Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition)
Dach dann ja bestimmt fertig gedeckt sei.
Wie das ohne Pfannen möglich sein sollte, sagte sie mir nicht. Ich hatte ja nicht mal mitgekriegt, dass es einen Antrag auf Einstweilige Verfügung gegeben hatte.
»Den kriegst du natürlich noch zugestellt«, sagte Ines. »Im Moment habe ich wahnsinnig viel zu tun. Und wie gesagt, ich habe ja alles Gerichtliche in deinem Sinne geregelt, wozu also dir unnötigen Stress bereiten?«
Ich meinte, schwach herauszuhören, dass schon der Stress reichte, den ich ihr bereitete, weshalb ich mir weitere Fragen versagte und geknickt das Gespräch beendete.
*
Nach diesem frustrierenden Telefonat beschloss ich am nächsten Morgen, mich noch einmal an Harald Kleinlich zu wenden, den Banker der Entrechteten und Entnervten. Sofort nach Erscheinen des BLATT -Artikels hatte er mir eine Mail geschickt, mit der ausdrücklichen Aufforderung, sich jederzeit mit Fragen und Problemen rund um meinen Kredit bei ihm zu melden.
Wir sind immer für unsere Darlehenskunden da und lassen niemanden mit seinen Sorgen im Stich! , hatte er geschrieben. Da ich nun ohne Anwältin dastand, kam dieses Versprechen gerade zur rechten Zeit.
Zum Glück bekam ich gleich einen Gesprächstermin.
Während der Fahrt erhielt ich einen Anruf auf dem Handy. Bevor ich dranging, fuhr ich brav rechts ran. Der zivile Aufpasser folgte mir wie immer in den letzten Tagen in nicht allzu weiter Entfernung, und ich wollte nicht unbedingt dieses ominöse Legalitätsprinzip herausfordern.
»Wingenfeld«, meldete ich mich.
»Frau Wingenfeld, hier ist Marlene Bergström von der Literatur- und Lektoratsagentur Bergström. Wir haben eine sehr gute Nachricht für Sie. Wir haben uns entschieden, Ihr Werk zu vertreten. Ihre Leseprobe hat uns überzeugt.«
Ich geriet sofort in helle Aufregung. Mir war zwar nicht ganz klar, wen sie mit uns meinte, aber wen kümmerte das schon. Schließlich war sie selbst die Chefin der Agentur, das allein zählte.
»Wir haben schon einen Vertrag ausgefertigt und Ihnen übersandt. Als Mailanhang. Sie müssen ihn nur ausdrucken, zwei Mal, und uns beide Exemplare zuschicken. Sie kriegen dann eins davon unterzeichnet zurück.«
»Und wie geht es jetzt weiter?« Ich konnte mein Glück kaum fassen und musste mich anstrengen, gleichmäßig zu atmen.
»Nun, unsere übliche Vorgehensweise besteht darin, dass wir zunächst Ihre Leseprobe umfassend lektorieren und sie dann den Verlagen anbieten, mit denen wir für gewöhnlich zusammenarbeiten.«
»Welche Verlage wären das denn?«
»Ach, da lassen wir uns nicht so gern in die Karten schauen«, sagte Marlene Bergström fröhlich. »Schließlich haben wir ja den Vertrag noch nicht unterzeichnet, nicht wahr? Vorher können wir unsere guten Kontakte nicht einfach preisgeben.«
Da hatte sie auch wieder recht. Was würde mich sonst daran hindern, einfach die Verlage, die sie mir nannte, selbst anzuschreiben und mein Buch dort anzubieten? Es war nur fair, wenn sie sich in dem Punkt absicherte.
»Und wie funktioniert das mit dem Lektorieren?«, erkundigte ich mich vorsichtig. »Ich dachte immer, das sei Aufgabe der Verlage.«
»Das stimmt natürlich. Aber je gründlicher und aufmerksamer die Agentur hier vorarbeitet, desto sicherer kommt es anschließend zum Verlagsvertrag.«
Klar, das war einleuchtend. Tief durchatmend gab ich mich den Glücksgefühlen hin, die mich durchströmten. Ein sicherer Verlagsvertrag! Was war dagegen schon das bisschen Ärger wegen ein paar blöder Dachpfannen!
»Alles Weitere finden Sie dann in den Klauseln unseres Agenturverlags«, sagte Marlene Bergström freundlich.
»Eine Frage hätte ich noch«, sagte ich. »Nur rein vorsorglich: Dieses Lektorat – es kostet mich doch nichts, oder?«
Schweigen.
Sicherheitshalber wiederholte ich die Frage leicht abgewandelt. »Ich muss doch nichts für das Lektorat bezahlen, oder?«
»Wie kommen Sie auf die Idee, dass es kostenlos ist?«, kam es ein wenig spitz zurück.
»Na ja, man hört doch immer … Im Internet…«, stammelte ich.
»Internet, Labernet«, unterbrach mich Marlene Bergström barsch. »Unsere Zeit ist kostbar. Sie ahnen ja nicht, was für ein Müll tagtäglich bei uns landet und welch unfassbarer Aufwand dahinter steckt, diesen Schrott druckfertig zu machen.«
Ich hatte es geahnt. Mein Roman war Schrott. Und Marlenes Agentur auch. Sie knöpfte ahnungslosen Autoren Geld für teure Lektorate ab. Die zweifellos nach Seitenpreisen berechnet wurden. Logisch, dass sie eine
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