Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Titel: Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu
Vom Netzwerk:
beugt sich vor, als wollte er mich küssen – doch aus irgendeinem Grund zögert er und nimmt mich dann wieder in den Arm. Seine Umarmung ist tröstlich, aber trotzdem …
    Irgendetwas hat sich verändert.
    Wir gehen weiter in die Küche (fünfundsechzig Quadratmeter, der Anzahl der Fliesen auf dem quadratischen Boden nach zu urteilen), nehmen uns zwei Essenskonserven und Wasserflaschen und hocken uns dann nebeneinander auf die Arbeitsplatte, um eine Pause zu machen. Day sagt kein Wort. Ich warte ab, während wir uns eine Dose in Tomatensoße ertränkte Nudeln teilen, doch er schweigt beharrlich weiter. Er scheint nachzudenken. Über den vereitelten Mordplan? Über Tess? Oder vielleicht denkt er auch gar nicht nach, sondern das Entsetzen verschlägt ihm immer noch die Sprache. Ich schweige ebenfalls, aus Sorge, ihm die falschen Worte in den Mund zu legen.
    »Ich habe dein Zeichen auf einem der Videos gesehen«, sagt er schließlich, als siebzehn Minuten vergangen sind. »Ich wusste nicht genau, was du mir damit sagen wolltest, aber ich hatte eine grobe Ahnung.«
    Mir fällt auf, dass er den Kuss zwischen Anden und mir nicht erwähnt, obwohl ich mir sicher bin, dass er ihn ebenfalls gesehen hat. »Danke.« Für einen Moment wird mir schwarz vor Augen und ich blinzele hastig, um wieder klar sehen zu können. Vielleicht brauche ich mehr Medikamente. »Tut mir leid, dass ich dich in so eine schwierige Situation gebracht habe. Ich habe versucht, die Jeeps in eine andere Richtung zu lenken, aber es hat nicht funktioniert.«
    »Darum die Verzögerung – weil du zusammengebrochen bist, oder? Ich habe mir schon Sorgen gemacht, dass dir was passiert sein könnte.«
    Eine Weile kaue ich in Gedanken versunken weiter. Eigentlich müsste in diesem Moment alles gut schmecken, aber ich habe keinen Appetit. Ich sollte Day von Edens Freilassung erzählen, doch irgendetwas in seiner Stimme – wie ein am Horizont lauerndes Gewitter – hält mich davon ab. Haben die Patrioten alle meine Gespräche mit Anden belauscht? Wenn ja, dann weiß Day es vielleicht sogar schon. »Razor hat uns angelogen, was den Grund betrifft, warum er den Elektor töten will. Ich weiß noch nicht genau, warum – aber ein paar der Sachen, die er gesagt hat, ergeben keinen Sinn.« Ich halte inne und frage mich, ob Razor schon von den Republiksoldaten festgenommen worden ist. Wenn nicht, dann wird es jedenfalls bald so weit sein. Nach den heutigen Ereignissen sollte die Republik begreifen, dass es Razor war, der den Fahrern der Jeeps befohlen hat, die ursprüngliche Route beizubehalten, und Anden damit direkt in die Falle geführt hat.
    Day zuckt mit den Schultern und konzentriert sich aufs Essen. »Wer weiß schon, was Razor und die Patrioten gerade machen?«
    Ich überlege, ob er dabei an Tess denkt. Wieder fällt mir ein, wie sie ihn angeblickt hat, als wir in den Tunnel geflohen sind … Ich entschließe mich, Day nicht zu fragen, was zwischen ihnen vorgefallen ist. Doch im Geiste sehe ich wieder das Bild der beiden vor mir, wie sie nach unserer Ankunft bei den Patrioten in Las Vegas zusammen auf der Couch saßen, so einträchtig und vertraut, und Tess sich an Day gelehnt hat. Wie sie zusammen gelacht haben. Mein Magen zieht sich vor Unbehagen zusammen. Aber sie ist nicht mitgekommen, rufe ich mir in Erinnerung. Was ist zwischen ihnen vorgefallen? Ich stelle mir Tess vor, wie sie mit Day über mich streitet.
    »Also«, sagt Day mit monotoner Stimme. »Erzähl mir, was du über den Elektor herausgefunden hast, das dich zu dem Entschluss geführt hat, dass wir die Patrioten verraten müssen.«
    Er weiß also nicht von Eden.
    Ich stelle meine Wasserflasche hin und presse kurz die Lippen aufeinander. »Der Elektor hat deinen Bruder freigelassen.«
    Days Gabel verharrt auf halbem Weg zu seinem Mund. »Was?«
    »Anden hat den Befehl für seine Freilassung gegeben – an dem Tag, nachdem ich dir das Zeichen gegeben habe. Eden befindet sich in Denver in staatlicher Obhut. Anden findet es schrecklich, was die Republik deiner Familie angetan hat … und er will dich als Verbündeten – dich und mich.« Ich greife nach Days Hand, doch er zieht sie weg. Mein Atem entweicht mir in Form eines enttäuschten Seufzers. Ich war nicht sicher, wie er die Neuigkeiten aufnehmen würde, aber ein Teil von mir hat wohl gehofft, er wäre einfach … glücklich.
    »Anden lehnt die Methoden des alten Elektors komplett ab«, fahre ich fort. »Er will den Großen Test abschaffen und

Weitere Kostenlose Bücher