Legende von Eli Monpress 02 - Herr des Windes
auf den Kaminsims, aber Eli beachtete ihn schon gar nicht mehr. Er ging quer durch den Raum zu dem Löwen und kniete sich hin, um in sein offenes Maul zu starren. Josef stand hinter ihm und ließ seinen Blick über die leeren Regale gleiten, während Nico ans andere Ende des Raumes wanderte, den Blick an die hohe Decke gerichtet.
»Also«, sagte der Schwertmann leise, »glaubst du, sie sind wirklich nah dran, den Dieb zu fangen?«
»Auf keinen Fall.« Eli ließ seine Finger über die Mähne des Löwen gleiten. »Wenn sie eine Spur hätten, hätte er uns nie reingelassen. Sie wissen nur, dass das ganze Zeug über Nacht verschwunden ist. Die Wache bleibt wahrscheinlich in der Hoffnung hier, dass wir ihm einen Hinweis liefern. Schau mal.«
Seine Finger kamen an einer Stelle hinter der linken Pfote des Löwen zur Ruhe. Eli beugte sich fast bis zum Boden vor und spähte mit einem wissenden Lächeln auf die goldene Gestalt. »Hab ich’s mir doch gedacht. Das ist eine Fälschung. Echte Goldene Löwen von Ser haben winzige Segenswünsche des Vulkans von Ser in ihre linke Pfote eingraviert. Dieser hier zeigt nichts in der Art.«
»Es ist kein echtes Gold?«, fragte Josef und klopfte auf den Kopf des Löwen.
»Oh, doch, es ist echtes Gold.« Eli stand auf und schlug sich den Staub von den Knien. »Aber wer auch immer diesen Raum ausgeräumt hat, war kein durchschnittlicher Dieb. Schau dir die Regalbretter an. Kein einziges wurde heruntergeworfen. Selbst der Staub liegt noch. Dieser Raum wirkt vollkommen sicher, besser gesichert als alles andere, was wir auf dem Weg hierher passiert haben. Ich achte aufmerksam auf alles, seitdem wir die Festung betreten haben, und ich habe keine Ahnung, wie der Dieb eingedrungen und dann wieder entkommen ist, mit einer ganzen Wagenladung von unbezahlbaren Artefakten. Doch ich kann dir sagen, dass derjenige, der das getan hat, geduldig war, gebildet genug, um eine Fälschung zu erkennen, anspruchsvoll genug, um so etwas nicht haben zu wollen, und sehr, sehr gut. Das verkürzt die Liste schon erheblich.«
»Also weißt du, wer es war?«
Eli verdrehte die Augen. »Lass uns einfach sagen, dass ich nur einen Mann kenne, der so etwas durchziehen kann. Aber wenn wir ihn finden wollen, brauche ich eine Liste der Geschäftspartner des Herzogs.«
Josef musterte ihn vollkommen verwirrt. »Geschäftspartner?«
»Das ist unsere einzige Chance. Hier hat er uns auf jeden Fall keine Hinweise hinterlassen.« Eli streckte den Hals, um die Regale zu mustern. »Nun«, erklärte er dann fröhlich, »zumindest fehlt die Fenzetti-Klinge.«
»Und wieso ist das gut?«
»Wenn er sie geklaut hat, wissen wir, dass es keine Fälschung war.«
»Oder sie war gar nicht hier«, grummelte der Schwertkämpfer.
»Nein, nein.« Eli schüttelte den Kopf. »Wenn die Vermittlerin gesagt hat, dass sie hier ist, dann ist sie auch hier. Ihre Informationen sind immer zuverlässig; deswegen zahlt man ja auch so viel.«
Noch während er sprach, erschien Nico neben Josef. Der Schwertkämpfer hörte sofort auf, Eli zuzuhören, und richtete seine Aufmerksamkeit auf sie.
»Männer mit Schwertern stellen sich im Flur auf«, sagte sie leise. »Und jemand redet mit unserer Wache.«
Eli wirbelte herum. Und tatsächlich, in der Tür stand ihr Wachmann und war in ein Gespräch mit jemandem verwickelt, den Eli nicht sehen konnte. Noch während er hinsah, rannte die andere Person davon, und die Wache bezog mitten in der Tür Stellung.
»Das Spiel ist aus«, sagte Josef mit einem Blick zu Nico. »Ich kümmere mich um die vordere Reihe. Schau, ob du einen anderen Ausgang finden kannst.«
Nico nickte und huschte davon. Zurück blieb nur Eli, der in die leere Luft starrte.
»Was planst du?«, flüsterte er laut und trottete hinter Josef her, der auf die Tür zurannte.
Josef antwortete nicht, weil er die Tür erreicht hatte. Er starrte den Wachmann an, der sich zu ihnen umgedreht hatte und jetzt ein Schwert in seinen zitternden Händen hielt.
»Es tut mir leid, Herr Spiritist«, sagte er und spähte über Josefs Schulter zu Eli. »Befehle von oben. Die anderen Wachen sind schon unterwegs. Ich empfinde Eurer Organisation gegenüber nichts als Respekt, aber bitte, ergebt Euch kampflos.«
Eli starrte den Wachmann einen Moment lang an, als wäre ihm ein zweiter Kopf gewachsen, dann erinnerte er sich an seine Lügengeschichte und glitt zurück in seinen Charakter.
»Ergeben?«, schrie er tief empört. »Ich bin im Auftrag des
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