Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition)
absolut! Ich versteh sogar, dass du mich erschießen wolltest, das war bestimmt bloß die Panik. In Wahrheit hast du das gar nicht gewollt. Deshalb habe ich dich auch nicht angezeigt. Weil ich totales Verständnis für dich habe!«
»D-d-d-d-das h-h-h-h-hast du g-g-g-g-gerade sch-sch-sch-schon m-m-m-mal gesagt, aber ich g-g-g-g-glaube dir n-n-n-n-nicht!«, schrie er.
O Gott. Das Stottern wurde schlimmer. Ob das noch als ausgeprägtes Stresssyndrom durchging oder doch eher eine psychotische Störung war?
»D-d-d-d-du w-w-w-w-warst eins v-v-v-v-von d-d-d-d-den ver-ver-ver-verdammten W-W-W-W-Weibern in der Sch-Sch-Sch-Schule, die m-m-m-m-mich Eu-Eu-Eun…«
Das letzte Wort schaffte er nicht bis zum Ende, denn während er noch mit der letzten Silbe kämpfte, sprang Tobias vor und packte ihn. Mit geübtem Griff bog er die Hand mit der Pistole nach oben und trat dem Frettchen gleichzeitig die Füße weg.
Mit einem scharfen Knall ging die Pistole los. Ich schrie auf und vergewisserte mich mit panischen Blicken, dass Tobias nichts geschehen war; der Schuss war himmelwärts gefahren. Genauer, in Richtung Dach. Und er hatte getroffen! Ein Dachziegel kam in mehreren Brocken herabgesegelt – und das größte Stück erwischte Hannes seitlich am Kopf und streckte ihn zu Boden.
Tobias schnappte sich die Waffe, und ich wollte gerade schon erleichtert aufatmen, als der ersten Dachpfanne weitere folgten. Eine ganze Reihe von ihnen kam heruntergerattert, vom First bis zur Traufe und von dort zur Erde. Das Frettchen entging weiteren schweren Treffern nur um Haaresbreite; Tobias hatte ihn geistesgegenwärtig beim Kragen gepackt und im letzten Moment aus der direkten Schusslinie gezogen.
»So ein Mist«, sagte das Frettchen ächzend, aber völlig stotterfrei. Anscheinend war die schlimmste Anspannung von ihm gewichen.
»Alles in Ordnung?«, fragte Tobias mich besorgt, während er Hannes’ unverletzten Arm fachmännisch auf dessen Rücken bog.
War es das? Ich starrte in stummem Entsetzen nach oben. Für einige angstvolle Sekunden hielt ich die Luft an, doch es kam nichts mehr. Die übrigen Pfannen blieben oben. Das Dach war außer Gefahr. Laut seufzend atmete ich aus.
»Tja, mein Freund«, sagte Tobias zu dem dumpf vor sich hin stöhnenden Frettchen. »Manche Frauen kämpfen halt mit allen Waffen.«
*
BANK-KILLER GEFASST!
Nach zähen Ermittlungen gelang es der Polizei gestern endlich, den seit Monaten flüchtigen Bank-Killer dingfest zu machen. Eine Folge dramatischer Ereignisse führte zur Festnahme des arbeitslosen Buchhalters Hannes Sch. (kl. Foto rechts): Am frühen Abend lauerte der Killer der 3-fachen Mutter Annabell W. (gr. Foto Mitte) in ihrem Vorgarten auf. Doch der psychisch gestörte Täter hatte nicht damit gerechnet, dass die Kripo Annabell W. rund um die Uhr bewachen ließ. Der professionelle Personenschutz zahlte sich aus: Als Hannes Sch. mit gezückter Pistole aus seinem Versteck sprang, schlug die Polizei zu. Der bereits mehrfach für seine Einsätze ausgezeichnete Kommissar Tobias A. (kl. Foto links) entwaffnete Sch. und setzte ihn mit gezielter Nahkampftechnik außer Gefecht.
»Ich habe nur meinen Job gemacht«, wehrt der breitschultrige Beamte bescheiden den Rummel um seinen heldenhaften Rettungseinsatz ab.
In jedem Fall kann Annabell W. nun dank seiner Hilfe wieder ruhig schlafen. Und das gleich in doppelter Hinsicht: Wie DAS BLATT aus zuverlässiger Quelle erfahren hat, sind sich die attraktive Journalistin und der erfahrene Kommissar im Zuge der Ermittlungsarbeiten auch privat nähergekommen.
Lieselotte B., die jugendliche, weit gereiste Mutter von Annabell, verrät mit einem Augenzwinkern: »Ich ahnte es schon, als er meine Tochter nach dem Bankraub im Krankenhaus besucht hat. Sie lag im Bett und hatte so gut wie nichts an. Da ist der Beschützerinstinkt in ihm erwacht. Instinkte sind eine mächtige Sache. Wenn Sie verstehen, was ich meine.«
DAS BLATT wird die Angelegenheit für alle Leser im Auge behalten und weiter berichten.
Trautes Heim, Glück allein
(Sprichwort)
Sechs Wochen später
Der große Tag war gekommen, und ich war ziemlich aufgeregt, obwohl ich es bereits zum dritten Mal erlebte – die Einschulung. Timo war schon um fünf Uhr aufgestanden, hatte sich selbstständig gewaschen, angezogen, gekämmt und seine neue Schultüte bereitgelegt (die schwule Silberflitterversion war gegen eine in Transformer-Optik ausgewechselt worden), und er hatte kaum sein Frühstück heruntergebracht
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