Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)
hier, weil ich deiner geliebten June was tun will. Wenn sie da oben allein ist, wird ihr schon nichts passieren. Aber wir müssen uns beeilen.«
»Bist du uns durch den Tunnel gefolgt?«
Kaede nickt. »Konnte genug von dem Schutt zur Seite schaufeln, um mich durchzuquetschen.«
»Wo sind die anderen?«
Sie zieht ihre Handschuhe straff, haucht warme Luft in ihre Hände und murmelt irgendetwas Abfälliges über das Wetter. »Die sind nicht hier. Nur ich. Ich musste dich warnen.«
Ein ungutes Gefühl breitet sich in meinem Magen aus. »Wovor? Ist was mit Tess?«
Kaede hört auf, an ihren Kleidern herumzuzupfen, und stößt mir hart ihren Zeigefinger in die Rippen. »Der Mordanschlag ist in die Hose gegangen.« Sie hebt beide Hände, bevor ich ihr ins Wort fallen kann. »Ja, ja, ich weiß, das ist nicht gerade was Neues für dich. Eine ganze Menge Patrioten sind verhaftet worden. Ein paar konnten sich aber in Sicherheit bringen – zumindest unsere kleine Tess. Sie ist mit einer Gruppe von Piloten und Meldern geflohen. Pascao und Baxter waren auch dabei.«
Ich stoße einen Fluch aus. Tess. Einen Moment lang verspüre ich den Drang, mich auf die Suche nach ihr zu machen, um sicherzugehen, dass es ihr gut geht – dann aber fallen mir ihre letzten Worte wieder ein.
Kaede redet weiter, während wir voranstapfen. »Ich weiß nicht, wo sie jetzt sind. Aber jetzt kommt etwas, das du nicht weißt. Ich wusste es nicht mal selbst, bevor du zusammen mit June den Anschlag verhindert hast. Jordan – die Melderin, du weißt schon – hat Informationen auf einem Computerlaufwerk gefunden und sie an einen unserer Hacker weitergegeben.« Sie holt tief Luft, zögert kurz und blickt dann zu Boden. Ihre Stimme klingt ungewohnt schwach. »Day, Razor hat uns alle gelinkt. Er hat den Patrioten was vorgespielt und sie dann an die Republik ausgeliefert.«
Ich bleibe stehen. »Was?«
»Razor hat uns erzählt, die Kolonien hätten uns beauftragt, den Elektor zu töten und eine Revolution zu starten«, sagt Kaede. »Aber das stimmt nicht. An dem Tag, als der Mord passieren sollte, habe ich rausgefunden, dass der Senat dahintersteckt.« Sie schüttelt den Kopf. »Kannst du das glauben? Die Republik selbst hat die Patrioten dazu angestiftet, Anden zu ermorden.«
Ich schweige. Schockiert. Junes Überlegungen hallen in meinem Kopf wider: Der Kongress sei unzufrieden mit dem neuen Elektor und es würde sie nicht wundern, wenn Razor lüge. »Ein paar der Sachen, die er gesagt hat, ergeben keinen Sinn«, waren ihre genauen Worte.
»Die haben uns alle komplett ausgetrickst – bis auf Razor natürlich«, fährt Kaede fort, als ich nichts sage. Wir gehen weiter. »Die Senatoren wollen Anden tot sehen. Und sie dachten, wenn sie uns dafür benutzen, können sie die Schuld einfach den Patrioten zuschieben.«
Mein Blut rauscht so schnell, dass ich kaum meine eigene Stimme höre. »Warum sollte Razor die Patrioten derart verraten? Gehört er nicht schon seit zehn Jahren zu ihnen? Und ich dachte, der Kongress wollte eine Revolution verhindern .«
Kaede lässt die Schultern hängen und atmet eine Dampfwolke aus. »Er wurde vor ein paar Jahren von der Republik dabei erwischt, wie er mit den Patrioten zusammenarbeitete. Darum hat er einen Handel mit der Regierung abgeschlossen: Er sollte uns dazu bringen, Anden, diesen hitzköpfigen Weltverbesserer, zu töten, und dafür hätten sie in Bezug auf seine kriminelle Vergangenheit ein Auge zugedrückt. Am Ende wäre dann Razor der neue Elektor geworden. Und wenn er June und dich dazu bekommen hätte, für ihn zu arbeiten, hätte er wie der perfekte Volksheld dagestanden. Die Leute wären davon ausgegangen, dass die Patrioten die Regierung übernommen haben, dabei wäre in Wirklichkeit alles beim Alten geblieben. Razor will nicht, dass die Vereinigten Staaten wiederhergestellt werden – er will bloß an die Macht. Und dafür würde er sich auf jede Seite schlagen, die ihm das ermöglicht.«
Ich schließe die Augen. Die Welt dreht sich vor meinen Augen. Hat June mich nicht vor Razor gewarnt? Die ganze Zeit habe ich für die Senatoren der Republik gearbeitet. Sie sind diejenigen, die Anden aus dem Weg haben wollen. Kein Wunder, dass die Kolonien überhaupt nichts von den Plänen der Patrioten zu wissen scheinen. Ich öffne die Augen wieder. »Aber der Anschlag ist gescheitert. Anden lebt noch.«
»Anden lebt noch«, wiederholt Kaede. »Zum Glück.«
Ich hätte June vertrauen sollen. Meine Wut auf den
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