Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition)
stiefelte durch die Küche und hinterließ teerfleckige Fußabdrücke.
Ein anderer Dachdecker tauchte auf. »Ihr Hund hat meinen Sechzehnerschlüssel geschnappt und versteckt.«
Ich ging in den Garten, um danach zu suchen. Er lag in der Sandkiste. Spike rannte bellend hin und her und freute sich, dass ich das Ding gefunden hatte.
Timo saß oben im Baumhaus und beobachtete fasziniert das Geschehen. Am liebsten wäre er zu den Männern aufs Gerüst geklettert und hätte ihnen geholfen, doch ich hatte es ihm streng verboten.
Sophie erschien im Garten, in ihrem Sommerkleidchen langbeinig wie ein Fohlen, das blonde Haar aufgelöst bis zur Taille hängend. Ich konnte nicht anders, als sie hingerissen zu betrachten und mich zu fragen, ob irgendeine Mutter auf dieser großen weiten Welt eine schönere Tochter hatte als ich. Und wie hatte es geschehen können, dass sie schon so groß war? Eben war sie doch noch ein kleines Mädchen gewesen, das mit Barbies gespielt und Glitzer-Sticker gesammelt hatte!
Vom Gerüst kam ein bewundernder Pfiff. Sophie wandte sich nicht um, sie nahm solche Huldigungen kaum noch wahr, es gab davon einfach zu viele.
»Ich brauch dann noch hundertzwanzig Euro für die Fahrschule«, sagte sie. Die Fahrstunden mussten immer im Dreierblock bezahlt werden. Neue gab es erst, wenn die alten abgerechnet waren. »Und nächste Woche sind die Prüfungsgebühren fällig.«
»Kein Problem.« Ich wiederholte es, weil es so gut klang. Und im Zusammenhang mit Geld so ungewohnt. »Wirklich, kein Problem.« Dank Harald Kleinlich hatte ich so viel Plus auf dem Konto wie noch nie. Außerdem war pünktlich das Honorar vom BLATT eingegangen.
Sophie hob schnuppernd die Nase. »Es riecht angebrannt.«
Ich hätte mich nicht so lange draußen aufhalten sollen. Aus der offenen Küchentür drang Rauch.
*
Samstag 04.00 Uhr
Mail von Annabell an Berit
Betreff: Bennys Party
Hallo Süße,
eben sind die letzten Kids und Dachdecker gegangen. Musste ihnen hinterherlaufen und sie daran hindern, noch mehr Strophen von »Oh, wie ist das schön« zu singen, da Frau Hegemann schon zwei Mal angerufen und mit Polizei gedroht hatte. Party aber insgesamt sehr gelungen, alle sehr lustig, und Benny war happy. Pizzabrötchen gingen weg wie warme Semmeln (was sie ja auch waren), sehr gute Idee von Dir, danke für die liebe SMS . Habe eigenhändig Hackfleischsauce gemacht, meine Mutter durfte die Brötchen damit beschmieren, Timo hat Käse drüber gestreut. Musste zwei Bleche mehr backen, wg. Dachdeckern, aber das hatte ich einkalkuliert. Außerdem gab es ja noch Grillwürstchen. Von denen allerdings Dachdecker ebenfalls die Hälfte gegessen haben, kein Wunder, sie haben fast zwölf Stunden geschuftet. Nach Feierabend blieben sie alle noch und tranken zusammen eine Kiste Bier, Benny musste 2x an der Tanke neues holen. Dachdecker haben außerdem im Keller noch Strohrum gefunden, der war noch von Tante Hannelore, wusste gar nicht, dass wir den noch hatten. Jetzt allerdings nicht mehr.
Verbranntes indisches Fingerfood stinkt immer noch aus der Mülltonne, vielleicht hole ich es morgen wieder raus und bringe es als Sondermüll (Gift?) zum Wertstoffhof.
Wetter weiterhin sehr gut, was auch wichtig ist, denn es sollte jetzt möglichst nicht regnen – Dach ist abgedeckt! Alles ging unfassbar schnell! Montag wird schon Dämmung eingebracht. Halt mir die Daumen, dass alles glattgeht!
Lieben Gruß und Kuss,
A., todmüde
P.S. Habe die nächsten Tage kein Auto, Daniel (Freund von Benny) hat ein kaputtes Teil ausgebaut. Leider fährt Auto ohne das Teil nicht. Leihst Du mir stundenweise zum Einkaufen etc. deinen Wagen?
*
In der darauffolgenden Woche verwandelte sich unser Haus in eine Baustelle. Draußen wurde von den Dachdeckern gehämmert und gebohrt, und drinnen hämmerten und bohrten die Installateure. Etliche Männer namens Gronauer schlugen die Wände auf und rissen die Wasserleitungen heraus, und im Keller bauten sie die Sanitäranlagen für das neue Duschbad ein. Wir mussten uns tagelang in der Gästetoilette und in der Küche waschen, duschen ging überhaupt nicht mehr.
Der Lärm war zeitweise unerträglich. Von dem vielen Dreck ganz zu schweigen. Das Putzen hatte ich vorerst eingestellt, es lohnte sich nicht. Kaum hatte man ein paar Schippen Staub und Mörtel entfernt, türmten sich schon wieder neue Berge auf. Ich wartete immer bis in die Abendstunden und fegte dann alles notdürftig zusammen, das feuchte Aufwischen sparte ich
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