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Legende der Angst

Legende der Angst

Titel: Legende der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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zu bedenken. »Vielleicht hatte sie keine Taschenlampe dabei, als sie hier war. Ich nehme an, daß du weißt was wir jetzt zu tun haben?«
    »Wovon redest du?« wollte sie wissen.
    »Ich denke, das ist ziemlich offensichtlich. Wir müssen der Polizei sagen, was wir gefunden haben. Es verleiht Marys Geschichte mehr Glaubwürdigkeit.«
    »Aber Mary hat der Polizei ihre Geschichte gar nicht erzählt.«
    »Vielleicht will sie das jetzt aber tun«, sagte Kevin. »In einer etwas abgewandelten Version.«
    »Nein.«
    »Was meinst du damit – nein?«
    »Ich will nicht jetzt schon damit zur Polizei gehen.«
    »Warum nicht?«
    Angela sah sich zu dem hellen Rechteck der Tür um. Sie hatte auf einmal Mühe zu atmen.
    Ob die vier geschrien haben, als sie gestorben sind, und ob ihre Mörder alles Leben aus ihnen gesogen haben?
    »Ich habe mich gestern abend mit Jim Kline getroffen«, sagte sie.
    Kevin sackte neben ihr auf den Boden. »Warum?«
    »Er hat mich gefragt, und ich habe ja gesagt.« Sie zuckte mit den Schultern. »Wir waren nach dem Spiel zusammen weg. Wir waren in einem Restaurant essen und dann am See spazieren.«
    Ihre Worte taten ihm weh. »Warum hast du mir das nicht erzählt?«
    »Ich wollte deine Gefühle nicht verletzen.«
    Kevin verzog schmerzlich das Gesicht. Im Licht der Taschenlampe, das harte Schatten warf, sah er besonders bemitleidenswert aus.
    »Es verletzt meine Gefühle mehr, wenn du mich deswegen anlügst.«
    »Es tut mir leid«, sagte sie. Sie wollte ihn berühren, ihn in die Arme nehmen, doch an diesem verfluchten Ort konnte sie es nicht. Sie mußten schnellstens nach draußen an die frische Luft. Sie hatte keine Ahnung, warum sie Kevin ausgerechnet jetzt von der Sache mit Jim erzählte.
    »Magst du ihn?« fragte Kevin.
    »Ich weiß nicht. Vielleicht.«
    Kevin schnaubte ungläubig. »Und was ist mit dem, was Mary sagt? Was ist mit diesem getrockneten Blut hier? Betreiben wir hier nur Persönlichkeitsforschung? Wenn dem so ist, würde ich sagen, daß der Kandidat ziemlich miese Noten bekommt.«
    »Kevin.«
    »Was stimmt eigentlich nicht mit mir?« wollte er wissen.
    Das tat weh – es war die schlimmste aller Fragen. Ich liebe dich. Warum liebst du mich nicht? Sie war mehr als sicher, daß sie lieber diejenige gewesen wäre, die die Frage stellte, statt sie beantworten zu müssen.
    »Mit dir stimmt alles, Kevin«, sagte sie so sanft sie konnte. »Ich bin diejenige, mit der etwas nicht stimmt.«
    »Ja, das ist wohl wahr. Offenbar bist du nichts als ein Körper, in dem sämtliche Hormone verrückt spielen.«
    Sie fing zu weinen an, wurde selbst von den Tränen überrascht, die plötzlich einfach flossen. »Ich meine es ernst«, brachte sie stockend hervor. »Ich habe das Gefühl, daß es mir nicht gutgeht.«
    Kevin wurde ganz still. Er legte einen Arm um sie. »Was ist denn nicht in Ordnung mit dir?«
    Ich habe Hunger. Ich brauche noch ein paar Big Macs. Es wäre mir sogar egal, wenn sie mir das Fleisch darin roh servieren würden. Vielleicht wäre mir das sogar lieber.
    Sie schniefte. »Letzte Nacht hatte ich einen Alptraum.«
    »Ging es darin um mich?«
    Sie mußte lachen, auch wenn die Tränen unvermittelt weiter flossen. »Nein. Ich war allein. Ich war weit von zu Hause weg, in einer schrecklichen Welt. Aber ich kann im Augenblick nicht weiter darüber reden. Und der Grund, weshalb ich mich mit Jim getroffen habe – darüber kann ich auch nicht sprechen. Ich will dir nur sagen, daß du mir nicht gleichgültig bist. Du bist mein Freund. Das ist alles, gib dich damit bitte im Augenblick zufrieden, ja?«
    Kevin schwieg eine Weile, ehe er antwortete. »Wirst du dich wieder mit ihm treffen?«
    »Nein«, log sie.
    »Wirst du mir das versprechen?«
    Sie betrachtete sein geliebtes, unschuldiges Gesicht. Diese braunen Augen, die selbst in dem dunklen Lagerhaus glänzten. Sie streckte die Hand aus und strich ihm das Haar aus der Stirn. Dann küßte sie ihn auf die Wange.
    Ja. Ich verspreche dir, daß du wundervoll bist. Soviel ist sicher.
    »Ja«, sagte sie.
    Er sah ihr immer noch in die Augen. Kevin war klug. Vielleicht glaubte er ihr. Vielleicht aber auch nicht. Aber er entspannte sich. »Warum können wir nicht zur Polizei gehen?« fragte er.
    »Ich möchte zuerst noch ein paar Nachforschungen anstellen.«
    »Auf welchem Gebiet?«
    »Indianer«, antwortete sie.
    »Wie bitte?«
    Sie rückte von ihm ab und stand auf, strich die Handflächen an ihrer Hose trocken, die Lampe unter das Kinn geklemmt. »Du hast

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