Legenden der Traumzeit Roman
musste sie ergreifen.«
»Was war?« Peter trat ein und wäre beinahe von der Nadel aufgespießt worden, als er sich auf die Couch fallen ließ.
Jessie nahm die Näharbeit wieder an sich und erklärte ihm den Sachverhalt. Dann wandte sie sich wieder an Hilda. »Es sieht dir gar nicht ähnlich, so versonnen zu sein. Hast du Sorgen?« Sie fing den Blick auf, den Hilda mit Peter wechselte. »Kommt schon, ihr beiden, was ist los?«
»Eigentlich nichts«, sagte Hilda nervös.
Jessie hob eine Augenbraue. »Das heißt, du verheimlichst mir etwas.«
»Na ja …« Sie warf Peter einen weiteren Blick zu. »Ich habe heute nur etwas gehört, und ich habe versucht, die richtigen Worte zu finden, um es dir beizubringen.«
Jessie runzelte die Stirn. Im Tal passierte nicht viel, und es sah Hilda nicht ähnlich, Gerüchte für sich zu behalten. »Wenn es sich um Gerhardts Verlobung handelt, dann weiß ich es schon«, sagte sie. »Er hat mir heute Morgen eine Nachricht geschickt.«
»Es geht nicht um Gerhardt, und ich bin überrascht, dass er die Frechheit hatte anzunehmen, du wolltest etwas über diese lächerliche vereinbarte Heirat wissen.«
»Wir sind Freunde geblieben«, sagte Jessie leise, »und als seine Freundin wünsche ich ihm alles Gute.«
»Von Schmidt braucht die guten Wünsche nicht«, entgegnete sie, die Arme unter dem Busen verschränkt. »Das arme Mädchen …« Sie verstummte. »Jedenfalls geht es hierbei nicht um ihn, sondern nur um dich.« Sie schwieg, offensichtlich nicht imstande fortzufahren.
»Was Hilda sagen will, ist –« Peter wurde durch einen schweren Schlag gegen die Tür unterbrochen. »Ich habe die dunkle Ahnung, dass wir weitere Erklärungen unserem Besucher überlassen können.«
Jessie war noch verstörter. Peter sprach in Rätseln, und zusammen mit Hildas ausweichendem Blick war offensichtlich, dass sie ihr etwas verschwiegen. Sie schaute kurz zu Hilda, die sie noch immer nicht ansah, und bemühte sich zu verstehen, was im Flur geredet wurde. Bis auf das tiefe Poltern von Männerstimmen stellte sie ziemlich verärgert fest, dass sie kein Wort mitbekam.
Peter streckte den Kopf zur Tür herein. »Hilda, würdest du bitte in mein Büro kommen? Ich muss etwas mit dir besprechen.«
Verwirrt beobachte Jessie, wie die ältere Frau hinauseilte. »Was zum Teufel geht hier vor?«, murmelte sie und erhob sich von der Couch.
Die Tür flog auf, und als sie den Besucher erblickte, drohten ihr vor Schreck die Knie zu versagen.
»Guten Tag, Miss Searle.« Abel zückte den Hut und lächelte.
Sie starrte ihn an, unfähig, etwas zu sagen. Seine grauen Augen zogen sie in ihren Bann wie eh und je, die Lippen teilten sich zu einem Lächeln, das unter ihrem forschenden Blick an Zuversicht verlor. Er hatte die Haare geschnitten und trug einen teuren Anzug. Seine Füße steckten in feinem Leder, an der Krawatte funkelte eine Diamantnadel, und unter seinem Gehrock konnte sie eine schicke Weste sehen. »Was zum Teufel machen Sie hier?«, fragte sie erstaunt.
»Ich wollte Sie sehen.«
Das Herz schlug ihr bis zum Hals, widersprüchliche Gefühle wüteten in ihr. »Warum?«
Er trat von einem Fuß auf den anderen. »Ich wollte Sie sehen, bevor Sie über den Buschfunk von meiner Rückkehr erfahren würden. Nichts verbreitet Gerüchte schneller.« Seine Zuversicht verebbte, und jetzt glich er eher wieder dem Abel, den sie in Erinnerung hatte. »Freuen Sie sich nicht ein bisschen, mich wiederzusehen?«
Sie schaute in die sorgenvollen Augen, auf die vorgeschobene Unterlippe und verwehrte ihrem Herzen, über ihren Verstand zu herrschen. »Es ist ziemlich spät für einen Besuch, Mr. Cruickshank«, sagte sie in eisigstem Ton. »Eigentlich ist es fast drei Jahre zu spät.«
»Oh.« Er ließ die Schultern hängen.
»Ist das alles, was Sie zu Ihren Gunsten vorzubringen haben?« Sie gab sich die größte Mühe, ernst zu bleiben, doch beim Anblick seines offensichtlichen Unbehagens hätte sie sich ihm am liebsten in die Arme geworfen und ihm gesagt, wie froh sie war, ihn zu sehen. Fest entschlossen, diese verräterischen Gedanken gut unter Verschluss zu halten, beschränkte sie sich auf ihre Wut. »Ich habe wenigstens eine Nachricht oder eine kurze Notiz erwartet, in der Sie sich nach meinem Wohlbefinden erkundigten, als ich nach der Flut so krank war, aber Sie waren offensichtlich zu sehr mit Ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt, um an mich zu denken.« Sie sprach hastig weiter, als er versuchte, sie zu
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