Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Legend - Fallender Himmel

Titel: Legend - Fallender Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu
Vom Netzwerk:
Verbindung ist schon unterbrochen.
    Ich sprinte die Straße entlang und meine Wunde pocht protestierend. Day kann noch nicht weit gekommen sein - er hat weniger als eine halbe Minute Vorsprung. Ich biege in die Richtung ab, die Day letzte Nacht eingeschlagen hat, nach Süden, zur Union Station.
    Wie vermutet, sehe ich nach einer Weile Days alte Mütze in der Menschenmenge vor mir aufblitzen.
    All meine Wut, Angst und Sorge fokussieren sich jetzt auf seinen Hinterkopf. Ich muss mich zwingen, genug Abstand zu halten, damit er nicht merkt, dass ich ihm folge. Ein Teil von mir erinnert sich daran, wie er mich bei dem Skiz-Kampf gerettet hat, wie er mir geholfen hat, die brennende Wunde an meiner Seite zu versorgen, wie sanft seine Hände gewesen sind. Ich will ihn anschreien. Ich will ihn dafür hassen, dass er mich dermaßen durcheinandergebracht hat. Du dummer Junge! Ein Wunder, dass du der Regierung so lange entkommen bist. Aber jetzt kannst du dich nicht mehr verstecken, nicht, wenn deine Familie oder Freunde in Gefahr sind. Ich habe kein Mitleid mit einem Verbrecher, weise ich mich scharf zurecht. Nur eine Rechnung zu begleichen.

DAY
    Normalerweise bin ich froh über die Menschenmassen in den Straßen von Lake. Man kann leicht hinein- und wieder hinausschlüpfen, um Leute, die einem auf den Fersen oder auf Ärger aus sind, abzuschütteln. Ich kann gar nicht zählen, wie oft ich die überlaufenen Straßen schon zu meinem Vorteil genutzt habe. Heute aber halten sie mich nur auf. Trotz der Abkürzung am Seeufer entlang bin ich den Sirenen nur ein kleines Stückchen voraus und habe keine Möglichkeit mehr, den Vorsprung zu vergrößern, bevor ich das Haus meiner Familie erreiche.
    Ich werde nicht genug Zeit haben, sie in Sicherheit zu bringen. Aber ich muss es versuchen. Ich muss vor den Soldaten bei ihnen sein.
    Hin und wieder bleibe ich stehen, um zu prüfen, ob die Wagen sich noch immer in dieselbe Richtung bewegen wie ich. Wie zu erwarten, fahren sie schnurstracks in die Richtung, in der unser Haus liegt. Ich renne schneller. Ich bleibe noch nicht mal stehen, als ich aus Versehen mit einem alten Mann zusammenstoße. Er stolpert und stürzt auf den Bürgersteig. »’tschuldigung!«, rufe ich ihm zu. Ich höre, wie er mir etwas hinterherschreit, aber ich darf keine Zeit verschwenden und drehe mich nicht noch einmal nach ihm um.
    Als ich an unserem Haus ankomme, das ruhig daliegt und noch immer mit Absperrband als Quarantänezone gekennzeichnet ist, bin ich schweißgebadet. Ich husche hinten herum durch die Gassen, bis ich unseren verfallenen Gartenzaun erreiche. Dann schlüpfe ich durch ein Loch zwischen den Latten, schiebe das lose Brett beiseite und krieche unter die Veranda. Die Seeschlüsselblumen, die ich unter dem Lüftungsschacht zurückgelassen habe, liegen unberührt da, aber sie sind jetzt welk und vertrocknet.
    Durch die Ritzen im Boden sehe ich meine Mutter an Edens Bett sitzen. Daneben wringt John gerade einen Waschlappen über einer Schüssel aus. Mein Blick fliegt zu Eden. Er sieht schlechter aus - als wäre seinem Gesicht jegliche Farbe entzogen worden. Sein Atem geht flach und rasselnd, so laut, dass ich ihn bis hier unten hören kann.
    Mein Verstand schreit nach einer Lösung. Ich könnte John, Eden und meine Mutter jetzt gleich zur Flucht drängen, auf die Gefahr hin, dass wir dem Seuchentrupp oder der Straßenpolizei in die Arme laufen. Vielleicht könnten wir uns in eins der Verstecke flüchten, wo Tess und ich normalerweise untertauchen. John und meine Mutter wären sicher kräftig genug, um zu fliehen. Aber wie sollte Eden mit uns mithalten? John könnte ihn höchstens tragen. Vielleicht ließe sich ein Weg finden, sie in einen Güterzug zu schmuggeln und ihnen so zur Flucht ins Innere des Landes zu verhelfen, irgendwohin ... ich weiß es nicht. Wenn die Seuchenpolizei ohnehin schon hinter Eden her ist, würde es die Sache auch nicht mehr schlimmer machen, wenn John und Mom ihre Jobs hinwerfen und abhauen würden. Sie stehen ja sowieso unter Quarantäne. Ich könnte ihnen helfen, nach Arizona zu gelangen oder nach Westtexas, und vielleicht würde die Polizei dann irgendwann aufhören, nach ihnen zu suchen. Außerdem, vielleicht ist das Ganze auch totaler Quatsch, vielleicht hat das Mädchen sich geirrt und die Soldaten sind überhaupt nicht zu meiner Familie unterwegs. Dann kann ich weiter Geld für Edens Seuchenmedikamente sammeln. Die ganze Panik wäre völlig umsonst.
    Doch in der Ferne

Weitere Kostenlose Bücher