Legion der Morgenroete
begann und sich fragte, ob er wohl kommen würde. Adaz Promps Neuigkeiten hatten ihrer Hoffnung frische Nahrung gegeben, denn wenn Hawkmoon noch lebte, würde d'Averc es höchstwahrscheinlich auch.
Aber war es ihr bestimmt, ihn jemals wiederzufinden? Oder würde er sein Ende in einem Gefecht finden, wenn er vergeblich gegen die ungeheure Macht Granbretaniens anrannte? Selbst wenn er nicht sofort starb, war ihm ein Leben als ewig gejagter Rebell gewiß, denn niemand konnte je hoffen, gegen das Dunkle Imperium zu siegen. Sie nahm an, daß Hawkmoon, d'Averc und die andern auf einem fernen Schlachtfeld fallen würden. Vielleicht gelang es ihnen vorher sogar noch, die Küste zu erreichen, aber es war unmöglich, daß sie bis in ihre Nähe kämen, denn die See trennte sie. Und die Silberbrücke, die einzige Verbindung, war uneinnehmbar für die kamarganischen Guerillas.
Flana überlegte, ob sie ihrem Leben nicht selbst ein Ende setzen sollte, aber vielleicht war es dazu noch zu früh? Wenn erst einmal alle Hoffnung verloren war, würde sie es tun, doch nicht zuvor. Und wenn sie Reichskönigin war, hätte sie doch einige Macht. Eine Chance bestand immerhin, daß Meliadus d'Averc verschonen würde, denn der Franzose war Meliadus im Grund genommen gleichgültig, obgleich er Verrat gegen Granbretanien begangen hatte.
Ein Triumphgeschrei riß sie aus ihren Gedanken, und sie blickte wieder auf die Szene unter ihr.
Meliadus und Adaz Promp ritten in den Palast. Der Sieg war zweifellos ganz nah.
9.KÖNIG HUONS ERMORDUNG
Baron Meliadus ritt sein Streitroß in vollem Galopp durch die hallenden Korridore in Huons Palast. So viele Male war er schon hier gewesen, doch immer in demütigender Ergebenheit. Nun hielt er seine Wolfsmaske stolz erhoben, und sein Schlachtruf gellte, während er sich einen blutigen Weg durch die Heuschreckengarde bahnte, die er während seiner letzten Audienz gefürchtet hatte.
Wild hieb er mit seinem gewaltigen Schwert um sich - die gleiche Klinge, mit der er Huons Macht in Europa verbreitet hatte. Er ließ seinen Rappen steigen, und der Hengst, der schon über Dutzende von eroberten Landen mit ihm getrabt war, schlug nun mit den schweren Hufen Heuschreckenkrieger nieder und stampfte auf Insektenmasken. Meliadus galoppierte zum Thronsaal, wo sich der Rest der Verteidiger sammelte. Er sah sie am hintersten Ende des Korridors eine Flammenkanone aufstellen. Mit einem Dutzend Wölfen stürmte er, ohne zu zögern, auf sie ein, ehe die überraschten Artilleristen noch ihre Waffe einzusetzen vermochten. Sechs Schädel flogen in gleich viel Sekunden von den Hälsen. Keiner der Kanoniere überlebte. Flammenlanzen zischten an dem schwarzen Wolfshelm vorbei, aber Meliadus beachtete sie überhaupt nicht. Die Augen seines Hengstes glühten vor Kampfeslust, und er stürmte auf die Feinde ein.
Meliadus drängte die Heuschreckengarde zurück. Sein Schwert zischte durch die Luft, ohne Unterlaß, und Huons Krieger starben, überzeugt, daß Meliadus über übernatürliche Kräfte verfügte.
Aber es war lediglich seine Begeisterung, sein Siegesbewußtsein, das den Baron von Kroiden vorwärts trieb, bis in den Thronsaal, wo unter den übriggebliebenen Wachen lähmende Verwirrung herrschte. Nein, nicht viele waren es, denn der Hauptteil der Garde war zur Verteidigung des Tores eingesetzt gewesen. Als sie Meliadus entgegenkamen, lachte er brüllend und stürmte durch ihre Reihen hindurch, ehe sie überhaupt etwas unternehmen konnten. Und nun galoppierte der Baron geradewegs auf die Thronkugel zu, vor der er sich bisher immer auf die Knie hatte werfen müssen.
Die schwarze Kugel nahm allmählich hellere Farben an, und die verschrumpelte Gestalt des Reichskönigs wurde sichtbar. Die fötusgleiche Form wand sich wie ein mißgestalter Fisch und zappelte in der engen Kugel, die ihm das Leben bedeutete. Huon war hilflos. Er war ungeschützt.
Nie hatte er erwartet, sich gegen einen solchen Verrat schützen zu müssen. In all den zweitausend Jahren seiner Regentschaft hatte er nie auch nur daran gedacht, daß ein granbretanischer Edler sich gegen seinen rechtmäßigen Herrscher wenden könnte.
„Meliadus." Furcht klang aus der wohlklingenden Stimme. „Meliadus - Ihr seid verrückt. Hört doch - wir sind es, Euer Reichskönig, der zu Euch spricht. Wir befehlen Euch, sofort den Palast zu verlassen und all Eure Truppen zurückzuziehen. Ihr müßt mir Treue geloben, Meliadus!"
Die schwarzen Augen, sonst so spöttisch und
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