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Legende der Angst

Legende der Angst

Titel: Legende der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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nicht aufgehalten hättest«, sagte Jim. »Wenn es irgend etwas gibt, wobei ich dir helfen kann, jetzt oder später mal, dann zögere bitte nicht es mir zu sagen. Ich meine, was ich sage – ich meine es wirklich ernst.«
    Angela spürte, daß sie rot wurde. »Vielleicht werde ich dich eines Tages beim Wort nehmen, wenn ich mich nachts mal einsam fühle. Nein, das war nur Spaß. Danke jedenfalls. Ich meine, es ist schon okay.« Sie wurde wieder ernst und seufzte. »Ich wünschte nur, ich hätte mehr tun können – und diese beiden Begräbnisse heute verhindert.«
    »Das alles ist völlig unfaßbar«, sagte Jim. Zwei schwarze Leichenwagen warteten vor der Kapelle. Bald würden die Särge hineingeschoben werden. Gott sei Dank waren sie den Gottesdienst und den Rest der Zeremonie über geschlossen gewesen. Es wurde gemunkelt, daß die Leichenbestatter nicht imstande gewesen waren, Kathys Kopf hinzubekommen.
    »Wie geht’s den Angehörigen?« fragte Angela.
    »Wirklich mies.« Jim zuckte die Schultern in einer Geste der Hilflosigkeit. »Das alles hat sie so unvermittelt getroffen. Sie wünschten, sie könnten die Zeit zurückdrehen, aber das ist nun mal unmöglich.«
    »Mary wird verurteilt werden. Ich sehe nicht die geringste Chance, daß sie freikommt.«
    »Das denke ich auch nicht«, erwiderte Jim resigniert. Er stopfte die Hände in die Taschen seines zu kleinen grauen Anzugs und starrte auf seine Schuhe.
    Angela legte eine Hand auf seinen Arm. Sie konnte fühlen, daß er zitterte.
    »Was ist passiert?« fragte sie. »Weißt du, was mit ihr los war?«
    Jim sah sie an. »Hast du Samstag nicht mit ihr gesprochen?«
    »Schon. Aber ich habe nichts aus ihr rausbekommen können.«
    »Hat sie überhaupt nichts gesagt?«
    »Sie hat nur eine Menge Unsinn geredet.«
    »Was denn zum Beispiel?«
    Angela zuckte mit den Schultern. »An das meiste kann ich mich nicht einmal erinnern.«
    Jim schüttelte den Kopf. »Vielleicht hat es etwas damit zu tun, daß ich ihr gesagt habe, ich wolle mit ihr Schluß machen und mich mit anderen Mädchen treffen. Sie war ziemlich am Ende deshalb – was mich eigentlich überrascht hat. Du weißt, wie stark Mary immer ist. Als sie dann aber sagte, daß ich sie nicht verlassen könne, weil wir doch zusammengehören, hatte ich keine Ahnung, was ich tun sollte. Anfangs bin ich ihr aus dem Weg gegangen, doch sie ist immer und immer wieder gekommen, um uns beim Training zuzusehen, und hat einfach keine Ruhe gegeben. Sie hat Todd angerufen, um ihn darüber auszufragen, ob ich mich mit anderen Mädchen treffe. Sie hat Kathy an der Schule aufgelauert und ihr gedroht, daß, wenn sie mich auch nur ansehen würde, sie sie umbringen würde.«
    Angela runzelte die Stirn. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß Mary so etwas getan haben soll.«
    »Du glaubst das alles nicht? Was meinst du, wie es mir ging? Sie war meine Freundin – ich habe geglaubt sie besser zu kennen als irgendjemand sonst.«
    »Warum wolltest du denn Schluß mit ihr machen?« wollte Angela wissen.
    Jim starrte wieder zu den Leichenwagen und zu der Treppe vor der Kapelle hinüber. Die ersten der Sargträger traten gerade durch die Tür nach draußen. Man hatte Jim wahrscheinlich auch gebeten, den Toten diesen letzten Dienst zu erweisen, und er mußte zu den anderen gehen. »Das ist ein übler Platz, um über die ganze Geschichte zu reden«, sagte er.
    »Wir können ja später darüber sprechen«, beeilte sich Angela vorzuschlagen.
    »Wäre dir das recht? Ich würde gern über eine Menge Dinge mit dir reden. Wie wäre es mit Freitag abend, nach dem Spiel?«
    »Du spielst am Freitag?« fragte sie überrascht.
    »Ja. Mein Bein ist wieder in Ordnung, wirklich. Sollen wir uns also am Freitag treffen?«
    Angela dachte einen Augenblick nach. Sie waren auf einem Begräbnis – eigentlich auf zwei Begräbnissen. Jim war Marys Freund gewesen und Mary ihre beste Freundin. Jim hatte recht; das hier war nicht der richtige Zeitpunkt um sich über alles zu unterhalten. Und er bat sie ja auch nicht, mit ihm auszugehen – nicht wirklich jedenfalls. Er wollte einfach nur reden. Es war eine ganz harmlose Sache.
    »Klar«, antwortete sie. »Das wäre nett.«
    Angela war gegen elf zu Hause. Ihr Großvater schlief noch. Er war immer bis spät in der Nacht auf, wenn er Ausschau nach einer neuen Frau hielt, wie es in der letzten Woche der Fall gewesen war. Eine Woche des Suchens war eine lange Zeit für ihn. Angela schloß die Tür zu seinem Schlafzimmer, bevor

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