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Leerer Kuehlschrank volle Windeln

Leerer Kuehlschrank volle Windeln

Titel: Leerer Kuehlschrank volle Windeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario D Richardt
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einzigen Kontakte zum Kind. Christin hingegen hat die ganze »Arbeit« und spielt tagein tagaus Schwerlasttransporter. Heute ist sie schon wieder stundenlang durch die Wohnung gewirbelt. Wenn ich sage, sie solle ein bisschen ruhiger machen, bekomme ich zu hören: »Ich bin schwanger und nicht krank!«
    Durch ihre Arbeit ist Christin schon immer fit wie ein Turnschuh, und zwar wie ein richtig guter Turnschuh, der alles kann und für alles geeignet ist: Laufen, Springen, Basketball spielen und was weiß ich.
    Während der ganzen Zeit habe ich sie nie beim Jammern erlebt. Oder … Sekunde … Doch! In den letzten Wochen regt sie sich über die Schlafposition auf. Sie ist ein Bauchschläfer. Doch die Bauchlage ist seit einigen Monaten tabu. Wenn sie es versuchen würde, wäre sie eine lebendige Wippe. Unser Baby bringt also ihre ganzen Schlafgewohnheiten durcheinander. An diesen Gedanken sollten wir uns wohl gewöhnen, auch wenn später kein dicker Bauch mehr die Ursache für Schlafprobleme sein wird.
    Zurück ins Heute, zu unserem ersten Hochzeitstag. Wir genießen unser Menü und lassen unsere gemeinsamen dreieinhalb Jahre Revue passieren. Ein wunderbarer erster Hochzeitstag.
    »Fertig mit dem Essen. Dann kann ja jetzt unsere Tochter kommen«, unke ich.
    »Eigentlich wäre sie heute auch dran. Aber sie fühlt sich offensichtlich noch wohl in meinem Bauch«, antwortet Christin.
    »Wir können froh sein, dass sie sich nicht an den Termin hält. So feiern wir künftig nicht Hochzeitstag und Kindergeburtstag an einem Tag.«
    »Trotzdem, ich glaube, es dauert nicht mehr lange.«
    »Na hoffentlich kommt sie nicht in der Nacht. Du weißt, wie schwer ich wachzukriegen bin«, spaße ich.
    Wir fahren nach Hause und lassen den Abend in Ruhe ausklingen. Unser Nachwuchs spielt noch ein bisschen Karate-Kid im Bauch. Alles ganz normal. Das wird wohl noch ein paar Tage dauern, bis sie einen Ausbruchsversuch unternimmt.
    Mitten in der Nacht bebt die Erde. So stark, dass ich im Bett durchgeschüttelt werde. Mein Körper wackelt – und das Beben wird immer heftiger. Erschrocken schnelle ich nach oben.
    »Christin! Erdbeben! Raus hier!«, rufe ich.
    »Nix Erdbeben. Ich habe dich nur angestupst. Ich glaube, es geht los!«
    »Was geht los? Das Erdbeben?«, frage ich schlaftrunken.
    »Ach Quatsch! Ich glaube, meine Fruchtblase ist geplatzt.«
    » WAAAAAAASSSSSS? «
    Ich reiße meine Augen weit auf, knipse das Licht an und blicke auf die Uhr. Es ist dreiviertel drei. Für die Leserinnen und Leser aus den gebrauchten Bundesländern: Viertel vor drei. Oder noch präziser: 2 Uhr 45. Dennoch bin ich mit einem Mal hellwach. Jetzt muss ich hundertprozentig da sein und meinen Aufgaben gerecht werden. Aber was sind noch mal meine Aufgaben? ... einen kühlen Kopf bewahren und möglichst strukturiert agieren! Aber was machen wir jetzt? Vielleicht hat Christin besser als ich beim Geburtsvorbereitungskurs aufgepasst. Deshalb reiche ich die Frage gleich mal weiter: »Was machen wir jetzt?«
    »Wehen habe ich noch keine. Also erst mal abwarten. Ich gehe in Ruhe duschen, dann sehen wir weiter.«
    Zu zweit tapsen wir ins Badezimmer. Ich weiche ihr keinen Augenblick von der Seite. Es könnte ja sein, dass das Kind urplötzlich herausgeflutscht kommt. Dann kann ich beherzt zugreifen und es auffangen. Während wir laufen, macht es fortwährend schwipp und schwapp und plitsch und platsch. Ich weiß; kindische Wortwahl. Aber wie soll ich es anders beschreiben?
    Bevor sie unter die Dusche springt, putzen wir uns die Zähne und dabei landen immer neue Wasserschwalle auf den Fliesen. Die Situation ist so surreal und komisch, dass wir lachen müssen. Das Lachen wiederum sorgt für weitere Wasserfälle. Ein Teufelskreis. Neun Monate fiebern wir diesem Augenblick entgegen, dann gibt es tatsächlich das Startzeichen – und wir müssen darüber lachen.
    Um 3 Uhr 45 sind wir so weit. Christin hat mittlerweile Wehen. Wir machen uns auf den Weg in die Klinik. Die haben wir uns vorher natürlich genau angesehen. Es war wie bei einem Vorstellungsgespräch. Oder bei einem Casting: Auf der Suche nach dem Superkrankenhaus. Mit rund achtzehn anderen Jurymitgliedern marschierten wir durch die Räumlichkeiten. Auf den Gängen der Geburtsstation gab eine Hebamme ihr Bestes, um uns zu überzeugen. Jeder Raum wurde akribisch unter die Lupe genommen – und der Hebamme wurden Löcher in den Bauch gefragt. Eine Schwangere und ihre offenbar beste Freundin, die sie als Begleitung dabei

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