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Leg dein Herz in meine Haende

Titel: Leg dein Herz in meine Haende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Garwood
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des Dachs hinüber. Die Äste des alten Nussbaums waren dort niedriger und leichter zu erreichen.
    »Caleb war nicht bei Tilly. Verschwinde hier!«, schrie Daniel. »Das Dach stürzt ein.«
    Doch Cole ignorierte die Warnung - und wandte sich zu dem Fenster, das Jessica ihm gezeigt hatte. Flammen leckten bereits zischend durch die Öffnung, aber die Furcht verlieh ihm ungeahnte Kräfte. Er hatte solche Angst um den kleinen Jungen, dass er ohne das geringste Zögern Daniels Beispiel folgte und sich kopfüber in das brennende Zimmer stürzte.
    Er war erstaunt, dass der Boden noch intakt war. Er landete hart auf der rechten Schulter, rollte sich herum und stand rasch auf. Eine dichte Rauchwand stieß ihn wieder auf die Knie zurück. Asche rieselte auf sein Gesicht und seine Wimpern. Seine Augen brannten so stark, dass er nicht sehen konnte, wo er war, nicht atmen konnte und das Gefühl hatte, in der Hitze zu zerschmelzen. Er ließ sich auf den Boden fallen und sog tief die dort noch einigermaßen atembare Luft ein. Dann begann er langsam auf dem Bauch voranzukriechen. Es waren noch fast zehn Zentimeter gute, saubere Luft zwischen den Dielen und dem dichten, todbringenden Rauch. Nachdem er einen weiteren tiefen Atemzug getan hatte, schrie er Calebs Namen.
    Der Klang seiner Stimme ging in dem lärmenden Inferno verloren. Langsam kroch er weiter. Er konnte nichts sehen, hoffte aber, auf einen Kleiderschrank zu stoßen. Es gab in jedem Schlafzimmer einen, und er wusste, dass seine kleine Schwester sich darin verborgen hatte, wenn sie sich vor irgendetwas gefürchtet hatte. Er betete zu Gott, dass Caleb es ebenfalls getan hatte.
    Das Bett war die zweite Möglichkeit. Als er seitlich gegen die Kopfleiste stieß, legte er sich flach auf den Boden, griff unter das Bett und bewegte seine Hand in einem weiten Halbkreis hin und her.
    Sie traf auf keinen Widerstand.
    Mit jeder Sekunde, die verstrich, war das Baby dem Tod ein Stückchen näher. Cole betete im Stillen und flehte Gott um Hilfe an, als er noch einmal weit die Hand ausstreckte und über den Boden gleiten ließ. Er wollte sie gerade zurückziehen, als Caleb plötzlich nach ihr griff.
    Aber genauso schnell ließ der Kleine sie wieder los. Cole quetschte seine Schulter unter den Bettrahmen, hob ihn an und griff nach Caleb. Das Baby kauerte unter der Kopfleiste. Cole ertastete sein Bein und zog daran.
    Er konnte Caleb wimmern und schmatzen hören. Offenbar nuckelte der Kleine an seinem Daumen, und Cole dachte, dass es die wundervollsten Geräusche waren, die er je vernommen hatte, weil sie bedeuteten, dass das Kind noch lebte.
    Als er Caleb endlich weit genug herangezogen hatte, nahm er ihn auf die Arme und erhob sich auf die Knie. Caleb zappelte und versuchte, seine Stoffpuppe vom Boden aufzuheben. Eine gelbe Stichflamme zuckte zwischen den Dielenbrettern auf, als Cole Caleb zurückzog.
    »Lass uns machen, dass wir fortkommen«, flüsterte er dem Kleinen zu.
    Er wollte Caleb in eine der Bettdecken wickeln, aber als er danach griff, sah er den Funkenregen, der vom Dach darauf herabsank. Die Decke entzündete sich sofort und begann zu brennen. In seiner Verzweiflung drückte Cole Calebs Kopf an seine Brust, schlang die Arme um ihn und beugte sich nach vorn, in der Hoffnung, das Kind mit seinem eigenen Körper vor dem Rauch zu schützen.
    Ihm war klar, dass ihm nur noch wenige Sekunden blieben, um ins Freie zu kommen. Das Zimmer würde jeden Augenblick in Flammen aufgehen. Die Dielen glühten schon, und der Funkenregen, der vom Dach herunterkam, wurde immer heftiger.
    Und dann begannen sich plötzlich die Wände zu bewegen, als erwachten sie zum Leben. Sie schoben sich vor und verhielten schwankend; dann glitten sie mit einem unheimlichen Zischen wieder zurück, um sich gleich darauf erneut nach vorn zu drängen. Es war das Unheimlichste, was Cole je gesehen hatte. Er konnte das Herz des Feuers hinter diesen Wänden schlagen hören. Es pulsierte und pochte, während es alle Luft verschlang, die es nur finden konnte.
    Cole hockte sich auf den Boden und atmete tief ein, erhob sich wieder und lief auf das Fenster zu. Aber das Ungeheuer verfolgte ihn. Er hörte ein Krachen hinter sich, fühlte, wie sich der Dielenboden unter ihm bewegte, und sprang durch die Öffnung, als der Boden unter ihm zusammenbrach. Die Zimmerwände explodierten einen Herzschlag später. Glassplitter und brennende Holzstücke flogen aus dem Fenster. Die Kraft der Explosion warf Cole nach vorn, aber er

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