Leg dein Herz in meine Haende
gelehrt, niemandem zu vertrauen.«
»Auch deiner Freundin Grace nicht?«
»O doch, ihr vertraue ich natürlich!«
»Und Rebecca?«
»Ich kenne sie nicht gut, aber ich glaube schon, dass ich ihr vertrauen könnte. Sie war sehr nett zu mir und Caleb.«
»Ihr drei wart sehr loyal zueinander.«
»Keine von ihnen hat je den Verdacht geäußert, dass Caleb ein uneheliches Kind sein könnte«, berichtete sie. »Wenn ich mit Grace nach Denver fahre, werde ich mich dort als Witwe ausgeben. Ich glaube, das wird für uns alle das Beste sein.«
»Eine Lüge würde nur zu weiteren Lügen führen«, sagte er. »Bedenk doch nur, in was für schreckliche Schwierigkeiten ihr euch gebracht habt, als ihr in dieser Zeugensache gelogen habt. Wenn ihr alle drei von Anfang an die Wahrheit gesagt hättet, bevor der Reporter euch auf die Titelseite brachte, wäre euer Leben jetzt erheblich einfacher. Der Richter hätte nie verlangt, dich, Grace und Rebecca nach
Blackwater zu bringen, und wahrscheinlich wärst du inzwischen längst mit Grace in Denver.«
»Ich habe dir gesagt, dass ich die Zeugin bin«, erinnerte sie ihn. »Grace und Rebecca fahren auch nach Blackwater?«
»Sie sind schon unterwegs.«
Sie war fassungslos. »Warum hast du mir das nicht schon früher erzählt?«
»Weil du genug andere Sorgen hattest, als du die schwere Entscheidung treffen musstest, deinen Sohn zurückzulassen«, antwortete er.
»Warum will dieser Richter uns alle drei sehen? Ich habe dir doch gesagt, dass ich die Zeugin bin.«
»Ja, aber das haben deine Freundinnen auch behauptet.«
»Aber das ist doch ausgeschlossen!«, rief sie.
»Ihr habt uns alle drei erzählt, ihr hättet euch unter jenem Schreibtisch in der Bank verborgen.«
»Nein.«
»Doch«, entgegnete er.
»Kein Wunder, dass du mir nicht glaubtest! Du hast nicht einmal zugehört, als ich dir erzählen wollte, was ich in der Bank gesehen habe. Ich habe wirklich versucht, es dir zu sagen, Cole.«
»Ich wollte keine weiteren Lügen hören.«
Sie holte tief Luft und bemühte sich, nicht ärgerlich zu werden, denn schließlich hatte er allen Grund, an ihr zu zweifeln. Sie war nicht immer aufrichtig zu ihm gewesen.
»Warum sollten Rebecca und Grace aussagen, sie wären dagewesen?«
»Verrate du es mir.«
Sie dachte eine Weile nach, bevor sie eine Vermutung äußerte. »Grace glaubt wahrscheinlich, dass sie mich beschützen muss ... Sie weiß, dass ich es auch für sie tun würde. Aber ich verstehe nicht, warum Rebecca lügen sollte.«
»Sie lügt nicht, Jessie. Sie ist unsere Zeugin. Und jetzt schlaf. Ich bin müde und nicht in der Stimmung für lange Diskussionen.«
Jessica legte sich hin und drehte sich auf die Seite, um ins Feuer schauen zu können. Tausend Fragen gingen ihr durch den Kopf. Cole schien sich absolut sicher zu sein, dass Rebecca die wahre Augenzeugin war, und Jessica konnte einfach nicht verstehen, woher er diese Überzeugung nahm.
»Cole?«
»Was ist denn jetzt schon wieder?«
»Ich habe den Mann auf dem Dach in Rockford Falls gesehen ... Du weißt schon, diesen Heckenschützen, der Mr York erschossen hat...«
»Ja, ich weiß. Was ist mit ihm?«
»Ich hatte ihn schon vorher schon einmal gesehen und habe ihn sofort wieder erkannt.«
Er stieß einen müden Seufzer aus. »Und wo hast du ihn zuvor gesehen?«
»In der Bank. Sein Name ist Johnson, Mr Johnson. Ich habe gesehen, wie er diese unschuldigen Leute in der Bank erschossen hat.«
30
Jessica erzählte ihm alles. Sie erinnerte sich an jedes Wort, das gefallen war, jedes Lachen, jeden Schrei. Als sie Cole den korrekten Verlauf der Ereignisse beschrieb, angefangen von ihrem losen Schnürsenkel, vergoss sie nicht eine einzige Träne und blieb ganz ruhig. Zu ruhig, dachte Cole, denn nicht die kleinste Emotion klang in ihrer leisen Stimme mit. Er stellte ihr keine Fragen, und als sie ihren Bericht beendet hatte, stand sie auf und ging zum Teich hinüber.
Er wusste nicht, ob sie allein sein wollte oder nicht, aber es kümmerte ihn auch nicht, weil er gar nicht anders konnte, als ihr nachzugehen. Sie stand mit steifen Schultern am Rand des Teichs, die Arme vor der Brust verschränkt, und als er versuchte, sie an sich zu ziehen, wich sie vor ihm zurück.
»Lass das.«
Ohne ihren Einwand zu beachten, trat er vor sie hin, bis sie das Wasser nicht mehr sehen konnte, und zog sie in die Arme.
»Du brauchst mich nicht zu trösten«, sagte sie ärgerlich, und es war das erste Mal, seit sie ihm die Wahrheit
Weitere Kostenlose Bücher