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Legend - Fallender Himmel

Titel: Legend - Fallender Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu
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wie die Republik es gern ausdrückt: China erobert und seine Wirtschaft gleich dazu), nur um die hochwertige Ware dann in die Slums zu schicken. Wahrscheinlicher ist, dass dieser Typ mit seinen halbmonatlichen Steuerzahlungen im Rückstand ist, sonst würde er wohl kaum Kopf und Kragen riskieren, indem er falsche Tsingtao-Etiketten auf sein Selbstgebrautes pappt.
    Ich bedanke mich trotzdem bei ihm und gehe hinein. Dieser Ort ist so gut wie jeder andere, um an Informationen zu kommen.
    Drinnen ist es dunkel. Es riecht nach Pfeifenrauch und frittiertem Fleisch und Gaslampen. Ich stolpere durch das Gewirr von Tischen und Stühlen - schnappe mir im Gehen ein paar Essensreste von einigen unbewachten Tellern -, bis ich an der Bar ankomme. Hinter mir feuert eine Horde von Gästen zwei Männer bei einem Skiz-Kampf an. Anscheinend wird illegales Wetten in diesem Laden geduldet. Wenn die Leute schlau sind, halten sie ihr erspieltes Geld schon mal bereit, um damit die Straßenpolizisten zu bestechen - es sei denn, sie wollen offen zugeben, dass sie sich hier gerade ein bisschen Schwarzgeld dazuverdienen.
    Die Barkeeperin macht sich gar nicht erst die Mühe, mich nach meinem Alter zu fragen. Sie sieht mich noch nicht mal an. »Was soll’s sein?«, fragt sie.
    Ich schüttele den Kopf. »Nur Wasser, bitte.« Hinter uns johlt die Menge auf, als einer der Kämpfer zu Boden geht.
    Sie wirft mir einen skeptischen Blick zu. Sofort wandern ihre Augen zu dem Pflaster in meinem Gesicht. »Was ist mit deinem Auge passiert, Kleiner?«
    »Arbeitsunfall. Ich hüte Rinder auf den Weideterrassen.«
    Sie zieht eine Grimasse, aber jetzt ist ihr Interesse geweckt. »So was Blödes. Bist du sicher, dass du nicht doch ein Bier dazu willst? Muss ja böse wehtun.«
    Ich schüttele abermals den Kopf. »Danke, Cousine, aber ich trinke nicht. Ich behalte lieber ’nen klaren Kopf.«
    Sie lächelt mich an. Im Licht der flackernden Lampen wirkt sie ganz hübsch, mit grünem Glitzerpuder auf den weich geschwungenen Lidern und einem kurzen schwarzen Bobhaarschnitt. Ein Rankentattoo schlängelt sich ihre Kehle hinunter und verschwindet in ihrem geschnürten Top. Um ihren Hals hängt eine schmutzige Kunststoffbrille - vermutlich zum Schutz bei Kneipenschlägereien. Schade eigentlich. Wenn ich nicht so dringend an Informationen gelangen müsste, würde ich mir mehr Zeit für sie nehmen - ein bisschen plaudern und vielleicht den einen oder anderen Kuss abstauben.
    »Lake-Junge, hab ich recht?«, fragt sie. »Dachtest, du schneist mal kurz hier rein und brichst ein paar Frauenherzen, was? Oder kämpfst du auch?« Sie nickt in Richtung des Skiz-Kampfes.
    Ich grinse. »Das überlasse ich dir.«
    »Wie kommst du darauf, dass ich kämpfe?«
    Ich deute mit dem Kinn auf die Narben an ihren Armen und die Blutergüsse auf ihren Fingerknöcheln. Sie schenkt mir ein abwägendes Lächeln.
    Nach einem Moment zucke ich mit den Schultern. »Mich würden keine zehn Pferde in so einen Ring bringen. Ich wollte nur mal für ’ne Weile aus der Sonne. Vielleicht willst du mir ja ein bisschen Gesellschaft leisten. Ich meine, es sei denn, du hast die Seuche oder so.«
    Ein abgedroschener Witz, aber sie lacht trotzdem. Dann lehnt sie sich über die Theke. »Ich wohne ganz am Rand des Sektors. Da war es bisher ziemlich sicher.«
    Ich beuge mich ihr entgegen. »Na, so ein Glück.« Dann werde ich wieder ernst. »Bei einer Familie, die ich kenne, haben sie vor Kurzem die Tür markiert.«
    »Tut mir leid.«
    »Ich möchte dich was fragen, nur so aus Neugier: Hast du in den letzten Tagen zufällig von einem Typen hier in der Gegend gehört, der behauptet, er hätte Seuchenmedikamente?«
    Sie hebt eine Augenbraue. »Ja, davon hab ich tatsächlich gehört. ’ne ganze Menge Leute sind hinter ihm her.«
    »Weißt du, was er den Leuten erzählt?«
    Sie zögert einen Moment. Ich sehe, dass sie ein paar winzige Sommersprossen auf der Nase hat. »Soweit ich gehört habe, sagt er den Leuten, dass er jemandem die Medizin geben will - einer bestimmten Person. Und dass diese Person weiß, dass sie gemeint ist.«
    Ich versuche, amüsiert zu wirken. »Na, die Person kann sich aber glücklich schätzen, was?«
    Sie grinst. »Aber hallo. Er hat gesagt, dass die Person um Mitternacht, heute um Mitternacht, zum Zehn-Sekunden-Platz kommen soll.«
    »Zehn-Sekunden-Platz?«
    Die Barkeeperin zuckt mit den Schultern. »Keinen Schimmer, was das bedeuten soll. Und alle anderen auch nicht, soweit ich weiß.« Sie

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