Legionare
worden, doch Kovok-mah versicherte Dar, dass sie unter den Orks als sittlich tadellose Höflichkeit galt. Sie versuchte es, und Kovok-mah streichelte mit den Klauen zärtlich ihr Gesicht. »Dargu, ich …« Er verstummte, wusste wohl nicht so recht, wie er seine Gefühle in Worte fassen sollte. »Dargu, du erfüllst meinen ganzen Brustkorb.« Dann gab er ihr einen ungeschickten Kuss.
Als Dar und Kovok-mah zu den anderen zurückkehrten, flackerte ein Lagerfeuer, und die Orks waren noch wach. Dar war sich mit aller Klarheit bewusst, dass sie rochen, was sie empfand. Kovok-mah setzte sich hin, und sie schwang sich auf seinen Schoß. Dann packte sie, obgleich es sie verlegen machte, seine Hand und legte sie an ihre Brust. Die Orks nahmen es wie ein alltägliches Ereignis zur Kenntnis.
Zna-yat lächelte. »Also hat Kovok-mah nicht deine Ungnade erregt.«
»Thwa«, antwortete Dar. »Unzufrieden bin ich nur mit mir selbst. Ich habe euch schlecht geführt.«
»Ich glaube nicht«, sagte Zna-yat. Die übrigen Orks drückten durch Gebärden ihre Zustimmung aus.
»Vielleicht müssen wir sterben«, mutmaßte Dar.
»Vielleicht«, sagte Duth-tok. »Aber keine Washavoki werden uns erschlagen.«
»Du hast Richtiges getan«, meinte Varz-hak.
»Klugheit spricht aus dir«, sagte Zna-yat. »Du hast uns,
egal wie es endet, Muth’las Weg gewiesen.« Er neigte den Kopf und machte das Zeichen des Baumes.
Obwohl die Worte der Orks eher nach Schicksalsergebenheit klangen, spendeten sie Dar Trost. Der Umhang der Mütter war ein weit besserer Zufluchtsort als das Tal der Kiefern. Dennoch konnte sie sich nicht gegen den Gedanken wehren, dass sie letzten Endes alle in den Tod gingen.
14
AM FOLGENDEN TAG erwachte Dar mit frischem Mut. Sie führte die Orks, indem sie die Umgebung in dieser und jener Richtung erkundete und sich für den Pfad entschied, zu dem das Gespür ihr riet. Streng genommen hatten sie sich längst verirrt, doch waren sie sich eigentlich nie über ein genaues Reiseziel im Klaren gewesen. Zwar sammelten sie unterwegs Nahrung, doch mit kärglichem Ergebnis. Dar fragte sich, ob hungernde Orks das Land dermaßen abgegrast hatten, dass es so gut wie nichts Essbares mehr gab. Trotz aller Bemühungen mussten sie damit zufrieden sein, holzige Pilze zu essen, die zu kauen sich kaum lohnte.
Der folgende Tag verlief wie der vorherige, nur litten alle wesentlich schlimmeren Hunger. Mit leerem Magen zu marschieren, kostete so viel Kraft, dass Dar die Rast schon früh anordnete, um die fehlende Nahrung durch längere Ruhezeit auszugleichen. Am nächsten Morgen wurde der Marsch fortgesetzt. Nachmittags betraten sie das breiteste Tal, das sie bisher gesehen hatten. Dort gelangten sie zu einem schmalen Fluss. Dar wandte sich an Zna-yat, der am meisten über
Blath Urkmuthi wusste. »Hast du je von diesem Fluss gehört? «, fragte sie.
»Thwa«, lautete seine Antwort. »Niemand bereist mehr dieses Land. Alles Wissen ist vergessen.«
Dar beschloss, flussabwärts zu gehen. Nachdem sie und die Orks dem Verlauf des Gewässers eine Zeitlang gefolgt waren, sahen sie, dass sich Treibgut im Flussbett angesammelt hatte. Lama-tok blieb stehen und unterzog es einer aufmerksamen Betrachtung. »Dargu, ich sehe etwas Interessantes.«
Dar schlurfte zu ihm. »Was denn?«
Lama-tok deutete auf die Steine, an denen sich das Treibgut gestaut hatte. »Eine Brücke.«
Nun erkannte Dar, dass er recht hatte. Eine gerade, gleichmäßige Reihe von Steinen, die anscheinend vorsätzlich im Wasser ausgelegt worden waren, durchquerte den Fluss. Der flussaufwärts angesammelte Wust von Zweigen und Baumstämmen verbarg ihre Künstlichkeit. Manchmal gab ein größerer Fels einen Trittstein ab. Überwiegend waren die Bestandteile der Brücke jedoch aus mehreren Steinen sorgsam zusammengefügt worden. »Noch eine Ruine«, sagte Dar. Am heutigen Tag hatten sie schon einige dieser Art gesehen.
»Diese Brücke wurde kürzlich ausgebessert«, sagte Lama-tok und deutete auf einen Trittstein. In Dars Augen unterschied sich das mörtelfreie Material kaum von dem anderen, doch sie zweifelte nicht an dem, was der Steinmetz behauptete. Sie ließ den Blick über die Umgebung schweifen und glaubte Anzeichen für einen Weg zu erkennen. Entweder sind hier nur wenige unterwegs, oder sie wollen unbemerkt bleiben.
Die Orks scharten sich zusammen. Duth-tok pflichtete seinem Bruder bei. Auch er glaubte, dass die Brücke instand gesetzt worden war. »Es kann nicht länger als
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