Legenden der Traumzeit Roman
Schatz, aber ich habe das Gefühl, du bist bereits da.«
Sie nickte. »Ich liebe Eden Valley«, gab sie zu. »Und obwohl es manchmal hart sein kann, gehöre ich hierher. Grandma Nell ist hier, daher bin ich nie richtig allein.«
Seine blauen Augen strahlten, als er lachte. »Ach, sie war eine einmalige Frau, deine Großmutter, und es überrascht mich nicht, dass ihr Geist weiterlebt, denn eine solche Frau stirbt nie.« Er berührte ihre Wange. »Du warst etwas Besonderes für sie, genau wie für uns, und es ist gut, dass sie dich im Auge behält.«
Dass ihr Vater Nells Gegenwart hinnahm, überraschte sie nicht weiter, denn er war offen für solche Dinge. »Ich dachte, sie hätte dir Angst eingejagt«, spottete sie.
»Das hat sie auch, besonders, als ich um deine Mama warb. Aber es war nur ihre Art, Amy vor einem irischen Taugenichts zu schützen, und ich habe sie schnell überzeugt, dass ich durchaus zum Ehemann tauge. Wir beide haben uns gut verstanden, weißt du. Wir waren in Ketten in dieses Land gebracht worden, aberwir haben es überlebt, um etwas aus unserem Leben zu machen, was in unserer jeweiligen Heimat nicht möglich gewesen wäre.«
Sie gingen weiter und genossen die kühlen Schatten der Bäume. »Da wir gerade von Taugenichtsen sprechen«, fuhr er in ernsterem Tonfall fort, »was sollen wir wegen James unternehmen?«
»Wir können gar nichts machen.«
»Du könntest dich wegen böswilligen Verlassens von ihm scheiden lassen.«
»Pa!« Sie schaute ihn verwundert an.
Nialls Miene verfinsterte sich. »Der Mann ist ein Schurke, und je eher du ihn loswirst, desto besser.«
»Aber das ist gegen die Kirche und jeden Moralkodex, den du uns zu befolgen gelehrt hast.«
»Ich bin zwar Katholik und habe Angst um meine sterbliche Seele, wenn ich das sage, aber die Kirche hat nicht immer recht.« Er grinste und ging weiter. »Ich habe lange genug gelebt und weiß, dass das Leben zu kostbar ist, um es mit Bedauern zu vergeuden. Lass dich von ihm scheiden, Ruby, dann ist es aus und vorbei. Dann bist du frei und kannst den Mann heiraten, den du wirklich liebst.«
Sie wurde rot und wich seinem Blick aus. »Ich weiß nicht, wovon du sprichst.«
Er blieb stehen und stützte sich auf seinen Gehstock. »Du liebst den jungen Finn, seit du krabbeln kannst, und zu beobachten, wir ihr beide euch bemüht, einander zu übersehen, hat mich und deine Mum in den letzten fünf Monaten unglaublich amüsiert.«
»Ist es so offensichtlich?«
»Ein Blinder könnte das sehen – die Luft vibriert geradezu, wenn ihr zusammen seid.« Er lächelte. »Was glaubst du denn, warum Finn nie geheiratet hat?«, fragte er leise. »Warum war er wohl bereit, ein blühendes Unternehmen in Sydney zu verlassen, um hierherzukommen?«
Sie konnte ihm nicht antworten.
»Weil er dich liebt, du dummes Mädchen.«
»Warum hat er mir denn vorher nicht gesagt, was er fühlt?«
Er schaute sie an, als wäre sie begriffsstutzig. »Er ist zehn Jahre älter als du und war sich deiner Heldenverehrung durchaus bewusst.« Er tätschelte ihre heiße Wange. »Er wollte sich erst einen Namen machen und dir Zeit lassen, dir über deine Gefühle klar zu werden, bevor er mit dir redet. Aber er hat zu lange gewartet, und schon hatte James dich weggeschnappt.«
»Woher weißt du das alles?«
»Finn und ich haben uns gestern Abend lange unterhalten.«
Schweigend setzten sie ihren Spaziergang fort. Rubys Gedanken waren in Aufruhr. Scheidung war eine schändliche Sache, und sie hatte bisher noch nie darüber nachgedacht. Wagte sie es, die Exkommunikation zu riskieren – wagte sie, im Streben nach Glück sich über den Sittenkodex der Gesellschaft hinwegzusetzen? Doch mit Finn in Sünde zu leben war auch verpönt. Es schien keinen Ausweg zu geben. Dabei wünschte sie sich so, es gäbe einen! Wie sehr sehnte sie sich danach, einfach nur zu lieben und geliebt zu werden, ohne den Zorn der Kirche und der Gesellschaft auf sich zu ziehen, was wiederum das Leben ihrer Kinder beeinträchtigen könnte.
»Du brauchst Zeit, um nachzudenken«, sagte Niall, als sie an die Lichtung kamen. »Lass mich wissen, wie du dich entschieden hast, und ich werde tun, was ich kann, um dir zu helfen.«
»Du hast schon so viel getan, Dad«, sagte sie und drückte ihn an sich. »Das Haus ist wunderschön, und die Kinder und ich sind in den letzten Monaten so verwöhnt worden. Was sollen wir nur tun, wenn ihr erst einmal wieder nach Parramatta zurückgekehrt seid?«
»Du wirst weiterhin
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