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Legend - Fallender Himmel

Titel: Legend - Fallender Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu
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höre das gleichmäßige Plätschern der Wellen. Das schäumende Geräusch von Metall, das das Wasser aufwühlt. Hin und wieder ein vorbeifahrendes Auto.
    Wieder sehe ich Tess an. »Was hast du denn gehört?«
    »Es klang wie ... ein Gurgeln«, flüstert sie.
    Bevor ich weiter darüber nachdenken kann, ertönen Schritte und kurz darauf nähert sich oben auf der Promenade eine Stimme. Wir ducken uns instinktiv weiter in den Schatten. Es ist die Stimme eines Mannes und seine Schritte wirken seltsam schwer. Eine Sekunde später wird mir klar, dass der Mann im Gleichschritt mit jemand anderem läuft. Zwei Straßenpolizisten.
    Ich presse mich noch dichter an die Böschung und ein paar Erdklumpen und Steine lösen sich. Lautlos rutschen sie in den Sand hinunter. Ich schiebe mich weiter rückwärts, bis mein Rücken gegen etwas Hartes, Glattes stößt. Tess tut es mir nach.
    »Irgendwas braut sich da zusammen«, sagt einer der Polizisten. »Jetzt ist die Seuche im Zein-Sektor ausgebrochen.«
    Ihre Schritte stampfen über uns hinweg und ich sehe ihre Umrisse über uns auf der Uferpromenade. Weit in der Ferne tauchen die ersten Lichtstrahlen den Horizont in ein trübes Grau.
    »Die hatten die Seuche doch noch nie.«
    »Muss ein aggressiverer Erreger sein als sonst.«
    »Was haben sie denn jetzt vor?«
    Ich versuche zu verstehen, was der andere Polizist erwidert, aber sie sind jetzt so weit weg, dass ihre Stimmen nur noch als dumpfes Gemurmel zu uns dringen. Ich hole tief Luft. Der Zein-Sektor ist gut dreißig Meilen von hier entfernt - aber was, wenn das seltsame rote Zeichen an der Tür meiner Familie bedeutet, dass sie mit diesem neuen Erreger infiziert sind? Und was wird Elektor Primo dagegen unternehmen?
    »Day«, flüstert Tess.
    Ich sehe sie an. Sie dreht sich um, bis ihr Rücken dem See zugekehrt ist. Dann deutet sie auf etwas in der tiefen Kerbe, die wir in die Böschung gegraben haben. Als ich mich ebenfalls umdrehe, sehe ich, worauf sie zeigt.
    Die harte Oberfläche, die ich im Rücken gespürt habe, ist aus Metall. Als ich Erde und Geröll zur Seite wische, sehe ich, dass das Metall tief in die Böschung getrieben ist und sie so vermutlich am Abrutschen hindert.
    Tess sieht mich an. »Es ist hohl.«
    »Hohl?« Ich lege mein Ohr an das eiskalte Metall. Eine Welle von Geräuschen schlägt mir entgegen - das Zischen und Gurgeln, das Tess gehört hat. Das hier ist nicht bloß eine Metallkonstruktion, mit der das Seeufer befestigt ist. Als ich das Metall genauer untersuche, entdecke ich ein paar eingravierte Symbole.
    Eins davon stellt die Republikflagge dar, kaum sichtbar ins Metall gestanzt. Das andere ist eine kleine rote Nummer: 318.

JUNE
    »Ich sollte derjenige sein, der da rausgeht. Nicht Sie.«
    Ich beiße die Zähne zusammen und versuche, Thomas’ Blick auszuweichen. Etwas Ähnliches hätte auch aus Metias’ Mund kommen können. »Aber ich ziehe weniger Aufmerksamkeit auf mich«, entgegne ich. »Und vielleicht vertrauen sich mir die Leute eher an.«
    Wir stehen vor einer Glasscheibe im Nordflügel der Batalla-Zentrale und sehen Commander Jameson bei der Arbeit zu. Heute haben sie einen Saboteur aus den Kolonien geschnappt, der Propaganda über die Lügen , die die Republik euch auftischt verbreitet hat. Saboteure werden normalerweise sofort weiter nach Denver verfrachtet, aber wenn sie in einer großen Stadt wie Los Angeles aufgegriffen werden, nehmen wir sie uns erst mal vor, bevor sie in die Hauptstadt weitergeschickt werden. Dieser hier hängt im Moment kopfüber im Verhörraum. Commander Jameson hält eine Schere in der Hand.
    Ich lege den Kopf schräg und mustere den Spion. Ich hasse ihn, so wie alles, was mit den Kolonien zu tun hat - er hat keinerlei Verbindungen zu den Patrioten, so viel konnten wir schon herausfinden, aber das macht ihn nur zu einem noch größeren Feigling. (Bis jetzt hat sich jeder Patriot, den wir in die Ecke gedrängt hatten, das Leben genommen, bevor wir ihn festnehmen konnten.) Dieser Spion ist jung, ungefähr Ende zwanzig. Etwa im selben Alter, in dem mein Bruder war. Langsam gewöhne ich mich daran, in der Vergangenheitsform über Metias zu sprechen.
    Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass Thomas mich noch immer anblickt. Commander Jameson hat ihn zwar offiziell auf den Posten meines Bruders befördert, doch Thomas hat trotzdem wenig Einfluss auf meine Testmission, und das macht ihn ganz verrückt. Am liebsten hätte er mir einfach verboten, undercover in den Lake-Sektor zu

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