Legenden d. Albae (epub)
er sich, wie er die Krone von seinem Vater übernommen hatte. Das war vor vier Jahren gewesen. Hasban entsann sich auch, wie die Windsöhne nach ihrer Jagd und mit einem riesigen Vorrat an Salz vor dem verschlossenen Tor gestanden hatten und von den Jeembina abgewiesen worden waren.
Ursprünglich hatte die Festung dem Volk der Gramal Dunai gehört, aber es musste zu einem Kampf gekommen sein, den das Menschenvolk verloren hatte. Die Jeembina wiederum hatten nicht eingesehen, den Windsöhnen die Rückkehr zu gestatten. Die Gründe dafür wusste Hasban noch immer nicht. Er bat mit jedem Sonnenaufgang zu den Elementen, dass ihr Volk auf der anderen Seite der Schlucht noch am Leben war. Bald würde er neues Rali-Salz bringen.
Hasban schwor demjenigen seiner Leute, der etwas mit der Tat zu tun gehabt hatte, einen schrecklichen Tod: Er würde Eiszapfen durch ihn wachsen lassen und ihn langsam umbringen. Oder erst sämtliche Nägel und Zähne rausreißen, um das Leiden zu vergrößern, die Finger mit einem schweren Hammer platt schlagen und … Der Anblick der Spur unterbrach seine Gedanken. Sie führte tatsächlich von der anderen Seite des Talkessels in das Lager und war dazu noch unübersehbar. Hellblaues Jeembina-Blut ließ keinen Zweifel aufkommen.
Hasban wurde schlecht vor Wut.
Dieser Idiot ist noch so dämlich gewesen und hat sich eine Trophäe mitgenommen
!
»Folgen wir der Spur«, sagte er und zog sein Schwert. »Richte Uoilik aus, dass ich den Mann oder die Frau oder wer immer es getan hat, eigenhändig richten werde.« Er stapfte durch den Schnee, immer den Abdrücken nach, durchs Lager bis zu einer Hütte. Auf der kleinen Holzveranda sah er blaue Blutstropfen.
Seine Männer murmelten.
Hasban kniff die Mundwinkel zusammen. Hier wohnte Fandati, eine ehemalige Geliebte des Prinzen und ausgezeichnete Kämpferin. Er hatte sich nicht im Guten von ihr getrennt. Sollte es ihre Art der Rache an ihm gewesen sein, seinen Erfolg zu vernichten?
Der Prinz stürmte die Veranda hinauf, öffnete lärmend die Tür. »Wo steckst du, Fandati?«, brüllte er durch den dunklen Raum. Die Jeembina kamen hinterher, drei Männer mit Lampen drängelten sich dazu.
Im Lichtschein sahen sie Fandati am Tisch zusammengesunken sitzen, den Kopf auf den Armen abgelegt. Zu ihren Füßen lag der Torso eines Jeembina-Soldaten, ihr Schwert steckte in seiner Brust, und das hellblaue Blut rann aus der Wunde und tränkte die Dielen.
»Fandati!«, schrie Hasban außer sich. »Was hast du getan!?« Er machte einen Schritt nach vorn und trat gegen die Kante, damit der Tisch sie nach hinten schob.
Die Frau wurde zurückgeschleudert, knallte mit dem Kopf gegen die Holzwand und verharrte. Die Augen waren geöffnet, glasig und blickten leblos gegen die Decke. Aus ihrer Brust sickerte der rote Lebenssaft.
Hasban stutzte und sah auf den Jeembina.
Sein Vermächtnis
? Oder hat sie sich selbst gerichtet
?
»Uoilik sagt, dass es auf der Hand liegt, was sich ereignet hat. Ihr, Prinz Hasban, sollt alle Verhandlungsergebnisse als null und nichtig ansehen«, meldete sich der Übersetzer unglücklich zuWort. »Denn eine Voraussetzung war, dass das Morden endet. Wie wir beide sehen, hat es das nicht.«
Hasban fand es fast am schlimmsten, dass er Fandati nicht einmal mehr zur Rechenschaft ziehen konnte. Doch dann meldete sein Verstand Bedenken an dem, was seine Augen sahen.
Er wandte sich zu den Jeembina, das Schwert kampfbereit. »Fragt Uoilik Folgendes: Wo ist die Waffe, mit der Fandati ums Leben kam? Wo ist der Kopf des Soldaten abgeblieben? Wieso gibt es eine Spur von der Festung ins Lager, aber keine hinaus?« Er betrachtete die Käferköpfe, als ihnen die Fragen gestellt wurden. Es war schwierig, eine Reaktion von ihren knöchernen Zügen abzulesen; allenfalls die Augen verrieten, was in ihnen vorging. Sie zuckten und wollten sich geradezu verknoten, wanden und schlängelten sich.
Die Jeembina berieten sich lange.
Hasban nutzte die Gelegenheit und gab seinen Männern Anweisungen. »Sendet Wachen aus, die das ganze Lager durchsuchen! Sie sollen jeden Käferkopf und jeden Mann und jede Frau und jedes Kind, die Jeembina-Blut an sich haben, zu meiner Hütte bringen.«
Die Männer nickten und verschwanden hinaus, dafür traten neue Wachen in Fandatis Behausung. Der Prinz sollte mit den Jeembina nicht allein bleiben.
»Wir wissen es nicht«, sagte der Übersetzer schließlich. »Jetzt, da Ihr es ansprecht, erscheint es uns ebenso merkwürdig. Auch dass
Weitere Kostenlose Bücher