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Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Titel: Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu
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den Patrioten oder so?«
    »Nein … bisher waren sie immer nett zu mir.«
    »Warum willst du dann nicht mitkommen?«, frage ich sie leise. Ich spüre, wie ich wieder schwächer werde, und es kostet mich erhebliche Mühe, den Nebel zurückzudrängen, der sich vor meinen Augen ausbreiten will. »Damals in Lake haben wir doch immer gesagt, dass wir eines Tages zusammen in die Kolonien fliehen, wenn wir die Gelegenheit bekommen. Mein Vater hat erzählt, in den Kolonien gibt es –«
    »Freiheit und die Chance auf Selbstbestimmung. Ich weiß.« Tess schüttelt den Kopf. »Es ist nur …«
    »Was?«
    Tess schiebt eine ihrer Hände in meine. Ich sehe sie wieder als kleines Mädchen vor mir, damals bei unserer ersten Begegnung, als sie in einer Mülltonne im Nima-Sektor stöberte. Ist das hier wirklich dasselbe Mädchen? Ihre Hände sind nicht mehr so klein, wie ich sie in Erinnerung habe, obwohl sie noch immer bequem in meine passen.
    Sie sieht zu mir hoch. »Day … Ich mache mir Sorgen um dich.«
    Ich blinzele. »Warum? Wegen der Operation?«
    Tess schüttelt ungeduldig den Kopf. »Nein. Wegen June.«
    Ich hole tief Luft und warte darauf, dass sie weiterredet, doch ich habe Angst vor dem, was sie sagen wird.
    Tess’ Stimme klingt plötzlich fremd, ich erkenne sie gar nicht wieder. »Na ja … wenn June mit uns geht … Ich meine, ich weiß, wie sehr du sie magst, aber bis vor ein paar Wochen war sie noch Republiksoldatin. Ist dir schon mal der Gesichtsausdruck aufgefallen, den sie manchmal bekommt? So als würde sie die Republik vermissen oder als wollte sie zurück? Was ist, wenn sie versucht, unseren Plan zu sabotieren, oder die Seiten wechselt, sobald wir auf dem Weg in die Kolonien sind? Die Patrioten treffen schon Vorkehrungen –«
    »Halt.« Ich bin selbst erstaunt, wie laut und aufgebracht ich mit einem Mal klinge. Ich habe Tess gegenüber noch nie die Stimme erhoben und im nächsten Moment bereue ich es auch schon. Tess’ Eifersucht spricht aus jedem Wort, das sie sagt, aus der Art, wie sie Junes Namen ausspeit, als könne sie es kaum abwarten, ihn von der Zunge zu bekommen. »Es ist erst ein paar Wochen her, dass das alles passiert ist. Natürlich hat sie hin und wieder unsichere Momente. Wen wundert das? Aber das heißt nicht, dass sie noch auf der Seite der Republik ist, und gefährlich wird es so oder so, ob wir uns nun mit ihr zusammen auf den Weg machen oder nicht. Außerdem hat June uns einiges an Fähigkeiten voraus. Sie hat mich aus der Batalla-Zentrale befreit, verdammt noch mal. Sie kann uns beschützen.«
    Tess presst die Lippen aufeinander. »Tja, was hältst du dann von all dem, was die Patrioten sich für sie ausgedacht haben? Was ist denn mit ihrer Beziehung zum Elektor?«
    »Welche Beziehung?« Ich hebe schwach die Hände und versuche, so zu tun, als wäre mir das alles gleichgültig. »Das gehört eben alles zum Plan. Sie kennt ihn doch noch nicht mal.«
    Tess zuckt mit den Schultern. »Das wird sich aber bald ändern«, flüstert sie. »Wenn sie ihm näherkommen muss, um ihn zu manipulieren.« Sie senkt den Blick. »Ich gehe mit dir, Day. Ich würde dir überallhin folgen. Ich wollte nur, dass du noch mal … über sie nachdenkst. Für den Fall, dass du dir über ein paar Sachen noch keine Gedanken gemacht hast.«
    »Es wird alles gut«, bringe ich irgendwie heraus. »Vertrau mir einfach.«
    Endlich verflüchtigt sich die Anspannung. Tess’ Gesicht nimmt wieder seine gewohnte Liebenswürdigkeit an und mein Ärger vergeht so schnell, wie er aufgeflammt ist.
    »Du hast schon immer gut auf mich aufgepasst«, sage ich lächelnd. »Danke, Cousine.«
    Tess grinst mich an. »Irgendjemand muss das ja wohl tun, oder?« Sie deutet auf meinen hochgekrempelten Ärmel. »Ich bin übrigens froh, dass dir die Uniform passt. Als sie gefaltet war, hat sie viel zu groß ausgesehen, aber wie es scheint, ist ja doch alles in Ordnung.«
    Ganz plötzlich, ohne Vorwarnung, beugt sie sich zu mir und gibt mir einen kleinen Kuss auf die Wange. Im nächsten Moment jedoch schreckt sie wieder zurück. Ihr Gesicht leuchtet dunkelrosa.
    Tess hat mich schon früher auf die Wange geküsst, als sie noch jünger war, aber das ist das erste Mal, dass ich mehr hinter dieser Geste vermute. Noch immer begreife ich nicht, wie Tess in weniger als einem Monat ihre Kindheit hinter sich lassen und so erwachsen werden konnte. Ich räuspere mich verlegen. Das hier entwickelt sich zu einer seltsamen neuen Beziehung.
    Tess steht auf

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