Leerer Kuehlschrank volle Windeln
automatisch schlendere und schwinge und tänzelnd von einem Bein aufs andere hüpfe. Es ist zu einem Automatismus geworden.
Das Hauptproblem ist: Sobald unsere Tochter auch nur eine kleine Winkelveränderung oder einen Stillstand wahrnimmt oder in einen liegenden Zustand gebracht wird, startet der Eurofighter mit voller Kraft durch. Dasselbe Theater, wenn wir uns hinsetzen, sie aber in aufrechter Position bleibt. Das rafft sie sofort. Selbst wenn sie ihre Augen geschlossen hat: »Wat is nu los? Keine Bewegung mehr? Ich glaub, ich spinne. Los, weiterschaukeln! Sonst werfe ich gleich wieder die Triebwerke an!«
Es besteht also keine Möglichkeit, sie schlummernderweise vom Einschlafen an der Schulter bis ins Bett zu bringen. Dann dauert es keine zwei Sekunden und der Bewegungsmelder tut sein Bestes: »Achtung, Achtung! Starke Veränderung der Position! Kein zweiter Herzschlag mehr spürbar! Deutliche Temperaturabsenkung! Kuschelfaktor gestört. Alle Mann auf Gefechtsstation!«
Die Wunderwaffe zum abendlichen Einschlafen heißt BRUST . Wenn sich also Christin unseren Nachwuchs auf der Bettkante sitzend zur Brust nimmt, funktioniert Johanna so einfach wie ein USB-Stick: Andocken, 120 ml-Milchdownload – und nach einer bestimmten Zeit ist die volle Kapazität erreicht, wenn der USB Stick … äh … unsere Tochter im Arm liegend einschläft. Jetzt muss sie nur noch den halben Meter bis zum eigenen Bettchen getragen werden und es ist Ruhe im Karton.
Soweit die Theorie.
Praktisch funktioniert das nur in rund einem Drittel der Versuche. In den anderen 66,66 Prozent der Fälle passiert Folgendes: Johanna schlummert zufrieden vor sich hin, der Download ist abgeschlossen. Jetzt muss noch der »Babystick« entfernt werden. Dazu zieht Mutterschiff Christin ganz vorsichtig die Brustwarze aus dem Mund und … Die Augen öffnen sich. Urplötzlich und extrem weit. Ihr Blick scheint zu sagen: »Ey, das war doch jetzt wohl ein Scherz, oder? Steck das Ding wieder rein! Sofort! Sonst gibt’s einen Satz warme Ohren. Also los! ZZ : Ziemlich zügig!«
Wenn meine Liebste nicht schnell genug ist, steht sie wieder mitten auf der Düsenjet-Startbahn. Mit etwas Glück funktioniert das Abstöpseln des sensiblen Emotionsträgers im dritten Durchgang.
Johanna hat uns und unser Leben uneingeschränkt im Griff. Früher ging ich oft ins Kino. Ich liebe Filme, bin ein leidenschaftlicher Cineast und habe mir über dreißig Streifen pro Jahr auf Großbildleinwand angesehen. Dass sich die Kinogeherei mit einem Baby einschränkt, war mir bewusst. Aber momentan muss ich bangen, dass ich filmtechnisch so ende wie meine Eltern. Wenn man sie fragen würde, wann sie das letzte Mal im Kino waren, wüssten sie darauf keine Antwort. Außer vielleicht: »Mal nachdenken … war das vor oder nach dem Mauerfall?«
Nun, ich weiß dafür punktgenau, wann meine Eltern letztmalig im Kino waren. Denn ich war dabei. Der Film hieß »Dirty Dancing«. Und nun – ein Vierteljahrhundert später – sind für mich offenbar selbst DVD -Abende nicht mehr möglich. Also … sie sind schon möglich, aber etwas … wie soll ich sagen … kurios im Verlauf.
Ein 90-Minuten-Werk dauert bei uns durchschnittlich 270 Minuten. Spätestens zehn Minuten nach Filmstart wird unser Baby wach. Und wieder kreist ein Eurofighter um unsere Ohren. Da wir uns dabei weder auf den Film konzentrieren können, noch irgendein Wort daraus verstehen, drücken wir die Pause-Taste. Nach einer guten Viertelstunde ist der Jet gelandet und wir können weitergucken – bis zur nächsten Schrei-Unterbrechung. Meist sind die Pausen länger als der Film dazwischen. Also im Prinzip wie das Verhältnis des Filmanteils zur Werbung bei Privatsendern. So gesehen keine große Umstellung.
Bei so vielen Breaks ist es ziemlich schwierig im Stoff zu bleiben, denn nicht selten zieht sich ein Film über mehrere Tage, bis hin zu einer Woche. Da fragen wir uns freitags, wie die Handlung am letzten Wochenende begann.
Manchmal haben wir jedoch Glück, und der kleine Krachmacher bleibt überraschend im Hangar. So kommt es vor, dass ein Film sogar mal ohne Unterbrechung vom Anfang bis zum Ende durchläuft. Nun könnte man meinen: Herzlichen Glückwunsch! Klappt doch! Doch vom Film bekommen wir trotzdem kaum etwas mit – bis auf die erste Viertelstunde. Denn spätestens dann sind Mama und Papa kollektiv auf dem Sofa eingeschlafen. Samstagabend, kurz vor 21 Uhr!
DES KAISERS ALTE LIEDER
Für meine Frau ist die Zeit in
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