Leg dein Herz in meine Haende
mit Komplimenten zu verdrehen, die nicht wahr waren. Sie war keine gut aussehende Frau, wie er behauptet hatte. Sie fand sich selbst eher unscheinbar.
»Warum hast du nie geheiratet?«, fragte sie.
»Weil ich es nie wollte«, erwiderte er. »Und in meinem Beruf heiratet man sowieso nicht.«
»Aber warum hast du es nie gewollt?«, beharrte sie.
»Weil ich mich nicht binden will. Ich will keine Verpflichtungen eingehen.«
Sie nickte zustimmend. »Ich verstehe. Das will ich auch nicht.«
»Du bist noch viel zu jung für eine solche Einstellung.«
»Willst du damit sagen, ich sei zynisch? Denn das bin ich, weißt du?«
»Der richtige Mann wird deine Einstellung schon ändern«, prophezeite er.
»Und die richtige Frau die deine«, versetzte sie.
Er starrte sie einen Moment lang an und richtete den Blick dann auf das Feuer. Ein düsterer Ausdruck, der sie sehr verwirrte, prägte seine Züge, und sie fragte sich, was er jetzt wohl denken mochte.
Sie stand auf, um ihre Bürste einzupacken, suchte in ihren Satteltaschen nach einem ihrer Haarbänder und setzte sich auf die Decke neben Caleb.
»Ich werde Calebs Handgelenk an meinem festbinden«, erklärte sie. »Dann weckt er mich, falls er versuchen sollte aufzustehen.«
»Das ist nicht nötig, Jessie. Ich werde ihn schon hören, falls er erwacht.«
Sie war nicht bereit, das Risiko einzugehen. Schweigend schlang sie das gelbe Band um Calebs linkes Handgelenk und befestigte es an ihrem. Dann legte sie sich hin und schloss die Augen.
»Ich werde keine Ruhe finden vor lauter Sorge um mein Baby ...«
Keine zwei Minuten später war sie eingeschlafen. Cole legte noch ein wenig Holz nach und löste dann vorsichtig das Band um Calebs Handgelenk. Jessica hatte einen ziemlich großen Spielraum zwischen ihnen gelassen, aber Cole befürchtete, dass der Junge sich das lange Band im Schlaf um den Hals wickeln und ersticken könnte. Das war ein Risiko, das er nicht eingehen konnte. Außerdem würde er Caleb hören, falls er aufwachte. Wenn Cole nicht daheim auf seiner Ranch war, schlief er nie sehr fest. Er hörte alles, was um ihn herum vorging.
Jessica seufzte im Schlaf und drehte sich zu ihm herum. Lange betrachtete er ihr bezauberndes Gesicht und wusste plötzlich tief in seinem Innersten, dass sie die richtige Frau für ihn gewesen wäre - falls eine solche überhaupt existierte -, und das war eine Erkenntnis, die ihn sehr ver-stimmte. Denn sie machte alles nur noch schwieriger, und er hasste Schwierigkeiten.
Er streckte sich wieder auf dem Rücken aus, schloss die Augen und ließ die kühle Nachtluft das Feuer in ihm lindern, während er sich seine wichtigsten Prinzipien ins Gedächtnis rief.
Keine Bindungen. Keine Verpflichtungen.
25
Sheriff Tom Norton und Josey, seine Frau, lebten in einem zweistöckigen, grau getünchten Haus auf Grant Lane, nur zwei Blocks entfernt vom Marktplatz, an dem Toms Büro und das Gefängnis lagen. Drei steinerne Stufen führten zur Eingangstür hinauf, und frisch gestrichene schwarze Korbsessel standen auf der Veranda. Zwei große schwarze Blumentöpfe mit roten und weißen Geranien flankierten rechts und links den Eingang. Efeu rankte sich an dem kleinen, aber sehr, sehr hübschen Haus empor.
Es war schon dunkel, aber Cole bestand darauf, zur Hintertür zu gehen. Er trug auf dem einen Arm das Baby, und mit der anderen Hand zog er Jessica mit in den Garten.
»Sie sind doch sicher schon im Bett. Es ist schon spät.«
»Es ist noch nicht spät«, widersprach er. »Und sie hätten nicht alle Lichter angelassen, wenn sie schon zu Bett gegangen wären. Komm schon, Jessie. Wir müssen jetzt mit ihnen sprechen.«
Sie zerrte an seinem Arm, als er versuchte, sie mitzuziehen.
»Wenn ich diese Leute nicht mag, lasse ich Caleb nicht bei ihnen. Das ist dir doch klar, nicht wahr?«
Cole bemühte sich, geduldig zu sein. »Wie oft haben wir darüber schon gesprochen? Ich habe es dir vor zwei Stunden zum letzten Mal versprochen, nicht?«
»Ich wollte nur nicht, dass du es vergisst.«
Er legte den freien Arm um ihre Schultern und drückte sie einen Moment lang an sich. »Du wirst schon sehen, dass alles so ist, wie ich es dir versprochen habe.«
Er wollte gerade anklopfen, als sie ihn bat, noch einen Augenblick zu warten. Rasch hob sie die Hand, um über Calebs Haar zu streichen, aber der Kleine zog den Kopf zurück und wich ihr aus.
»Bist du so weit?«
Sie atmete tief ein. »Ja«, antwortete sie. »Ich hoffe nur, dass wir nicht stören. Es
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