Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition)
hänge ein Schild ans Klo, für den Fall, dass es jemand von ihnen benutzen muss«, versprach ich.
»Apropos hängen, was hängt da eigentlich für ein komisches Poster im Wohnzimmer?«, wollte Sophie wissen.
»Das ist Rock Hudson«, sagte Timo eifrig. »Er hatte was mit Doris Day und war schwul. Aber jetzt ist er tot.«
»Er wertet die Beziehungsecke von Annabell auf«, sagte meine Mutter. »Um das männliche Element in ihr Leben zurückzuholen.«
Alle Augen richteten sich auf mich.
»Welches männliche Element?«, wollte Benedikt argwöhnisch wissen.
Auch meine Tochter musterte mich stirnrunzelnd, als könnte sie in meinen Gedanken erkennen, dass ich den Brief von Harald Kleinlich mindestens fünf Mal gelesen hatte. Sie fragte nichts, aber ihr Blick sprach Bände. Wenn es nach ihr und Benedikt gegangen wäre, dürfte ich ruhig Nonne werden, vorausgesetzt, ich blieb zu Hause und kochte regelmäßig. Ein neuer Mann in meinem Leben – allein die Vorstellung brachte sie auf die Barrikaden. Jemand, der ihre Existenz bedrohte! Ihr angestammtes Recht auf ungeteilte Liebe und Aufmerksamkeit schmälerte! Und dabei wussten sie nur von dem ersten Reinfall. Den hatte ich einmal – ein einziges Mal! – zum Kaffee mit nach Hause gebracht und den Kindern vorgestellt.
Sie hatten ihn angestarrt wie die Schlange das Kaninchen. Mit dem zweiten Typen hatte ich sie vorsorglich gar nicht erst bekannt gemacht, weil ich nach dem ersten Mal fürchtete, sie damit zu verstören. Der derzeitige Status quo – mein Singledasein mit Option auf die Ewigkeit – war in ihren Augen ein idealer Zustand.
»Es gibt kein männliches Element«, sagte ich beruhigend.
»Das wird sich jetzt bald ändern«, erklärte meine Mutter. »Die lebendige Beziehungsecke wird dafür sorgen.« Sie wandte sich an Benedikt und wechselte das Thema. »Ich glaube, ich mache zu deiner Party indisches Fingerfood. Das ist total ungewöhnlich, ganz ausgefallen und trotzdem superlecker. Ich habe schon tolle Rezepte im Internet rausgesucht.«
»Essen die Inder nicht sowieso alles als Fingerfood?«, fragte ich. Mir stand sofort ein Bild vor Augen, wie sich Benedikts zwanzig Freunde um eine Schüssel mit fettigem Inhalt scharten und mit den Händen hineinlangten, weil meine Mutter es zufällig als Fingerfood deklariert hatte. Ich durfte nicht vergessen, vor der Party noch Servietten zu kaufen.
*
Am nächsten Morgen hatte ich den Termin bei der Bank. Zuerst brachte ich Timo in den Kindergarten, dann mich selbst gründlich auf Vordermann. Nach ausgiebigem Einsatz von Lockenstab und Löscher sah ich Veronica Ferres ähnlicher denn je.
Sophie musterte mich, sie hatte zur dritten Stunde Unterricht und kam zum Frühstücken runter, als ich gerade aufbrechen wollte.
»Was hast du vor?«, fragte sie misstrauisch.
»Och, nichts Besonderes«, sagte ich. »Ich gehe nur zur Bank und unterschreibe da noch ein paar Papiere.«
»Und dazu musst du dich so aufrüschen?«
»Ich möchte einen seriösen Eindruck machen«, behauptete ich.
Sie wirkte nicht überzeugt, und ich merkte, wie mir ihre Blicke folgten, als ich auf hohen Hacken das Haus verließ. Bevor ich die Tür hinter mir zuzog, hörte ich meine Mutter zu Sophie sagen: »Das ist halt Feng Shui.«
Harald Kleinlich empfing mich wieder persönlich. In seinem Büro schob er mir diverse Ausfertigungen von Verträgen zu, die ich blindlings unterschrieb, schließlich hatte ich ja die Kurzzusammenfassung des Vertragsinhalts schon im Krankenhaus gründlich studiert und mir von Berit bestätigen lassen, dass es ein Top-Angebot war. Sie hatte einen Cousin, der bei einer anderen Bank arbeitete, und der hatte ihr versichert, dass es derzeit nirgends bessere Konditionen gab.
Ich spürte, wie Harald Kleinlichs Blicke auf mir ruhten. Mir wurde warm. Nein, heiß! Hilfe, kriegte ich gerade einen Schweißausbruch? Ich hatte mich doch nicht etwa zu dick angezogen? Hastig knöpfte ich meinen Blazer auf, während ich Harald Kleinlich die unterzeichneten Papiere zuschob.
»Das Geld sollte diese Woche noch auf Ihrem Konto eingehen«, meinte er.
»Das ist toll!« Ich schielte möglichst unauffällig unter meine Achsel, doch zum Glück hielt mein Deo der Belastung stand.
»Was halten Sie davon, wenn wir noch zusammen einen Kaffee trinken gehen?«, fragte er.
»Ka … Kaffee?«, stotterte ich. (O mein Gott, hatte ich eben Kackafee gesagt?!).
Er nickte freundlich. »Hier in der Nähe gibt es ein nettes Café.«
Ich musste
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