Legionen des Todes: Roman
wehtun.«
»Dafür ist es jetzt wohl ein bisschen zu spät. Ich habe eher das Gefühl, dass es genau das ist, was du willst.«
»Es macht es leichter für dich … später. Wenn du mich hasst.«
»Glaubst du wirklich, dass es so funktioniert? Glaubst du, Liebe lässt sich einfach abschalten? Wenn du mir wehtust, macht mich das traurig, es geht mir absolut beschissen, aber Liebe ist nicht an irgendwelche Bedingungen geknüpft. Gerade du solltest das wissen.«
»Ich habe dich schon geliebt, als wir uns noch gar nicht begegnet waren, als ich dich nur in meinen Träumen besuchen konnte. Du warst es – deine Verheißung -, die mich am Leben erhielt, als ich nur Elend kannte.«
»Und du glaubst, indem du mich wegschiebst und versuchst, mich dazu zu bringen, dich zu hassen, rettest du mich vor einem noch größeren Schmerz, der irgendwo in der Zukunft wartet? Willst du mir damit sagen, dass du sterben wirst? Ich sag dir was: Wir werden alle sterben. Vielleicht eher früher als später, aber so ist das Leben nun mal. Möchtest du nicht lieber die Zeit, die noch bleibt, glücklich verbringen?«
»Mein persönliches Glück hat nichts zu bedeuten, wenn es dir nur Schmerz bringt.«
»Bist du jetzt glücklich?«
Phoenix dachte nach. »Nein.«
»Deine Traurigkeit bringt mir all den Schmerz, von dem du mich verschonen willst. Weißt du das?«
Phoenix schwieg.
»Stoß mich nicht weg, wenn ich einfach bei dir sein will für die Zeit, die uns noch bleibt.«
Diesmal war sie es, die nach seiner Hand griff, und die Berührung von Haut auf Haut ließ eine Wärme durch ihn strömen. Er spürte ihren Atem auf seinem Gesicht, die Hitze ihres Körpers ganz nahe an seinem.
»Sag mir die Wahrheit«, flüsterte sie. »Nicht, was dein Kopf dir sagt, sondern was in deinem Herzen ist. Sag Nein, und ich werde es dir leichtmachen. Ich werde dir so viel Abstand lassen, wie du nur willst, und du wirst keine Angst mehr haben müssen, mir wehzutun. Alles, was ich will, ist die Wahrheit. Beantworte mir nur diese eine einfache Frage: Liebst du mich?«
»Mehr als mich selbst«, erwiderte er flüsternd.
Ihre Lippen berührten sich in der Dunkelheit, seine Tränen vermischten sich mit den ihren. Nach einem Moment der Magie trennten sich ihre Münder wieder, aber nur wenige Zentimeter, Stirn an Stirn standen sie da.
»Du wirst mich nicht los, ganz egal wie sehr du es versuchst«, flüsterte Missy.
»Das wollte ich auch nie.«
Er spürte, wie sie lächelte.
»Was ist mein Geschenk?«, fragte Missy.
»Dein Geschenk ist das größte, das ich überhaupt machen kann, das einzig Wertvolle, das ich besitze«, erwiderte er. »Ich habe dir mein Herz geschenkt.«
IV
»Jesus Christus!« Adam kniete sich so nahe vor einen der Pferdekadaver, wie er es ertragen konnte. Als die Flut sich langsam zurückzog, ließ sie knapp einen Meter vor der heranrollenden Brandung große Klumpen verfaulenden Fleisches zurück, dazwischen unzählige tote Fische und verendete Seevögel. Aus der Ferne sahen die Kadaver völlig unversehrt aus, aber aus der Nähe wurde deutlich, dass sie alles andere als das waren. Die Fische hatten keine Schuppen mehr, ganze Stücke von ihren Leibern fehlten. Das Federkleid der mutierten Enten war zwar noch intakt, doch die Augenhöhlen in ihren Schädeln waren leer. Zwischen ihren Schwanzfedern und den skelettierten Beinen gähnte ein großes Loch. Alles, was sich dazwischen befunden hatte, fehlte, als hätte jemand sie ausgenommen wie Truthähne für Thanksgiving. Doch am schlimmsten sahen die Amphibienpferde aus. Vielleicht lag es daran, dass sie so viel größer waren oder ihr Fleisch viel wohlschmeckender, aber in ihren Kadavern wimmelte es immer noch von den Kreaturen, denen sie zum Opfer gefallen waren. Wenn er nahe genug heranging, konnte Adam die kleinen schwarzen Löcher in der zähen Haut sehen, tief und kreisrund wie von einem Bohrer. Es floss kein Blut mehr aus den Wunden, dafür krochen blasse Geißeltierchen aus ihnen heraus, um sogleich in der nächsten wieder zu verschwinden wie eine biegsame Stricknadel, die von einer unsichtbaren Hand geführt wird.
Adam zuckte vor dem Gestank zurück. Das Abendessen von letzter Nacht wollte gerade wieder hochkommen, aber er hielt es zurück und zog sich sein T-Shirt über den Mund. Er beugte sich so nahe heran, wie er konnte, ohne den Kadaver zu berühren, und betrachtete die Augen des Pferdes, dessen gefurchte Schnauze sich in den Sand gegraben hatte. Ein großes, egelartiges
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