genießt.
Keuchend kam Costello an und legte eine Hand auf Watchers Arm. »Hey!«
Watcher öffnete die Augen. Als er die ekelhafte, missgebildete Hand auf seinem Arm sah, wirbelte er herum, um den Urheber dieser Dreistigkeit anzusehen.
Costello hob beide Hände und spreizte die Finger in einer beschwichtigenden Geste. »Hey, tut mir leid. War ja nicht böse gemeint. Aber ich suche zwei Freunde von mir. Ich dachte, du hättest sie vielleicht gesehen.« Erwartungsvoll hielt er inne, doch der Turtle starrte nur angewidert auf seine Hände.
»Junge Leute«, legte Costello nach. »Der Bursche ist ungefähr zwanzig, fünfundzwanzig Standardjahre alt; dunkelbraunes Haar, grüne Augen, schlank. Das Mädchen, ein hübsches kleines Ding, muss so um die achtzehn, höchstens zwanzig sein; rotes Haar, graue Augen. Ich dachte, du hättest sie vielleicht gesehen«, wiederholte er.
Watcher gab keine Antwort.
Costello beschloss, eine härtere Gangart anzuschlagen. »Pass mal auf, du!«, knurrte er, rückte näher an Watcher heran und stach mit dem Zeigefinger auf ihn ein. »Ich weiß genau, dass du was zu verbergen hast. Es nützt dir gar nichts, wenn du hier den Taubstummen mimst. Denn es gibt Mittel und Wege, um Typen wie dich zum Sprechen zu bringen, hast du kapiert? Wenn du mir nicht auf der Stelle sagst, wo die beiden …«
Das war zu viel! Alles war zu viel! An einem einzigen Tag hatte er so viel Empörung, Angst und Elend gespürt, dass es ihm reichte! Und jetzt noch diese viel zu kleine Hand mit den überzähligen
Weitere Kostenlose Bücher