Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition)
von Freundin halt.«
»So eine wie Lucy?«
Er errötete. »Das kann man nicht vergleichen.«
»Nein, wahrscheinlich nicht. Sie sind ja alle verschieden.« Meine Kopfschmerzen wollten nicht aufhören, und das Halsweh war auch schlimmer geworden. Auch sonst war ich nicht auf der Höhe. An meinen Beinen schien Blei zu hängen. Sie fühlten sich so schwer an, wie sie auf dem BLATT -Foto ausgesehen hatten.
»Wenn sie deine Freundin ist, kannst du sie auch anrufen und ihr sagen, dass sie bitte unseren Hund zurückbringen soll.«
Kraftlos ging ich zum Wagen.
»Ja, klar, kein Problem.« Benedikt war mir gefolgt und blieb an der offenen Fahrertür stehen. »Äh, Mama, kann eine Frau eigentlich von Geschlechtsverkehr mit Kondom ein Kind kriegen?«
Der Autoschüssel, den ich gerade ins Zündschloss hatte stecken wollen, fiel in den Fußraum des Wagens. »Wie kommst du darauf?«, fragte ich alarmiert.
»Ach, bloß so. Lucy glaubt nämlich, dass sie vielleicht ein Kind kriegt.«
»Von dir?«, schrie ich.
Er zuckte zusammen. »Wenn, dann höchstens aus Versehen!«, verteidigte er sich. »Ich habe immer mit Kondom verhütet.« Er dachte nach. »Außer, es wäre mal eins kaputt gegangen.«
»O mein Gott!«
»Jetzt reg dich nicht auf! Sie hat ja noch nicht mal einen Test gemacht.«
»Falls du genau wissen willst, was bei einem geplatzten Kondom rauskommen kann, musst du bloß in den Spiegel sehen«, sagte ich.
Er starrte mich verschreckt an. »Du meinst … mich ?«
Sofort bereute ich meine unbedachten Worte. Jetzt musste er glauben, dass er ein Unfall war!
»Du warst ein absolutes Wunschkind«, beteuerte ich eilig. »Nur ungefähr drei Monate früher als geplant. Ich wollte eigentlich zuerst mein Examen machen und dann schwanger werden. Du bist uns quasi zuvorgekommen. Doch ich liebte dich schon während des Schwangerschaftstests heiß und innig und war überglücklich, als er positiv war!«
Aber ich war fest mit deinem Vater zusammen, fügte ich in Gedanken hinzu. Und Martin war nicht irgendwer gewesen, den man ein paar Tage später gegen den Nächstbesten austauschte, sondern der Mann fürs Leben.
Doch Benedikt schien meine Informationen nicht persönlich zu nehmen. Er nickte nur nachdenklich und sah dabei ein bisschen besorgt aus.
»Schönen Abend noch«, meinte er, schon auf dem Weg zurück ins Haus. Ich bückte mich und tastete unter dem Sitz nach dem verschwundenen Autoschlüssel. Als ich ihn wiedergefunden hatte, zitterten meine Hände so sehr, dass ich kaum den Wagen starten konnte.
*
»Was war dabei das Schlimmste für dich?«, wollte Berit wissen. »Dass du vielleicht Oma wirst?« Sie betonte das Wort auf eine Weise, dass ich zusammenzuckte. »Oder doch eher Schwiegermutter ?«
Bei dem Wort wurde mir kalt. Überhaupt fröstelte ich die ganze Zeit, wenn mich nicht gerade Hitzeschauer erfassten, und die Kopfschmerzen hatten sich trotz Tablette auch wieder festgesetzt. Die Ereignisse des Tages waren zu viel für mich gewesen.
»Das Schlimmste war die Vorstellung, dass Lucy mit dem Kind zu Benedikt in den Hobbykeller zieht und Helga und meine Mutter bei mir wohnen bleiben. Während es von oben durch die Dachpappe regnet und das ganze Haus feucht und schimmelig wird.«
Berit lachte. »Du könntest noch eine Hypothek aufnehmen und von dem Geld in der Karibik überwintern.«
Keine schlechte Idee. Bis ich wiederkäme, hätte Helga es sicher irgendwie geschafft, das Dach decken zu lassen und Timo das Kotzen abzugewöhnen. Und nebenher hätte sie Benedikt und Lucy zu verantwortungsbewussten Teenager-Eltern erzogen, vollwertige Mahlzeiten für mindestens sechs Monate eingefroren und eine ganze Kommode voller Babykleidung gehäkelt. Vielleicht hätte sie sogar meiner Mutter das Kochen beigebracht.
Stöhnend lehnte ich mich auf Berits Sofa zurück und widerstand dem Bedürfnis, die Füße hochzulegen. Das wäre unhöflich gewesen, vor allem nach diesem wunderbaren Abendessen, von dem ich leider höchstens die Hälfte geschafft hatte. Ich war einfach zu matt und zu abgeschlagen. Am liebsten wäre ich nie wieder aufgestanden. Oder wenn doch, dann erst, nachdem sich alles irgendwie geregelt hatte. Mein ganzes Leben war rettungslos verfahren, schlimmer ging es kaum. Mutter und Schwiegermutter im Haus, die sich gegenseitig beharkten und ständig Einrichtungsgegenstände umherschoben oder seltsame Feudel in die Fenster hängten. Dazu scharenweise Maler, Installateure und andere Handwerker, die ebenfalls die Möbel
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