Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)
auf, was mich unsagbar glücklich macht. Ollie. Ich wünschte, er wäre im selben Jeep wie ich.
Irgendwann drehe ich mich Thomas zu: »Danke, dass Sie Ollie nichts getan haben.«
Ich erwarte keine Antwort von ihm. »Ein Offizier redet nicht mit Verbrechern«, hat er immer gesagt. Doch zu meiner Überraschung erwidert er meinen Blick. Für mich ist er offenbar noch immer bereit, gegen die Regeln zu verstoßen. »Ihr Hund hat sich als ziemlich nützlich erwiesen.«
Er ist Metias’ Hund. Erneut steigt Wut in mir auf, aber ich schlucke sie wieder hinunter. Es hat keinen Sinn, sich über etwas aufzuregen, was mir bei meinem Plan nicht weiterhilft. Es ist erstaunlich, dass er überhaupt für Ollie gesorgt hat – schließlich hätte er mich auch ohne ihn finden können. Ollie ist kein Polizeihund und nicht dazu ausgebildet, irgendetwas aufzuspüren. Solange sie das halbe Land nach mir durchkämmen mussten, war er ihnen wohl kaum eine Hilfe, sondern erst, als sie mir sowieso schon ganz nahe waren. Was bedeutet, dass Thomas ihn aus einem anderen Grund am Leben gehalten hat. Weil ich ihm etwas bedeute? Oder vielleicht … weil Metias ihm immer noch etwas bedeutet? Der Gedanke erschreckt mich.
Thomas wendet seinen Blick ab, als ich nicht reagiere. Es folgt ein weiterer langer Moment des Schweigens.
»Wohin bringen Sie mich?«
»Bis zu Ihrer Vernehmung werden Sie im High-Desert-Gefängnis untergebracht. Was danach mit Ihnen passiert, entscheidet das Gericht.«
Zeit, Razors Plan in die Tat umzusetzen. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass mich das Gericht nach meiner Vernehmung auf direktem Weg nach Denver schicken wird.«
Einer der Soldaten im vorderen Teil des Wagens wirft mir einen misstrauischen Blick zu, aber Thomas hebt die Hand. »Lassen Sie sie reden. Alles, worauf es ankommt, ist, dass wir sie unbeschadet abliefern.« Dann blickt er wieder mich an. Er sieht hagerer aus als bei unserer letzten Begegnung – selbst sein Haar, das ordentlich zu einem Seitenscheitel gekämmt ist, wirkt schlaff und stumpf. »Und wie kommen Sie darauf?«
»Ich habe Informationen, die den Elektor brennend interessieren werden.«
Thomas’ Mund zuckt – am liebsten würde er mich direkt mit Fragen löchern, um herauszufinden, von welchen Geheimnissen ich möglicherweise Kenntnis habe. Aber das würde gegen die Regeln verstoßen und die hat er schließlich schon gebrochen, als er angefangen hat, mit mir zu plaudern. Jedenfalls scheint er nun beschlossen zu haben, mich nicht weiter zu drängen. »Wir werden ja sehen, was wir aus Ihnen herausbekommen.«
Erst in dem Moment fällt mir auf, wie ungewöhnlich es ist, dass sie mich in ein Gefängnis in Vegas schicken. Eigentlich müsste ich in meiner Heimatstadt vernommen und vor Gericht gestellt werden. »Warum werde ich überhaupt hier inhaftiert? Sollte ich nicht auf dem Weg nach Los Angeles sein?«
Thomas blickt weiter geradeaus. »Quarantäne«, antwortet er.
Ich runzele die Stirn. »Was, wurde die jetzt schon bis nach Batalla ausgeweitet?«
Seine Antwort jagt mir einen Schauder über den Rücken. » Los Angeles steht unter Quarantäne. Die ganze Stadt.«
22:24 UHR
HIGH-DESERT-GEFÄNGNIS, ZIMMER 416 (18 M²)
TAG MEINER FESTNAHME
Ich sitze ein Stück von Thomas entfernt. Nichts als ein wackliger Tisch trennt uns voneinander – na ja, es sei denn, man zählt die Gruppe von Soldaten mit, die rechts und links von ihm Wache stehen. Sobald ich zu ihnen aufsehe, treten sie unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. Ich schwanke ein wenig auf meinem Stuhl, versuche gegen die Erschöpfung anzukämpfen, und bei jeder Bewegung rasseln die Handschellen, mit denen sie mir die Arme auf den Rücken gefesselt haben. Mein Geist schweift ab, mir fällt wieder ein, was Thomas über die Quarantäne in Los Angeles gesagt hat. Darüber kannst du später nachdenken, sage ich mir, doch die Gedanken verschwinden nicht. Ich versuche, mir die Drake-Universität voller Seuchenwarnschilder vorzustellen, die Seuchenpolizei im Ruby-Sektor. Wie ist das nur möglich? Wie kann eine ganze Stadt unter Quarantäne stehen?
Seit sechs Stunden sitzen wir nun schon in diesem Zimmer und Thomas ist mit mir kein Stückchen weitergekommen. Meine Antworten auf seine Fragen führen uns nur im Kreis herum und ich stelle es so geschickt an, dass ihm nicht mal auffällt, dass ich das Gespräch lenke, bis er eine weitere Stunde verschwendet hat. Er hat versucht, mir damit zu drohen, Ollie zu töten. Woraufhin ich ihm damit
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