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Legenden der Traumzeit Roman

Legenden der Traumzeit Roman

Titel: Legenden der Traumzeit Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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wenigen Monaten geschenkt hatte.
    Ruby beobachtete, wie das Mädchen und der Schotte, die sich ihrer Gegenwart nicht bewusst waren, die Lesestunde vergaßen und einander in die Augen schauten. Er legte seine Hand an ihre Wange und streichelte mit dem Daumen zärtlich über ihre Haut und die Halsbeuge. Er redete, und obwohl die Worte zu leise waren, um sie über dem Platschen des Regens zu hören, bestand wenig Zweifel daran, dass sie liebevoll waren.
    Ruby spürte, wie sich ihre Tränen mit dem Regen vermischten, als sie die Zärtlichkeit seines Kusses sah. Duncan schloss Kumali sanft in die Arme und zog sie auf das Farnbett. Ruby drehte sich um. Sie kam sich wie ein Eindringling vor und verließ die Lichtung still, um weiter östlich einen Unterschlupf zu suchen. Sie hockte sich unter einen Baum, ihr weiter Ölmantel hielt den schlimmsten Regen ab. Sie begann zu schluchzen; Enttäuschung und Verletzungen durchbrachen den Damm, den sie in den vergangenen Monaten so sorgfältig errichtet hatte. Wie sehr sehnte sie sich nach solcher Zärtlichkeit! Wie sie sich wünschte, James sähe sie noch genauso an, doch hier saß sie nun, kalt, nass und einsam, mit einem Schmerz im Rücken, der sich anscheinend verschoben hatte und immer stärker wurde.
    Die Erkenntnis unterbrach ihren Tränenstrom abrupt, und sie presste die Hände auf den geschwollenen Leib. Er war hart wie eine Trommel, und als der Schmerz sie noch fester packte, spürte sie, wie ihr Fruchtwasser abging. Da wusste sie, dass ihr Kind kam, wusste, was sie zu erwarten hatte, denn ihre Mutter hatte sie gewarnt.
    »Ich muss Hilfe holen«, flüsterte sie und rappelte sich mühsam auf. Sie nahm die Zügel in die Hand und lehnte sich an den Hals der Stute. »Komm, mein Mädchen«, schmeichelte sie und führte das Pferd zwischen den Bäumen hindurch.
    Kurz darauf überwältigte sie erneut eine Woge des Schmerzes. Sie schnappte nach Luft angesichts der Heftigkeit und lehnte sich zitternd an die Flanke der Stute. »Ruhig, mein Mädchen!«, keuchte sie. »Jetzt nur nicht erschrecken, sonst bin ich erledigt.«
    Als verstände sie Rubys missliche Lage, schnüffelte die Stute an ihrer Wange und wartete geduldig, bis der Schmerz nachließ. Mit der Schicklichkeit einer unverheirateten Tante, die zur Kirche geht, gehorchte sie Rubys Anordnungen, suchte sich langsam einen Weg durch das Gehölz und blieb nur stehen, wenn Ruby es brauchte, um mit einer weiteren Wehe fertig zu werden.
    Ruby konnte inzwischen das Lagerfeuer riechen. »Duncan«, rief sie gegen das Prasseln des Regens auf das Laubdach an, »Duncan, ich brauche deine Hilfe.«
    »Was ist los, Mädel?« Er tauchte aus dem Dunkel auf, Kumali dicht auf den Fersen. »Oje«, seufzte er, als er ihr zur Seite eilte. »Kein Grund zur Sorge. Wir kümmern uns um dich. Meinst du, du schaffst es bis zu meinem Lager? Dort habe ich einen Unterschlupf, und es ist besser, wenn du aus dem Regen kommst.«
    Ruby nickte und verkniff sich einen Aufschrei, als die nächste Woge der Pein sie durchfuhr. Doch sobald sie die Zügel der Stute losließ, schien sich die Welt zu drehen, und sie wäre gestürzt, wenn Duncan sie nicht mit beiden Armen aufgefangen hätte.
    »Hol das Pferd, Kumali!«, befahl er.
    Ruby spürte das weiche Farnkraut unter sich, als Duncan sie vorsichtig unter das Segeltuch bettete. Sorgenvoll kneteten seine sachkundigen Finger ihren geschwollenen Leib. »Es ist nicht recht, dass ich es mache, Mädel«, murmelte er. »Ich schicke Kumali, sie soll jemanden holen.«
    Sie packte seinen Arm. »So viel Zeit ist nicht mehr«, keuchte sie, »und du hast genug Erfahrung mit Geburten.«
    Er wurde rot. »Nicht solche«, murmelte er.
    »Das ist mir egal«, sagte sie, nach Luft schnappend. »Das Kind kommt, und ich brauche deine Hilfe. Mach weiter, Duncan!«
    »Na schön, wie du meinst.«
    Ruby funkelte ihn derart gehässig an, dass er tatsächlich hilfesuchend zu Kumali schaute. Kumali zuckte mit den Schultern und ließ ein Messer in einen Feldkessel mit kochendem Wasser fallen, wie Duncan es ihr beigebracht hatte, wenn sie Lämmer zur Welt brachten. »Geh weg, Duncan!«, sagte sie herrisch. »Ich ihr ziehen Kleider aus und holen Decke.«
    »Nein!«, schrie Ruby. »Du gehst nirgendwohin.«
    »Ich Sie abtrocknen. Dann Duncan Ihnen helfen.«
    Ruby beäugte die ziemlich strenge Kumali und gab ihren Widerstand auf. Anscheinend wussten die beiden, was sie taten, und Kumali, die Gute, versuchte nur, ihre Würde zu schützen. »Beeil dich,

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