Legenden d. Albae (epub)
Robonor rannte los, auf die enge Gasse zu, aus der sie eben gekommen waren. In der ihn das ungute Gefühl befallen hatte. Seine Ahnung schien sich zu bestätigen. Die Wachen liefen rechts und links von ihm, die Schilde halb erhoben.
Am anderen Ende kämpften zwei Männer gegen einen dritten, schlugen auf ihn ein. Robonor erkannte an der Kleidung, dass es sich um Sklaven handelte.
Auseinandersetzungen zwischen ihnen kamen immer wieder vor, gerade nach einem der wenigen erlaubten Aufenthalte in den eigens gekennzeichneten Tavernen, in denen sie verkehren durften. Dann entluden sich Spannungen. Manche Sklaven waren auf andere neidisch, je nach Haus und Alb, für den sie arbeiteten. Andere hatten einfach nur Spaß an stumpfer Gewalt.
Barbaren.
»Wir bekommen was geboten.« Robonor verlangsamte die Schritte und entspannte sich. Solange kein Alb bei der Schlägerei zu Schaden käme, würde er die Sklaven ihre Prügelei austragen lassen. »Sollen sie sich schlagen. Danach werden wir sie festnehmen, auspeitschen und sie zu ihren Herren bringen, die sie wiederum auspeitschen.« Das war die gerechte Strafe für ein derart unstatthaftes Benehmen.
Robonor und seine Soldaten blieben vier Schritte vor den Streithähnen stehen und sahen zu.
Die Sklaven trugen keine Binden an den Oberarmen und keine eingestickten Zeichen auf Brust und Rücken, auf denen der Name ihres Besitzers stand, was Robonor verwerflich fand. Noch eine Auflage, gegen die sie verstoßen hatten. Es musste zu jeder Zeiterkennbar sein, wem sie gehörten.
Einer ging gerade zu Boden, der Streit schien beendet.
»So, ihr …«, rief Robonor gerade und wollte die Anweisung geben, die drei festzunehmen.
Über ihm knirschte es. Ein Steinchen traf seine Rüstung, und er sprang geistesgegenwärtig nach hinten.
Hätte kein Gardist hinter ihm gestanden, gegen dessen Schild er nun prallte, wäre er dem abstürzenden Fassadenteil entkommen.
Aber so wurde Robonor aufgehalten, und die geschliffene Kante schnitt ihm dazu noch tief ins Bein, sodass er einknickte.
Dann rauschten die behauenen Steine, die er vorhin noch so bewundert hatte, nur so auf ihn nieder.
XVI
Durch die Knochenfeldzüge schufen sich die Unauslöschlichen viele neue Feinde.
Die Barbaren, niederen Geschöpfe und andere Ausgeburten der fremden Götter verstanden nicht, dass für die Kunst geopfert werden muss und ihre Leben nichts galten. Nicht für uns Albae.
Dennoch, obwohl sie wussten, was unsere Krieger vermochten, taten sie sich zusammen und marschierten gegen uns.
Epokryphen der Schöpferin,
2. Buch, Kapitel 1, 1–5
Ishím Voróo (Jenseitiges Land), Albae-Reich Dsôn Faïmon, Strahlarm Wèlèron, 4371. Teil der Unendlichkeit (5199. Sonnenzyklus), Winter
»Wir haben die Halbtrolle, die Oger, die Barbarenstämme und vor allem Lotor auf unserer Seite.« Sinthoras stand vornübergebeugt, hakte die Aufstellung ab und sah über das Papier zu Caphalor auf. »Du hörst mir nicht zu, oder?«
»Doch«, erwiderte der Alb abgelenkt. Er blickte durch das kleine Fenster des Inselturmes auf den gerodeten Streifen, nach Westen, wo das Zelt der Obboona stand. Um zu zeigen, dass er die Worte vernommen hatte, zählte er die Völker auf, die sich ihrem Kommando unterwarfen. »Wer fehlt noch?«
»Die Riesen.« Sinthoras sah ihm an, dass er sich Gedanken um eine bestimmte Person machte. »Und die Srink.« Er wartete vergebens auf eine Erwiderung.
Es macht ihm schwer zu schaffen.
»Caphalor, wir brauchen die Srink nicht. Keiner von uns muss zu ihr ins Zelt gehen und mit ihr verhandeln.«
»Es sind zu viele, um sie zu missachten«, gab er langsam zurück. »Die Fleischdiebin hat recht: Sie befehligt eine nicht zu verachtende Streitmacht. Allein schon der Anblick eines Srink hat auf einen Gegner eine immense Wirkung. Die Unauslöschlichen würden nicht verstehen, weshalb wir Persönliches über die Belange des Sternenreichs stellen.«
Sinthoras stand nicht der Sinn nach Trübsal. Er hatte nur eines im Kopf: Timānris.
Sie war eine unbeschreibliche Albin, gänzlich anders als diejenigen, die er zuvor kennengelernt hatte. Timānris war unberechenbar, scherte sich nicht um Macht, Ruhm und Ansehen und schuf aus seinen mittelmäßigsten Gemälden mit wenigen Pinselstrichen das perfekte Bild.
Wie habe ich ohne sie vorher leben können
?
Und ihre Fertigkeiten als Liebhaberin raubten ihm den Verstand. Wie er im Rausch der Leidenschaft mitbekommen hatte, war sie mit seinen Künsten ebenso zufrieden.
»In die
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