Legend - Fallender Himmel
grapsche nach ein paar Flaschen mit den allgemeinen Medikamenten und stopfe sie mir unters T-Shirt. Dann renne ich los. Eine der umherzischenden Kugeln streift mich und ein sengender Schmerz schießt meinen Arm hinauf. Ich bin fast am Ausgang.
Gerade als ich durch die Tür zum Treppenhaus stürze, heult eine Sirene los. Aus mehreren Richtungen höre ich Klickgeräusche, als sich die Türen von innen verschließen. Ich sitze in der Falle. Die Soldaten können durch jede Tür zu mir gelangen, aber ich kann nirgendwohin. Rufe und Schritte werden im Inneren des Labors laut. Jemand schreit: »Er ist getroffen!«
Mein Blick fliegt zu den winzigen Fenstern in den gipsverputzten Wänden des Treppenhauses. Sie sind zu weit weg, als dass ich sie von der Treppe aus erreichen könnte. Ich fletsche die Zähne und ziehe mein zweites Messer hervor, sodass ich jetzt in jeder Hand eins habe. Ich bete, dass der Gips weich genug ist, dann springe ich von der Treppe auf die Wand zu.
Ich ramme ein Messer in den Gips direkt über der Fensternische. Aus meinem verletzten Arm spritzt das Blut und ich schreie auf vor lauter Anstrengung. Ich baumele nun zwischen der Treppe und der Fensterscheibe in der Luft. So gut ich kann, schwinge ich ein paarmal vor und zurück.
Der Gips gibt langsam nach.
Hinter mir höre ich, wie die Labortür auffliegt und Soldaten herausströmen. Kugeln peitschen mir um die Ohren. Ich hole noch einmal Schwung, schieße mit den Füßen zuerst auf das Fenster zu und lasse im letzten Moment das Messer los, das in der Wand steckt.
Die Scheibe zerspringt und plötzlich bin ich wieder draußen in der Dunkelheit und ich falle und falle und falle wie eine Sternschnuppe in Richtung Erde. Ich reiße mein langärmliges Hemd auf, sodass es sich hinter mir aufbläht, während mir tausend Gedanken auf einmal durch den Kopf schießen. Knie anwinkeln. Mit den Füßen zuerst. Muskeln entspannen. Auf den Fußballen aufkommen. Abrollen. Der Boden kommt auf mich zugerast. Ich wappne mich.
Der Aufprall treibt mir die Luft aus den Lungen. Ich Überschläge mich viermal und krache schließlich gegen die Mauer auf der anderen Straßenseite. Einen Moment lang bleibe ich liegen, blind und vollkommen hilflos. Über mir dringen wütende Stimmen aus dem Fenster im dritten Stock, als den Soldaten klar wird, dass sie nun erst zurück ins Labor müssen, um den Alarm abzuschalten. Meine Sinne werden langsam wieder schärfer - erst jetzt spüre ich die Schmerzen in meiner Seite und meinem Arm. Ich stemme mich mit meinem unversehrten Arm hoch und zucke zusammen. In meinem Brustkorb pocht es schmerzhaft. Wahrscheinlich habe ich mir eine Rippe gebrochen. Als ich aufstehen will, merke ich, dass ich mir auch einen Knöchel verstaucht habe. Ob der Adrenalinschub weitere Folgen meines Sturzes vor mir verbirgt, kann ich nicht sagen.
Auf der anderen Seite des Gebäudes erheben sich Stimmen. Ich zwinge mich, klar zu denken. Ich befinde mich fast auf der Rückseite des Krankenhauses und hinter mir führen mehrere Gassen in die Dunkelheit. Ich humpele in die Schatten.
Als ich einen Blick über die Schulter werfe, sehe ich eine kleine Gruppe von Soldaten zu dem Punkt eilen, an dem ich aufgekommen bin. Sie deuten auf die Glassplitter und Blutspuren. Einer von ihnen ist der junge Captain, den ich vor dem Krankenhaus gesehen habe, der Mann namens Metias. Er befiehlt seinen Männern auszuschwärmen. Ich laufe schneller und ignoriere die Schmerzen. Ich ziehe den Kopf zwischen die Schultern und hoffe, dass das Schwarz meiner Kleidung und Haare mich mit der Dunkelheit verschmelzen lässt. Mein Blick ist zu Boden gerichtet. Ich muss einen Gully finden.
Mein Sichtfeld beginnt, an den Rändern zu verschwimmen. Ich presse mir eine Hand aufs Ohr und taste nach Blut. Nichts - das ist ein gutes Zeichen. Ein paar Sekunden später erspähe ich einen Kanaldeckel vor mir auf der Straße. Mit einem erleichterten Seufzer ziehe ich das Taschentuch vor meinem Gesicht zurecht, dann bücke ich mich, um den Deckel anzuheben.
»Keine Bewegung. Bleiben Sie, wo Sie sind.«
Ich wirbele herum und sehe mich Metias, dem jungen Captain, gegenüber. Er hat seine Pistole genau auf meine Brust gerichtet, aber zu meinem Erstaunen drückt er nicht ab. Ich schließe die Hand fest um mein verbliebenes Messer. Irgendetwas in seinem Blick verändert sich und ich weiß, dass er mich erkannt hat als den Jungen, der sich mit einem vorgetäuschten Humpeln Zugang zum Krankenhaus verschafft hat. Ich
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