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Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition)

Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition)

Titel: Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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mir.
    Am frühen Abend erschien wie verabredet der Dachdecker, Friedrich Jück. »Nennen Sie mich Fritz«, sagte er. »Meine Kunden sind für mich immer wie eine Familie.«
    Fritz Jück war klein und dick und trug einen roten Overall. Auch sein Pritschenwagen war knallrot und hatte den Aufdruck Immer auf Jück , das käme gut bei den Kunden an, sagte Herr Jück, denn gerade Humor sei im Dachdeckergewerbe sehr wichtig, wegen der hohen Preise.
    »Die Leute fallen oft vom Hocker, wenn sie hören, was ein Dach kostet«, sagte er. »Aber nicht bei uns. Unsere Preise sind absolut reell. Deshalb auch der Werbespruch. Er signalisiert Vertrauen und gleichzeitig Humor.«
    Fritz Jück schob seinen voluminösen Körper durch das Dachfenster nach draußen. Er stieg auf die Tritte, die sonst nur der Schornsteinfeger benutzte, machte ein paar Messungen und untersuchte auch die undichten Stellen. »Hm, hm«, machte er, als er wieder reinkam und gegen die Wände klopfte. Er sah sich ebenfalls die zerknitterten alten Baupläne an, machte sich Notizen und nickte schließlich zufrieden. »Wir können übernächste Woche schon mit dem Gerüstbau anfangen. Sobald der Vorschuss bei uns eingeht.«
    Ich atmete kurz durch. Das Dach mitsamt der Dämmung war der größte Posten bei der Sanierung. Die Kosten dafür würden deutlich mehr als ein Viertel der insgesamt zur Verfügung stehenden Summe verschlingen, und dabei machten die Pfannen, die ich mir ausgesucht hatte, noch nicht einmal den Löwenanteil aus. Plötzlich war alles so … real. Und so unfassbar teuer. Doch der Augenblick des Zauderns verging so schnell wie er gekommen war. Bangemachen galt nicht.

Neues Dach bringt Ungemach
    (Kölner Sprichwort; abgewandelt)
    Liebe Frau Wingenfeld,
    nur der guten Ordnung halber möchte ich Ihnen im Namen der Bank mitteilen, dass die bewilligte Kreditsumme umgehend nach Unterzeichnung der vorbereiteten Unterlagen Ihrem Konto gutgeschrieben wird und daher einem zügigen Beginn der von Ihnen in Auftrag gegebenen Baumaßnahmen nichts mehr im Wege steht. Stabile und glückliche Lebensverhältnisse unserer Kunden sind für uns stets oberstes Gebot. Lassen Sie mich abschließend meiner besonderen Freude darüber Ausdruck verleihen, dass Sie sich von dem schlimmen Zwischenfall in unserem Hause wieder gut erholt haben! In Sinne einer weiteren, stets vertrauensvollen Zusammenarbeit verbleibe ich für heute herzlichst, Ihr
    Harald Kleinlich
    Filialleiter
    »Ich habe aber keine Lust, im Hobbykeller zu schlafen«, maulte Benedikt beim Abendessen. Sein Zimmer befand sich wie meines im Dachgeschoss. Wir würden beide für die Dauer der Arbeiten runterziehen müssen, denn während das Dach erneuert wurde, konnte dort oben niemand wohnen. Alle verbleibenden Möbel mussten vollständig mit Folien abgedeckt werden, und danach war vorerst keine Benutzung der oberen Etage mehr möglich.
    Ich würde solange mein Lager im Wohnzimmer aufschlagen, Benedikt blieb der Hobbykeller. Es gab Schlimmeres, fand ich. Der Keller war beheizt, hatte ein Fenster, das auf einen Lichtschacht wies, und war mit einem ordentlichen Bett ausgestattet.
    Hätte meine Mutter nicht das Gästezimmer belegt (das eigentlich mein Arbeitszimmer war, aber da wollte ich nicht so kleinlich sein, schließlich schrieb ich meist auf meinem Laptop, und der war mobil), hätte Benedikt dort schlafen können. Oder ich. So musste einer von uns in den Keller.
    »Du könntest dir höchstens eine Matratze in Timos Zimmer legen«, sagte ich.
    Benedikt schnaubte nur.
    »Du kannst gerne bei mir schlafen«, sagte dagegen Timo bereitwillig. »Du darfst auch lange aufbleiben und Musik hören. Ich mache einfach die Augen zu und störe dich nicht.«
    Benedikts Gesicht wurde weich, er fuhr seinem kleinen Bruder übers Haar. »Lass mal, ich komm schon klar. Aber danke für das Angebot!«
    »Gehen die Bauarbeiter dann auch bei uns aufs Klo?«, mischte Sophie sich ein.
    Darüber hatte ich noch nicht nachgedacht. Männer, die den ganzen Tag am Bau arbeiteten, mussten irgendwann aufs Klo, so viel stand fest. »Kann sein, dass sie es mal benutzen müssen«, sagte ich.
    »Das fände ich total eklig«, sagte Sophie. »Weil sie nämlich garantiert im Stehen pinkeln.«
    In unserem Haushalt herrschte absolutes Stehpinkelverbot. Meine Söhne hatten damit kein Problem, ich hatte sie bereits im Kleinkindalter an die hygienischere Variante herangeführt. Sie waren die gewissenhaftesten Sitzpinkler, die man sich vorstellen konnte.
    »Ich

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