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Legende der Angst

Legende der Angst

Titel: Legende der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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lang glaubte. Sie überlegte kurz, ob er ihre Unterhaltung mit Mary wohl belauscht hatte, entschied dann jedoch, daß so etwas sicher gegen das Gesetz war.
    Kevin wartete immer noch in dem Vorzimmer auf sie und begleitete sie dann zum Wagen.
    »Wie ist es gelaufen?« fragte er.
    »Das ist schwer zu sagen. Wir müssen ein Lagerhaus finden, wo sie Hühner halten.«
    »Klingt nach genau der Art von Samstagnachmittagsbeschäftigung, wie ich sie liebe«, sagte Kevin.
     
     
    Natürlich hatte Lieutenant Nguyen Angela kein Wort geglaubt. Wieder einmal hatte er ihre Unterhaltung mit Mary sowohl belauscht als auch auf Band aufgezeichnet. Officer Martin, einer der Männer, die Nguyen in der Nacht der Party geholfen hatten, Mary zu stellen, brachte die Kassette mit der Aufzeichnung in Nguyens Büro. Zweimal hörten die beiden Männer sich alles an, bevor sie zu reden begannen.
    »Es war ein Fehler von uns, das Lagerhaus nur in Balton zu suchen«, sagte Nguyen. »Das war vielleicht der Grund dafür, daß wir nicht fündig geworden sind.«
    »Es war mein Fehler«, warf Officer Martin ein. Er war ein kleiner stämmiger Mann, der nichts im Leben auf die leichte Schulter nahm. Nguyen mochte ihn sehr. »Was ist von diesem anderen Mädchen zu halten?« fragte Martin.
    »Angela Warner? Keine Ahnung. Offensichtlich schenkt sie Marys Geschichte keinen Glauben – wer würde das auch schon tun –, aber es scheint da ein paar Dinge zu geben, die sie irritieren.« Nguyen holte die Kassette aus dem Recorder und spielte gedankenverloren damit. Irgend etwas hatte Angelas Fühlen und Denken seit der vergangenen Woche verändert. Am letzten Samstag hätte Nguyen es nicht für möglich gehalten, daß Angela mit Marys Freund ausgehen würde – ein eindeutiger Akt der Untreue. Aber vielleicht übte Jim irgendeine besondere Macht auf Mädchen aus. Er war ein außerordentlich gutaussehender Kerl.
    Vielleicht war er auch mehr als das.
    Jim erinnerte Nguyen an einen jungen Soldaten, der in Vietnam unter seinem Kommando gestanden hatte. Der Name des Mannes war Tran Quan gewesen; er war der beste Killer, den Nguyen je gesehen hatte. Bei Streifzügen durch den Dschungel hatte Tran Quan jedesmal mehr Feinde erschossen als der Rest der Horde zusammen. Er hatte wie eine Schlange gejagt, erbarmungslos, nicht wie ein Mensch. Er hätte nicht davor zurückgeschreckt, ein Opfer von hinten zu erstechen oder zu erschießen. Nguyen hatte ihn gehaßt, ihn zur gleichen Zeit aber auch gebraucht.
    Letzteres war in jener Nacht bedeutungslos geworden, als er Tran Quan dabei überrascht hatte, wie er sich an einem Mädchen aus einem Dorf vergangen hatte, dem er zuvor eine Kugel in den Kopf gejagt hatte. Er hatte gegrinst, als er vom Lichtstrahl der Taschenlampe erfaßt worden war. Nguyen hatte ihn auf der Stelle erschossen und dies niemals bereut.
    Was hatten der nette, gut frisierte Jim Kline und Tran Quan gemeinsam, daß Nguyen sie miteinander verglich? Er wußte es nicht.
    Aber er fürchtete sich vor dem, was geschehen würde, wenn er es herausfand.
    »Ich möchte alle drei dieser jungen Leute überwachen«, sagte Nguyen schließlich. »Angela, Jim und vor allem Mary. Würden Sie mir helfen?«
    »Ja«, entgegnete Martin. »Ich würde gern Mary nehmen. Es klingt ja ganz so, als ob sie nicht lange auf Kaution draußen wäre, wenn man sie reden hört.«
    »Sie ist siebzehn, aber Sie wissen, wie gefährlich sie ist?«
    »Den Beweis dafür habe ich letzte Woche bekommen.«
    »Vergessen Sie nicht, was Sie gesehen haben.« Nguyen erhob sich. »Lassen Sie unsere Liste der Lagerhäuser durchgehen und uns diesmal auf die in Kally konzentrieren. Ich bin sicher, daß Angela in genau diesem Moment das gleiche tut. Wenn es ein Lagerhaus gibt, wie Mary es beschreibt, kann ich dort womöglich Angelas Spur aufnehmen.«

 
    6. Kapitel
     
     
     
    In den Gelben Seiten stießen Angela und Kevin auf das Lagerhaus eines Lebensmittelgroßhändlers. Der Adresse nach gehörte es zum Bezirk von Kally, nicht zu Balton. Kevin sagte, er wüßte, wo es stünde. Sie brauchten nur zwanzig Minuten, um es zu finden. Natürlich waren sie mehr daran interessiert, was sie auf der gegenüberliegenden Straßenseite entdecken würden.
    Und dort stand in der Tat ein verlassenes Lagerhaus.
    Es war genau so, wie Mary es beschrieben hatte. Nicht weit von Kisten entfernt, die nach Hühnern rochen. Angela stellte den Wagen neben diesen Kisten ab und stieg aus. Da Samstag war, lag das Industriegebiet der Stadt

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