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Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Titel: Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu
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und Beinen, Metall, wo früher Haut gewesen ist. Die Ärztin muss sich gut mit Kriegsverletzungen auskennen. Zweifellos ist es Razors Verbindungen zu verdanken, dass sie Day mit etwas so Teurem wie den Heilsalben behandeln konnte, die sie ganz offensichtlich eingesetzt hat. Ich strecke meine Hand aus und er legt seine hinein.
    »Wie fühlt es sich an?«
    Day schüttelt ungläubig den Kopf. »Wie gar nichts. Ganz leicht und vollkommen schmerzfrei.« Ein verschmitztes Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus. »Bald zeige ich dir mal, wie schnell ich wirklich auf Gebäude klettern kann, Süße. Nicht mal mehr ein kaputtes Knie, das mich behindert – Mann, das nenne ich ein Geburtstagsgeschenk!«
    »Geburtstag? Das wusste ich ja gar nicht. Na dann, alles Gute«, sage ich mit einem schiefen Lächeln. Mein Blick fällt auf die Büroklammern auf seinem Schoß. »Was machst du denn damit?«
    »Ach so.« Day hebt eins der Gebilde hoch, an denen er bastelt, irgendetwas Rundes aus Metall. »Nur um mir die Zeit zu vertreiben.« Er hält es ins Licht, dann greift er nach meiner Hand und legt es hinein. »Kleines Geschenk für dich.«
    Ich sehe mir das Metallstück genauer an. Es besteht aus vier auseinandergebogenen Büroklammern, die spiralförmig umeinandergewickelt und an den Enden geschickt miteinander verbunden sind, sodass sie einen kleinen Ring formen. Simpel, aber hübsch. Beinahe sogar kunstvoll. Liebe und Sorgfalt sprechen aus jeder Windung, den kleinen Kurven, die Day wieder und wieder in den Draht gebogen hat, bis er schließlich genau die richtige Form hatte. Er hat ihn für mich gebastelt. Ich schiebe den Ring auf meinen Finger und er rutscht mühelos an seinen Platz. Wunderschön. Ich fühle mich geschmeichelt und so verlegen, dass ich kein Wort herausbringe. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann das letzte Mal jemand etwas für mich selbst gemacht hat.
    Day wirkt enttäuscht über meine Reaktion, doch er versteckt es hinter einem unbeschwerten Lachen. »Ich weiß, ihr Reichen habt alle möglichen kostspieligen Traditionen, aber in den Armensektoren spielen sich Verlobungen oder Liebeserklärungen meistens mithilfe von so was ab.«
    Verlobungen? Mein Herz flattert in meiner Brust. Ich muss einfach lächeln. »Mit Büroklammerringen?«
    Oh nein. Es sollte eine ehrliche, interessierte Frage sein, und erst als sie aus meinem Mund ist, wird mir bewusst, wie spöttisch sie geklungen haben muss.
    Day errötet ein wenig; ich bin wütend auf mich, weil ich mir schon wieder einen Fehltritt geleistet habe.
    »Mit irgendwas Selbstgebasteltem«, korrigiert er nach einem winzigen Moment des Zögerns. Er senkt den Blick, offensichtlich beschämt, und es ist ein schreckliches Gefühl, dafür verantwortlich zu sein. »Tut mir leid, wie mickrig er aussieht«, sagt er dann leise. »Ich hätte dir auch lieber was Schöneres geschenkt.«
    »Nein, nein«, unterbreche ich ihn, entschlossen wiedergutzumachen, was ich gerade gesagt habe. »Er gefällt mir, wirklich.« Ich streiche mit den Fingern über den kleinen Ring und halte den Blick darauf gesenkt, um Day nicht ansehen zu müssen. Glaubt er etwa, ich könnte finden, der Ring wäre nicht gut genug für mich? Sag was, June. Egal, was. Alle möglichen Details schießen mir durch den Kopf. »Unplattierter, galvanisierter Stahldraht. Richtig gutes Material, wenn man darüber nachdenkt. Viel robuster als der ganze legierte Kram, aber trotzdem biegsam und rostfrei. Und –« Ich halte inne, als ich Days stechenden Blick bemerke.
    »Er gefällt mir«, wiederhole ich. Tolle Antwort, June. Warum verpasst du ihm nicht gleich einen Faustschlag ins Gesicht, wenn du schon mal dabei bist? Ich werde nur noch nervöser, als mir einfällt, dass ich ihm tatsächlich schon mal den Lauf einer Pistole ins Gesicht geschlagen habe. Wie romantisch.
    »Gern geschehen«, antwortet er und lässt ein paar der ungebogenen Büroklammern in seinen Hosentaschen verschwinden.
    Ein langer Moment des Schweigens folgt. Ich bin nicht sicher, was er von mir hören wollte, aber es war ganz bestimmt keine Liste der physikalischen Eigenschaften einer Büroklammer. Plötzlich verunsichert, lehne ich mich zu ihm hinüber und schmiege meinen Kopf an seine Brust. Er schnappt kurz nach Luft, als hätte ich ihn überrumpelt, dann aber legt er sanft den Arm um mich. Schon besser. Ich schließe die Augen. Eine seiner Hände streichelt mir durchs Haar und ich bekomme Gänsehaut auf den Armen. Ich gestatte mir, meiner

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