Legenden d. Albae (epub)
unordentlichen Tisch, auf dem die Reste des Nachtmahls standen und den dunklen Raum mit ihrem Geruch schwängerten. Ein irdener Becher war umgekippt, Bier hatte sich zwischen den Tellern verteilt.
Der Prinz kratzte sich am Kopf, die schwarzen Haare standen zerzaust von seinem Kopf ab. Er hatte nicht einmal Zeit gehabt, die Hose richtig zu binden, und es war ihm auch gleich.
Ihm gegenüber standen vier gerüstete Käferköpfe, wie er die Jeembina nannte, die ihn empört aus ihren zehn kleinen, schwarzen Stielaugen anschauten und auf ihren Übersetzer einredeten. Das Reden klang in ihrem Fall nach hohen Quietsch- und Klicklauten. Am liebsten hätte er sie zu Brei geschlagen.
»Sag ihnen, dass meine Laune nicht gut ist.« Hasban sah in den Krug und nahm einen Schluck daraus; das Bier weckte seine Lebensgeister. »Sie haben mich mitten in der Nacht von meinen beiden Weibern weggeholt, um mich zu beschuldigen, einen Spion und Mörder ausgesandt zu haben.« Er rülpste unterdrückt und betrachtete die Eindringlinge. Die Käferköpfe waren sehr aufgebracht wegen des Vorfalls, das verriet das Zucken ihrer Stielaugen.
Hasban hatte wirklich keinen Schimmer, wovon die Jeembina sprachen. Ebenso wenig konnte er sich vorstellen, dass einer seiner Soldaten einen Alleingang versucht haben sollte. Weswegen? Die Verhandlungen mit den Torwächtern waren gut verlaufen, und er stand kurz davor, mit Uoilik, dem Fürsten der Jeembina, ein Abkommen zu schließen. Sein Heer trachtete nach der Übereinkunft. Sie beendete den jahrelangen Krieg um das Durchmarschrecht der Windsöhne auf dem Weg, den sie traditionell für ihre Jagd und den Handel nutzten. Es war eine wichtige Route, die ihnen das Rila-Salz sicherte, das sie zum Leben benötigten.
Er zeigte mit dem Krug auf die Jeembina. »Sag ihnen, dass ich die nächtliche Tat gleichermaßen für sinnlos wie unerklärlich halte.« Wie gern wäre er wieder auf seinem Lager, zwischen seinen Weibern, um da weiterzumachen, wo die Käferköpfe ihn unterbrochen hatten.
»Ich soll dir von Uoilik sagen, dass er dir gern glauben würde,da auch er keinen Sinn in der Tat erkennen kann. Dennoch ist es geschehen«, sprach der Übersetzer, der ebenfalls ein Jeembina war. Seine Stimme klang wie die eines Kindes. Die Augen bewegten sich auf ihren kurzen Stielen, wogten wie Wasserpflanzen in einer Strömung. »Und die Spuren deines Attentäters führen in das Lager.«
Hasban sah ein, dass er die Jeembina durch Worte nicht beschwichtigen konnte. »Ich komme mit und lasse mir die Spuren zeigen«, sagte er, leerte den Krug und erhob sich.
Seine blonde Gespielin trat halbnackt heran und legte ihm den Pelzmantel um, seine rothaarige gürtete das Waffengehänge und reichte ihm zusammen mit der Blonden das mächtige Schwert. Es war schwer, wie es sich für einen Windsohn gehörte, und es konnte die Panzer und Schalen der Käferköpfe mit einem einzigen Hieb knacken.
Der Prinz schlüpfte rülpsend in die Pelzstiefel und folgte den Fremden ins Freie.
Vor seiner Hütte, die seit vier langen Jahren seinen Palast darstellte, hatten sich dreißig Gerüstete versammelt. Einige hielten Fackeln und Lampen, andere ihre Waffen in den Händen. Seine Untertanen hatten den unangekündigten Besuch bemerkt und fürchteten Schlimmes.
»Beruhigt euch!«, rief er ihnen zu. »Weg mit den Klingen. Die Jeembina sind einem Irrtum aufgesessen, mehr nicht.« In Kürze fasste er den Grund für die Anwesenheit der Käferköpfe zusammen. »Sollte sich herausstellen, dass einer von euch etwas damit zu tun hat, werde ich ihn hinrichten lassen«, fügte er hinzu. »Ich selbst lebe seit elf Jahren vor der Schlucht und reifte dabei vom Knaben zum Mann, habe mir Frauen genommen und selbst Nachkommen gezeugt, die ihre Heimat nur von Erzählungen kennen.« Durchdringend sah er einen nach dem anderen an. »Muss ich an die vielen, blutig verlaufenen Kämpfe, Schlachten und Belagerungen erinnern? Ich habe die Verhandlungen mitden Jeembina aufgenommen und glücklicherweise jemanden gefunden, der so denkt wie ich.« Er ballte die Faust und schüttelte sie drohend. »Vier Jahre Verhandlungen – für nichts? Wegen dummer Geltungssucht oder Rachegelüsten im Bierrausch? Ich lasse mir davon nicht die Rückkehr in unsere Heimat verbauen, in der wir sehnlichst erwartet werden.« Mit diesen Worten stapfte er los, immer den Jeembina hinterher. Zwanzig Männer nahm er als Leibwache mit.
Während sie ihn durchs Lager zu den Spuren führten, erinnerte
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