Legionare
Mutter.
»Es ist traurig«, erwiderte Hren-pah zustimmend. »Fre hat unklug geliebt.« Sie musterte Dar mit einem eigentümlichen Blick.
Nach dem Bad kehrte Dar mit den anderen Müttern zum Abendessen in Haus zurück. Als sie erfuhr, dass Kovok-mah und ihre anderen Gefährten noch immer abwesend waren, fragte sie Hren-pah nach der Rückkehr der Wache. »Sie kommen nicht vor Bah Niti zurück«, erwiderte Hren-pah. »Es sei denn, sie fangen Washavoki.«
»Du warst die erste, die seit sechs Wintern gefangen wurde«, fügte eine andere Mutter hinzu. »Erwarte deinen Velazul nicht allzu früh.«
Dar errötete. »Velazul« bedeutete Liebhaber. Doch sie wusste nicht, welch tiefere Bedeutung die Orks dem Wort beimaßen.
Da es hier niemanden gab, den zu fragen sie sich traute, wusste sie auch nicht, ob die Mutter mitfühlend war oder etwas missbilligte.
Nachdem die Söhne gegessen hatten, bereitete sich der Haushalt auf die Nacht vor. Die Familien sammelten sich in ihren Schlafkammern. Dar zog sich in ihren leeren Raum zurück. Als das Feuer im Kamin erlosch und es im Hanmuthi dunkel wurde, konnte sie beobachten, dass Mütter und Gatten miteinander intim wurden. Die Gefühle, die dies in ihr erweckte, führten dazu, dass sie sich abwandte. Ohne Kovok-mah, der sie festhielt, musste Dar sich auf den Boden legen. Dessen Härte verschlimmerte ihre Rückenschmerzen, sodass das Einschlafen problematisch wurde. Kovok-mah fehlte ihr. Als sie über seine Abwesenheit nachdachte, erkannte sie, wie sehr sie sich um ihn sorgte. Dies machte das Gerede der Mütter am Badeteich besonders beunruhigend.
Wenn sie schon glauben, dass Fre unklug liebt, was werden sie dann erst über mich sagen?
17
NACHDEM DAR den nächsten Tag mit dem Anpflanzen von Pashi verbracht hatte, badete sie zusammen mit ihren Arbeitskolleginnen. Drei von ihnen waren blütig – Hren, Twu und Dree. Zwei waren Junglinge – Ji und War. Ji, die entwickelte Brüste hatte, war in Erwartung des Geschenks und konnte es kaum erwarten. »Muthuri glaubt, ich kann im Herbst tätowiert werden«, meinte sie. »Hoffentlich hat sie recht.«
»Du bist schnell gewachsen, Ji«, sagte Twu-pah. »Ich war fünfzehn Winter alt, bevor ich gezeichnet wurde.«
»Aber du warst im nächsten Sommer gesegnet«, sagte Jipah.
»Ich hatte Glück«, sagte Twu-pah. »Wie viele Söhne besuchen uns hier? Schau dir Fre an.«
»Dreißig Winter – und noch immer nicht gesegnet«, sagte Hren-pah.
»Wir sind zu weit von den anderen Familiensitzen entfernt«, sagte Twu-pah. »Viele Muthuris möchten nicht, dass ihre Söhne hierherziehen, deswegen halten sie ihren Segen zurück.«
»Der Sohn Zna-yat hat unsere Sippe ›verloren‹ genannt«, sagte Dree-pah.
»Dann spricht er dumm«, sagte Hren-pah. » Seine Sippe ist verloren, nicht die unsere. Wir sind noch unverfälscht.«
»Und was hat es uns eingebracht?«, fragte Dree-pah. Sie seufzte. »Alle Familiensitze liegen im Osten. Zna-yat wohnt so weit weg – wir könnten wirklich verloren sein.«
Twu-pah zog die Nase hoch und grinste. »Rieche ich etwa Atur?«
Dree-pah spritzte sie nass.
»Nimm mehr Depyata, Dree«, sagte Twu-pah. »Vielleicht kannst du es abwaschen.«
»Kein Wunder, dass Muth-pah diese Söhne auf Wachgang geschickt hat«, sagte Hren-pah. »Sie werden ohnehin bald weiterziehen – und wer braucht hier schon einen schweren Brustkorb?«
»Nicht nur ich rieche nach Atur«, sagte Dree-pah. »Dargu auch.«
»Und Kovok-mah«, sagte Twu-pah. »Warum liebt er dich, Dargu?«
Dar errötete. »Ich dachte, es wäre unhöflich, über solche Dinge zu sprechen.«
»Das gilt nur für Söhne«, sagte Hren-pah. »Wir sind doch alle Mütter.«
»Warum also liebt er dich?«, fragte Twu-pah.
»Ich weiß nicht«, sagte Dar.
»Weil ihm der Verstand fehlt«, sagte Hren-pah.
»Das glaube ich nicht«, sagte Dree-pah. »Dargu hat Zna-yat in den Nacken gebissen. Er sagt, Muth’la hat ihr Kräfte verliehen. Und Kraft zieht Söhne an.«
»Entbehrungen auch«, fügte Hren-pah hinzu.
Das Gespräch der Mütter vertiefte Dars Eindruck, dass das
hiesige Leben in eine Schräglage geraten war. Söhne, die sich eigentlich um alltägliche Dinge kümmern sollten, verbrachten ihre Zeit damit, nach einem nicht existierenden Gegner Ausschau zu halten. Selbst Fremdlinge wie Dar konnten erkennen, dass ihre Abwesenheit jedermann belastete. Der Familiensitz musste wachsen; der landwirtschaftliche Anbau lief zu langsam; die Mütter hatten Probleme, Gatten zu
Weitere Kostenlose Bücher