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Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition)

Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition)

Titel: Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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neuen Anwalt beauftragen.«
    »Der würde eine Riesenmenge Geld kosten«, gab ich zu bedenken. Ich hatte eine Idee. »Man könnte vielleicht den Kredit ein kleines bisschen aufstocken, damit ich was für einen neuen Anwalt abzwacken kann.«
    Harald Kleinlich warf den Kopf zurück und lachte schallend. »Sie haben einen so wundervollen Sinn für Humor! Dass Sie den nicht mal in einer prekären Situation wie der Ihren verlieren, ist bewunderungswürdig!«
    Damit war zugleich geklärt, dass meine Idee höchstens als Witz taugte. Den ich leider selbst überhaupt nicht komisch fand, doch ich bemühte mich, es mir nicht anmerken zu lassen.
    »Nur wer dem Schicksal ins Gesicht lacht, kann ihm die Zähne zeigen«, sagte ich lässig lächelnd und trank meinen Cappuccino aus. Ich war stolz darauf, dass mir so ein toller Spruch eingefallen war. Er klang, als habe jemand sehr Weises, Berühmtes ihn erfunden.
    »Oh, hat das nicht Alexander der Große gesagt?«, fragte Harald Kleinlich.
    »Keine Ahnung«, sagte ich wahrheitsgemäß, während ich aufstand. Meine Kopfschmerzen waren schlimmer geworden. »Ich will Ihre Zeit nicht länger in Anspruch nehmen.«
    »Aber nicht doch«, protestierte Harald Kleinlich. »Wenden Sie sich nur immer gerne mit allen Fragen vertrauensvoll an unser Haus. Wir sind jederzeit für Sie da.«
    *
    Auf der Heimfahrt überlegte ich, ob ich mir vielleicht auch angewöhnen sollte, von mir selbst in der Wir-Form zu sprechen, so wie Marlene Bergström und Harald Kleinlich. Damit wirkte alles gleich viel wichtiger, fast schon amtlich. Vom Singular zum Plural aufgebläht, wurde jede Sache deutlich eindrucksvoller, dehnte sich sozusagen von Klein nach Groß, was ja auch der Sinn des Pluralis Majestatis war. Für Könige, Päpste und andere hochgestellte Persönlichkeiten war die schlichte Einzahl viel zu popelig. »Euer Exzellenz, wünscht Ihr nun zu speisen?« – »Nein, Wir sind satt. Mach er die Tür zu, Uns friert!«
    Wir erheben auf Schärfste Einspruch gegen die Entziehung unserer Dachpfannen. Wir werden alle erforderlichen Maßnahmen zur Herausgabe veranlassen. Wir werden uns rechtliche Schritte vorbehalten.
    Ah, das hatte was!
    Wir waren gerade dabei, uns wie eine mächtige Herrscherin mit einer schlagkräftigen Armee zu fühlen, als der Status quo im Hause Wingenfeld uns in eine gestresste, einzelne Mittvierzigerin mit Kopfweh zurückverwandelte.
    In der Diele kam mir Spike auf dem Hintern entgegengerutscht und jaulte erbärmlich.
    »Benedikt!«, rief ich. »Du solltest doch das Entwurmungsmittel besorgen!«
    »Er besorgt es höchstens seiner neuen Freundin«, sagte Sophie gehässig. Sie stand auf der Treppe und war auf dem Weg in ihr Zimmer. »Und zwar schon seit Stunden.«
    »Wieso, hat die auch Würmer?«, fragte Timo, der gerade von oben herunterkam.
    »Nein, die juckt es ganz woanders.«
    Ich warf meiner Tochter einen strafenden Blick zu, doch sie bemerkte es gar nicht. Ihr Gesicht sah verheult aus.
    »Ich glaube, sie hat Liebeskummer«, vertraute meine Mutter mir leise an. Sie saß bei Rock Hudson im Wohnzimmer und las in einem Kochbuch mit dem Titel: Steaks – von rare bis well done, immer perfekt!
    »Wie kommst du darauf?«, fragte ich beunruhigt, doch sie zuckte nur vielsagend die Achseln. Sophie war mittlerweile in ihrem Zimmer verschwunden. Ich ging nach oben, kämpfte mich im Gang durch zahllose Kisten und Möbel und klopfte schließlich an ihre Zimmertür. »Alles in Ordnung, Schatz?«
    Als keine Antwort kam, öffnete ich vorsichtig die Tür und spähte ins Zimmer. Meine Tochter lag auf ihrem Bett und heulte in ihr Kopfkissen.
    »Was ist los?«, fragte ich erschrocken.
    »Lass mich«, sagte sie erstickt.
    »Aber …«
    »Ich will nicht mehr leben«, schluchzte sie.
    »Was immer passiert ist, er ist es nicht wert …«
    »Er macht mit dieser blöden Lucy rum!«, weinte Sophie.
    »Äh … dieselbe Lucy, die …«
    »Ich hasse sie!«
    »Du solltest lieber ihn hassen«, schlug ich vor.
    Aufschluchzend vergrub sie wieder das Gesicht im Kopfkissen.
    »Wenn ich dir irgendwie helfen kann …«
    »Geh weg!«
    Mir blieb nichts anderes übrig, als sie allein zu lassen.
    Bedrückt machte ich mich für meinen Weiberabend bei Berit fertig, nahm eine Kopfschmerztablette und ging dann wieder nach unten, wo mich Helga mit der Nachricht empfing, dass die Waschmaschine ihren Geist aufgegeben hatte. »Ich habe schon den Kundendienst bestellt«, informierte sie mich. »Leider wird es mindestens hundert Euro

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