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Legend - Fallender Himmel

Titel: Legend - Fallender Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu
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der Gegend benutzt werden, ist, um außergewöhnliche Seuchenfälle in die Labore zu transportieren, wegen der besseren Notfallausrüstung.
    Sogar Tess erkennt das Geräusch. »Wo wollen die hin?«
    »Ich weiß nicht«, murmele ich zurück. Ich setze mich auf und sehe mich um. Das Mädchen scheint schon eine ganze Weile wach zu sein. Sie sitzt ein paar Meter entfernt mit dem Rücken an die Wand gelehnt, die Augen auf irgendeinen Punkt weiter unten auf der Straße gerichtet, der Blick konzentriert. Sie wirkt angespannt.
    »Morgen«, sage ich zu ihr. Meine Augen wandern zu ihren Lippen. Habe ich sie gestern Abend wirklich geküsst?
    Sie sieht mich nicht an. Ihr Gesichtsausdruck bleibt unverändert. »Sie haben die Haustür deiner Familie markiert, stimmt’s?«
    Tess dreht sich überrascht zu ihr um. Ich starre das Mädchen schweigend an und weiß nicht, was ich antworten soll. Es ist das erste Mal, das jemand außer Tess mich auf meine Familie anspricht.
    »Du bist mir gestern Nacht gefolgt.« Ich versuche, mir einzureden, dass ich wütend sein sollte, aber ich fühle nichts als Verwirrung. Sie muss mir aus Neugier gefolgt sein. Ich bin erstaunt - oder eher schockiert -, wie lautlos sie sich bewegen kann.
    Aber irgendetwas ist heute Morgen anders. Gestern Abend war sie so berauscht von mir wie ich von ihr, aber heute wirkt sie abweisend, in sich gekehrt. Habe ich irgendetwas getan, weswegen sie sauer auf mich ist?
    Das Mädchen blickt mich unverblümt an. »Sparst du dafür das ganze Geld? Für Medikamente?«
    Sie stellt mich auf die Probe, aber ich weiß nicht, warum. »Ja«, erwidere ich. »Warum interessiert dich das?«
    »Weil es zu spät ist. Weil heute die Seuchenpolizei kommt, um deine Familie abzuholen. Sie nehmen sie mit.«

JUNE
    Mehr muss ich nicht sagen, um Day in Bewegung zu bringen. Und die Sirenen der Krankenwagen, die mit ziemlicher Sicherheit in Richtung Figueroa und Watson unterwegs sind, sind so pünktlich, wie Thomas es mir versprochen hat.
    »Was soll das heißen?«, will Day wissen. Der Schock ist noch nicht zu ihm durchgedrungen. »Was soll das heißen: Sie kommen, um meine Familie abzuholen? Woher weißt du das?«
    »Frag nicht. Dafür hast du jetzt keine Zeit.« Ich zögere. Days Blick wirkt so erschrocken - so verletzlich dass es mich plötzlich all meine Kraft kostet, ihn anzulügen. Ich versuche, die Wut wieder aufleben zu lassen, die ich letzte Nacht verspürt habe. »Ich habe gesehen, wie du gestern Nacht in die Quarantänezone eingedrungen bist, und ich habe ein paar Soldaten belauscht, die etwas über eine Razzia gesagt haben. Sie haben das Haus mit dem durchgestrichenen X erwähnt. Beeil dich. Ich will dir nur helfen ... und ich rate dir, sofort zu ihnen zu gehen.«
    Ich habe mir Days größte Schwäche zunutze gemacht. Er zögert nicht, stellt keine Sekunde infrage, was ich gesagt habe, wundert sich noch nicht mal darüber, dass ich ihm nicht gleich davon erzählt habe. Stattdessen springt er auf die Füße, orientiert sich kurz, woher die Sirenen kommen, und stürmt die Gasse hinunter. Überrascht stelle ich fest, dass in mir Schuldgefühle erwachen. Er vertraut mir - ohne zu zögern, blind, von ganzem Herzen. Ich bin mir nicht sicher, ob mich jemals irgendjemand so vollkommen beim Wort genommen hat. Vielleicht noch nicht mal Metias.
    Tess blickt ihm mit einem Ausdruck wachsender Beunruhigung nach. »Komm, wir müssen hinterher!«, ruft sie, springt auf und greift nach meiner Hand. »Vielleicht braucht er unsere Hilfe.«
    »Nein!«, fahre ich sie an. »Du bleibst hier. Ich gehe. Halte dich versteckt und sei leise. Einer von uns kommt dich dann holen.«
    Ich warte Tess’ Reaktion nicht ab, sondern renne direkt los, die Gasse hinunter. Als ich einen Blick über die Schulter werfe, sehe ich sie mit weit aufgerissenen Augen mitten auf der Straße stehen und mir hinterherstarren. Ich drehe mich wieder um. Es ist das Beste, sie da rauszuhalten. Aber was wird aus ihr, wenn wir Day heute festnehmen? Ich schnalze mit der Zunge und schalte mein Mikro ein.
    Eine Sekunde lang dringt nur ein schrilles Knirschen aus meinem Hörer. Dann höre ich Thomas’ Stimme. »Sagen Sie etwas«, fordert er mich auf. »Was ist los? Wo sind Sie?«
    »Day ist auf dem Weg zur Ecke Figueroa und Watson. Ich bin ihm auf den Fersen.«
    Thomas zieht zischend die Luft ein. »In Ordnung. Wir sind unterwegs. Bis gleich.«
    »Warten Sie auf mein Zeichen. Es darf niemand verletzt werden.«, raune ich noch, aber die

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