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Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Titel: Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu
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euch in Sicherheit!«, schreit sie. »Bevor die anderen euch finden!« Der Schock steht ihr ins Gesicht geschrieben – ist es das Entsetzen über den gescheiterten Plan? Weiß sie, dass wir dafür verantwortlich sind? Sie muss es wissen. Warum kehrt sie den Patrioten ebenfalls den Rücken? Dann rennt sie davon. Einen Moment lang sehe ich ihr nach. Anden ist jedenfalls nirgends mehr zu sehen und die Republiksoldaten haben begonnen, die Schüsse von den Dächern zu erwidern.
    Anden ist nirgends mehr zu sehen, denke ich noch einmal. Heißt das, der Mordanschlag ist offiziell gescheitert?
    Wir rennen weiter, bis wir uns auf der anderen Seite des Granateneinschlags befinden. Plötzlich sind überall Patrioten; ein paar laufen in Richtung der Soldaten, offenbar auf der Suche nach einer Möglichkeit, den Elektor doch noch zu erschießen, andere rennen auf den Tunnel zu. Uns hinterher.
    Wieder bringt eine Explosion die Straße zum Beben – jemand hat erfolglos versucht, dem Elektor mit einer weiteren Granate den Weg abzuschneiden. Vielleicht ist es ihnen auch endlich gelungen, seinen Jeep zu sprengen.
    Wo ist Razor? Ist er uns nun auch auf den Fersen? Ich versuche, mir sein väterlich ruhiges Gesicht von Wut verzerrt vorzustellen.
    Schließlich erreichen wir die schmale Gasse, die auf den Tunneleingang zuführt, den Patrioten nur um Haaresbreite voraus.
    Dort wartet Tess, in einer dunklen Ecke an die Wand gedrückt. Am liebsten würde ich sie anschreien. Warum ist sie nicht in den Tunnel geklettert und hat sich auf den Weg ins Versteck gemacht?
    »Rein jetzt, na los«, fahre ich sie an. »Du solltest nicht hier auf mich warten.«
    Doch sie rührt sich nicht. Stattdessen steht sie mit geballten Fäusten vor uns und ihr Blick huscht zwischen June und mir hin und her. Ich greife nach ihrer Hand und ziehe sie hinter mir her zu einem der kleinen Metallgitter auf dem Boden am Fuß der Hauswände. Hinter uns höre ich die ersten Patrioten.
    Bitte, flehe ich im Stillen. Bitte, lass uns die Ersten sein, die das Versteck betreten.
    »Sie kommen«, sagt June, den Blick auf einen Punkt am anderen Ende der Gasse gerichtet.
    »Dann sollen sie mal versuchen, uns zu schnappen.« Hastig lasse ich die Hände über das Gitter gleiten, bis es mir gelingt, es zu lösen.
    Die Patrioten kommen näher. Zu nahe.
    Ich stehe auf. »Zurück«, sage ich zu Tess und June. Dann nehme ich die zweite Granate von meinem Gürtel, reiße den Splint heraus und schleudere sie auf den Eingang der Gasse zu. Wir werfen uns bäuchlings auf den Boden und schützen unsere Köpfe mit den Händen.
    Bumm! Ein ohrenbetäubender Knall. Das sollte die Patrioten eine Weile aufhalten, doch bereits jetzt kann ich ein paar Gestalten erkennen, die durch die Trümmerwolke auf uns zugerannt kommen.
    June stürzt neben mir auf den Tunneleingang zu. Ich lasse sie als Erste hineinspringen, dann drehe ich mich um und strecke die Hand nach Tess aus.
    »Komm schon, Tess«, dränge ich. »Wir haben nicht mehr viel Zeit.«
    Tess blickt auf meine ausgestreckte Hand und weicht einen Schritt zurück. In diesem Moment scheint die Welt um mich herum zu erstarren. Sie hat nicht vor, mit uns zu kommen. In ihrem kleinen, schmalen Gesicht lese ich Ärger und Entsetzen und Schuld und Traurigkeit – alles auf einmal.
    Ich versuche es ein zweites Mal. »Komm schon!«, rufe ich. » Bitte , Tess! Ich kann dich nicht hierlassen!«
    Der Ausdruck in ihren Augen zerfetzt mir das Herz. »Tut mir leid, Day«, keucht sie. »Aber ich kann selbst auf mich aufpassen. Also such nicht nach mir.« Dann reißt sie ihren Blick von mir los und rennt die Gasse hinunter, den Patrioten entgegen.
    Sie bleibt bei ihnen? Ich sehe ihr nach, sprachlos vor Entsetzen, die Hand noch immer ausgestreckt. Die Patrioten sind so nahe.
    Baxters Worte. Er hat Tess die ganze Zeit über gewarnt, dass ich die Patrioten verraten würde. Und das habe ich schließlich auch. Ich habe genau das getan, was Baxter vorhergesagt hat, und damit muss Tess nun klarkommen. Ich habe sie furchtbar im Stich gelassen.
    Schließlich kommt June zu meiner Rettung. »Day, spring!«, schreit sie zu mir hoch und reißt mich damit aus meinen Gedanken.
    Ich zwinge mich, Tess den Rücken zuzukehren, und springe in das Loch hinunter. Meine Stiefel platschen in flaches, eiskaltes Wasser, gerade als ich höre, wie der erste Patriot den Tunneleingang erreicht.
    June greift nach meiner Hand. »Komm!«, zischt sie mir zu.
    Wir sprinten in den schwarzen Tunnel hinein.

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