Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition)
längere Leseprobe haben wollte. Von nichts kommt nichts.
Ich hörte Marlene Bergström noch eine Weile dabei zu, wie sie vor sich hin zeterte, über gierige Autoren, miese Manuskripte und bescheuerte Internetforen, dann unterbrach ich sie und erklärte niedergeschlagen unsere junge Geschäftsbeziehung für beendet.
*
Dafür war Harald Kleinlich die Freundlichkeit in Person. Seine entgegenkommende Art entschädigte mich ein bisschen für Marlene Bergströms ausbeuterische Biestigkeit. Er hielt mir die Tür auf, schob mir den Stuhl zurecht und ließ mir von seiner Sekretärin einen Cappuccino bringen. »Ich hoffe, ich kann Sie gleich anschließend noch zu einer Kleinigkeit zum Essen einladen«, sagte er. »Hier um die Ecke hat ein neues asiatisches Restaurant aufgemacht, mit einer wirklich hervorragenden, frischen Wokküche.«
Er wollte mit mir essen gehen! Ich war überwältigt, auch von dem Verständnis, das mir aus seinen braunen Augen entgegenstrahlte. Was so ein Treffen mit einem vertrauenswürdigen, einfühlsamen Menschen doch ausmachte! Sofort ging es mir viel besser.
»Leider kann ich heute nicht«, sagte ich mit ehrlichem Bedauern. »Ich bin schon mit meiner Freundin verabredet.«
Er nickte verständnisvoll. »Gute Freunde sind das Wichtigste im Leben. Vielleicht ein andermal.«
»Auf jeden Fall«, stimmte ich sofort zu. Dann schilderte ich ihm in allen Einzelheiten mein neues Dilemma. Abermals nickte er voller Verständnis. »Das ist wirklich arg«, sagte er. »Aber ich glaube, hier können wir zu einer für alle Seiten zufriedenstellenden Übereinkunft kommen.« Er strahlte mich an. »Wir setzen die Tilgung des Kredits einfach für zwei Monate aus. Angesichts der gravierenden Umstände sollte das problemlos vor dem Aufsichtsrat zu vertreten sein.«
»Aussetzen heißt aufschieben, oder?«, vergewisserte ich mich.
Er nickte und blickte mich erwartungsvoll an. Anscheinend fand er, ich solle mich freuen, also tat ich so, als sei ich absolut hin und weg, denn ich hatte das Gefühl, dass ich ihm das schuldete. Auch wenn mir eine vorübergehende Aufschiebung der Zinszahlungen dachmäßig nicht wirklich weiterhalf. Richtig klasse wäre es gewesen, wenn die Bank mir einfach einen Teil des Kredits erlassen und sich das Geld bei Fritz Jück zurückgeholt hätte, schließlich hatte ich es bloß an ihn weitergereicht. Aber vermutlich konnte ich das nicht erwarten.
»Das ist toll«, heuchelte ich Begeisterung. »Ich freu mich wahnsinnig, dass Sie das möglich machen konnten!«
»Und wir freuen uns, wenn wir als Bank Ihres Vertrauens mit vollem Einsatz für Ihre Belange einstehen können.« Er räusperte sich. »Wir haben uns gestattet, das auch gleich als entsprechende Pressemeldung herauszugeben. An DAS BLATT .«
»Oh«, sagte ich. Mir dämmerte, dass vielleicht der gestrige Artikel wieder mal ein schlechtes Licht auf die Bank geworfen hatte und Harald Kleinlich sich jetzt quasi unter dem Druck der Öffentlichkeit ein Entlastungsangebot aus den Rippen geschwitzt hatte.
»Die Pressemeldung war eine gute Idee«, ergänzte ich verlegen. »Alle sollen wissen, was die Bank für mich tut. Einen besseren Kreditgeber kann sich kein Bauherr wünschen.«
»Eine klassische Win-win-Situation«, stimmte er zu.
Klar. Positive Presse für die Bank, Aufschub für mich und gute Unterhaltung für die Massen. Alle hatten was davon. Nur nicht mein Dach. Plötzlich hatte ich Kopfschmerzen. Und ein merkwürdiges Kratzen im Hals. Ich fühlte mich elend.
»Was würden Sie mir denn raten, wie ich jetzt an meine Dachpfannen kommen soll?«, fragte ich.
Er wiegte den Kopf. »Vielleicht können Sie herausfinden, ob die Pfannen noch bei der Firma Jück sind. Falls ja, haben Sie gute Karten, sie herauszuverlangen, schließlich handelt es sich um Ihr Eigentum.«
»Das hat Ines … meine Ex-Anwältin auch gesagt. Aber sie meinte, dass so was dauern kann. Manchmal sogar Monate. Der Insolvenzverwalter muss zuerst eine Bestandsaufnahme machen, ein Inventarverzeichnis erstellen, die Forderungen aller Gläubiger auflisten, und dann erst fängt die Verteilung an. So ähnlich habe ich jedenfalls in Erinnerung, falls ich nicht die Hälfte vergessen habe.«
»Das kommt in etwa hin«, bestätigte Harald Kleinlich.
»Ich habe aber nicht monatelang Zeit«, sagte ich. »Nur bis zum nächsten großen Regen.«
»Hier empfiehlt sich unseres Erachtens eine Maßnahme des Vorläufigen Rechtsschutzes.«
»Was genau muss ich dafür tun?«
»Einen
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